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Nuzi (genauer Nuzu, auch Ga-Sur) ist eine antike hurritische Stadt. Sie war eine Kleinstadt im Königreich Arrapcha, die heute den Siedlungshügel (Tell) Jorgan Tepe bildet, heute ein Teil Kirkuks. Sie liegt östlich des Tigris, südöstlich von Ninive.
Inhaltsverzeichnis
Fundgeschichte
Seit dem Beginn des 19. Jhd. wurden auf dem Kunstmarkt Tontafeln aus der Umgebung von Kirkuk gehandelt, die von den örtlichen Bauern ausgegraben worden waren. Auf der Suche nach dem Ursprung dieser Tafeln entdeckte im Jahr 1925 Edward Chiera Nuzi/Jorgan Tepe, damals 16 km südwestlich von Kirkuk, und begann mit Ausgrabungen, gemeinsam mit dem Iraq-Museum in Baghdad und der ASOR, Chicago, die dann durch Robert H. Pfeifer, Richard F. S. Starr, der Harvard University und dem University Museum of Philadelphia fortgeführt wurden.
Topographie
Nuzi enthielt einen königlichen Palast, der einem šakim bīti unterstand. Hier war unter anderem ein königlicher Harem untergebracht, die oberste Palastdame führte den Titel Königin. In der mit einer Mauer umgebenen Oberstadt befand sich der Palastkomplex, der auch ein Lagerhaus, einen Tempel der Šawuška und des Nergal und Magazine umfasste. Hier befanden sich aber auch Privathäuser. Eine Unterstadt (adaššu) ist archäologisch nachgewiesen. Vorsteher der Stadt war ein ḫazannu.
Archive
Der Palast von Nuzi enthielt umfangreiche Archive mit insgesamt ca. 20.000 Tontafeln. Sie sind in akkadisch geschrieben, aber enthalten hurritische Lehnwörter mit deutlichen Hinweisen auf die hurritische Muttersprache der Schreiber, die wohl auch von der Bevölkerung hauptsächlich verwendet wurde.
Private und staatliche Archive enthielten rechtliche, geschäftliche und verwaltungstechnische Urkunden. Die Keilschrift-Tafeln geben zahllose Einzelheiten zum Leben in mittelbabylonischer Zeit, u. a. zu Rechtsangelegenheiten wie Adoption, Eheschließung, Erbrecht und Testament und zum Finanzsystem (z. B. kannte man schon das System der Ratenzahlungen).
Hier fand man auch die älteste Kartendarstellung auf einer Tontafel, die in die Akkad-Zeit (ca. 2340–2200 v. Chr.) datiert werden kann.[1] Auf der 7,5 cm × 6,5 cm großen Tontafel sind Berge, der Fluss Rahium mit seinen Zuflüssen und Städte eingezeichnet. Hauptthema der Karte dürfte wohl der in der Mitte bezeichnete Landbesitz von/des Azala sein. Am oberen (Osten) und unteren Rand (Westen) ist die Tafel mit Himmelsrichtungen versehen. Durch die vorhandenen Städte (z.B. Dur-ebla) ist es gesichert, dass die Karte die nähere Umgebung von Nuzi wiedergibt.
Frühere Annahmen einer direkten Verbindung zu biblischen Texten, z.B. Testamenturkunden als Vergleich mit den Teraphim Gen 31, konnten nach eingehenden Untersuchungen[2] nicht bestätigt werden; wohl aber bieten die Nuzi-Texte eine Dokumentation von Rechtspraktiken in Mesopotamien, die biblische Rechtstexte und biblische Praktiken verständlich machen.
Spezielle Rechtsformen, die nur in Nuzi vorkamen, stellen die unechten Kauf- und Immobilien-Adoptionen dar. Hintergrund dieser Verträge war der Versuch, eine Klientenbeziehung zwischen dem begüterten Adoptierten und dem finanziell in Not geratenen Adoptanten zu etablieren. Der Adoptant bewirtschaftete das ihm übergebene Feld und leistete im Gegenzug eine anteilige Abgabe vom Ernteertrag. In Nuzi wurden teilweise Töchter als Söhne adoptiert, um den Ahnenkult und den Kult der Familiengötter (ilāni, kišpu) sicherzustellen.
Geschichte
Die ältesten Funde stammen aus der Halaf-Zeit. In mittelbabylonischer Zeit gehörte Nuzi zum Königreich Arrapcha und wurde ca. 1350 v. Chr. sowohl von den Assyrern und Babyloniern erstmals zerstört (Stratum II). Um 900 v. Chr. wurde Nuzi unter Adad-nirari II. dem assyrischen Reich angegliedert. 615 v. Chr. wurde es von den Medern erneut zerstört.
Einzelnachweise
- ↑ W. Röllig: Landkarten. In: Dietz-Otto Edzard u.a. (Hrsg.): Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie; Bd. 6: Klagegesang - Libanon. de Gruyter, Berlin 1980–1983, ISBN 3-11-010051-7, S. 464 mit weiterführender Literatur.
- ↑ B. L. Eichler: Nuzi and the Bible: A Retrospective. In: H. Behrends (Hrsg), DUMU-E-DUB-BA-A: Studies in Honor of Ake W. Sjoberg. University Museum, Philadelphia 1989, S. 107–119; B. L. Eichler: Another Look at the Nuzi Sistership Contracts. In: Maria de Jong Ellis (Hrsg.): Essays on the Ancient Near East in Memory of J.J. Finkelstein. Archon Books, Hamden 1977, S. 45-59.
Literatur
- TUAT Band 1 - Neue Folge - , Gütersloher Verlagshaus 2004, ISBN 3-579-05289-6
- Erich Ebeling und Bruno Meissner (Hrsg.): Reallexikon der Assyriologie. W. de Gruyter, Berlin 1928–
- W. T. Pitards: Care of the dead at Emar. In: Mark W. Chavalas (Hrsg.): Emar, the history, religion and culture of a Syrian town in the late Bronze Age. Bethesda 1996
- K. van der Torn: Gods and ancestors in Emar and Nuzi. Zeitschrift für Assyriologie und Vorderasiatische Archäologie 84, 1994, S. 38–59.
Weblinks
- Die Tontafeln von Nuzi. theologische-links.de
- Nuzi Studies. (englisch)
- Research Briefs. Boston University (englisch)
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