Nähen

Nähen
Junge Frau, beim Schein einer Lampe nähend (Gemälde von Georg Friedrich Kersting, 1825)
Nähfaden unter dem Mikroskop

Als Nähen bezeichnet man das Verbinden von Stoffen durch eine Naht. Es ist eine der ältesten handwerklichen Tätigkeiten, die frühzeitig entwickelt wurde und im Laufe der Menschheitsgeschichte eine wichtige Rolle spielte. Bis heute wurde eine Vielzahl verschiedenster Nähverfahren entwickelt.

Heute wird in der DIN 61400 Nähen definiert als jener Vorgang, bei dem ein oder mehrere Fäden durch das Nähgut geführt werden, wobei die Fäden miteinander oder mit Nähgut verschlungen werden. Ähnliche Techniken, wie etwa das Einnadeln beim Tufting oder die Kettenwirktechnik (Nähen mit Maschenbildung) bezeichnet man nicht als Nähen.

Durch Nähen lassen sich zweidimensionale Werkstoffe verbinden, vor allem Gewebe, Leder, Papiere und Pappen, aber auch Folien und Bleche, wahlweise in Kombination mit einander und zu vielen verschiedenen Verwendungszwecken. Das mit Abstand wichtigste Anwendungsfeld für Nähverfahren ist jedoch die Textilindustrie. Nahezu alle Textilien sind genäht.


Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

In der Textil- und Lederwarenindustrie ist Nähen mit Nähmaschinen heute die Standardmethode zum Verbinden der Einzelteile zu einem fertigen Produkt. Auch wenn Teile zuvor zusammengeklebt wurden, erhalten sie eine dauerhafte Verbindung meist erst durch eine zusätzliche Naht. Diese kann durch die Auswahl der Nähgarne und durch die entsprechende Stichbildung exakt auf die gewünschten Eigenschaften abgestimmt werden.

Nahtverbindungen gelten allgemein als sehr stabil und belastbar. So können sie beispielsweise an Übergängen zwischen elastischem und unelastischem Gewebe eingesetzt werden. Sie können auch verschiedene Materialtypen (Leder mit Stoff oder Leder mit Blech) verbinden. Die Anwendungsbereiche sind weit gestreut. Beim Malimoverfahren, einem besonderen Textilverfahren, dient das Nähen nicht der Verbindung mehrerer Textile, sondern zur Herstellung eines Textiles selbst.

Nahtverbindungen lassen sich später vergleichsweise einfach wieder lösen oder korrigieren.

Anzahl der Fäden

Im handwerklichen Sinne geschieht das Nähen mit einer Nähnadel mit nur einem Faden. Aber auch die gleichzeitige Verwendung mehrerer Nadeln auf einer Naht ist möglich. Auf einer Nähmaschine entsteht eine Naht normalerweise aus zwei Fäden als Ober- und Unterfaden (Nähgarn).

Eine Sonderform des Nähens auf einer Nähmaschine ist der Kettenstich, wobei nur ein Faden mit dem zu verarbeitenden Material verhäkelt wird. Mit diesem Verfahren hergestellte Nähte lassen sich später problemlos wieder trennen.

Doppelnähte, wie an Jeans, Overlock-Nähte, häufig bei Wirkware/Jersey, und die maschinelle Kettelung von Teppich(boden)-Rändern werden auch mit mehr als zwei Fäden hergestellt und decken einen Textilrand gegen Ausfasern ab. Als Kappnaht bezeichnet man Nähte, die bereits genähte Verbindungen erneut (umgefaltet) mit mehreren Fäden aufnähen, um die Haltbarkeit zu erhöhen.

Durch die Verwendung mehrerer Fäden kann die Nahtverbindung so stabil gestaltet werden, dass die Gesamtbelastbarkeit der Naht die des Stoffes übertrifft, so dass die Nahtstelle stabiler ist als der Stoff selbst. Dies kann jedoch auch durch die Verwendung stabilerer Fäden oder Drahtfäden erreicht werden. Die Stabilität der Verbindung hängt von vielen Faktoren ab.

Nahtformen

Dreifach Zick-Zack-Naht, überlappt durchgenäht

Aufgrund der zweidimensionalen Beschaffenheit des Stoffs lassen sich generell nur zwei Sorten von Nahtverbindungen unterscheiden: Überlappte Nahten und „Stoß-an-Stoß“-Nahten. Handwerker sprechen bei überlapptem Nähen von Durchnähen, wo hingegen das Stoß-an-Stoß-Nähen als Annähen bezeichnet wird. Das Durchnähen kann einfach oder mehrfach geschehen.

Überlappt

Überlappt durchgenähte Nahtverbindungen entstehen, wenn der Stoff überlappend gelegt und dann mit dem Faden „durchgenäht“ wird. Sie sind grundsätzlich haltbarer als Stoß-an-Stoß-Konstruktionen und auch meist einfacher herstellbar. Ihre Haltbarkeit kann durch die Überlappungsbreite und Anzahl der Überlappungen sowie die Anzahl der Nahtlinien und Stiche erhöht werden, wobei Fadenspannung und Garnstärke wesentliche Einflussgrößen sind. Allerdings sind sie an den Verbindungsstellen dicker als die zu verbindenden Teile, was sich störend bemerkbar machen kann. Die klassische doppelt überlappte, besonders haltbare Naht ist z. B. bei Hosen die seitliche Kappnaht, die doppelt ineinander eingeschlagen konstruiert wird. Durch das jeweilige Einschlagen der Stoffenden sind die Kanten geschützt und das Umlegen eines Stoffes verhindert die Möglichkeit, Fäden aus dem Stoffverbund herausziehen zu können.

Stoß-an-Stoß

Stoß-an-Stoß-Nahtkonstruktionen (Flachnaht) zeichnen sich durch ihre geringe Nahtdicke aus und gelten daher als besonders hochwertig. Hier kommen meist Mehrnadelmaschinen mit Oberlegefaden und kleinen Stichlängen zum Einsatz. Die Führung des Nähgutes muss präzise sein, da der Abstand der Nahtlinien zum Stoffende von entscheidender Bedeutung ist. Dünnes, einflächiges Gestrick weist keine stabile Kante zum Führen entlang eines Mittelkantenführers auf. So werden hier oft beide Stoffenden während des Nähvorganges von einer gut einjustierten Kantenbeschneideinrichtung beschnitten, um die nun definiert unter dem Nähfuß liegenden Schnittkanten präzise nähen zu können.

Eine Sonderform der Flachnaht ist die Scharniernaht. Sie wird überlappt genäht, hierbei jedoch die Fadenmenge so genau eingebracht, dass sie „aufgeklappt“ keine Überlappung mehr aufweist.

Spezielle Nahtformen

Nähkästchen

Nähkästchen

Nähutensilien wie Knöpfe, Schere, Nadeln, Einfädler und verschiedenfarbige Garne und Zwirne usw. werden häufig in einem Nähkästchen aufbewahrt, damit sie leichter wiederzufinden sind. Die Redewendung „Aus dem Nähkästchen plaudern“ bedeutet etwas verraten oder jemandem etwas zugänglich machen, das ihm ansonsten verborgen bliebe, also „Einblick in das Nähkästchen bieten“.

Nähtisch

Der Nähtisch ist ein Tisch oder Beistellmöbel, das dem Nähen dient und meist eine Schublade oder ein Fach zur Aufbewahrung von Nähutensilien enthält. Teils öffnet sich das Fach durch Aufklappen oder Verschieben der Abdeckung des Nähtisches.

Der Nähtisch war bereits im Biedermeier bekannt.

Nach der Verbreitung der Nähmaschine hergestellte Nähtische sind der Größe und der Höhe nach in der Regel so ausgelegt, dass eine Nähmaschine darauf Platz findet. Bei Nähtischen, die durch Nähmaschinenhersteller gefertigt sind, lässt sich die Nähmaschine teils im Möbelstück versenken.

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