- Gesang
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Gesang (auch: Singen) ist der musikalische Gebrauch der menschlichen Stimme. Er unterscheidet sich vom Sprechen durch den Einsatz von präzise definierten Tonhöhen im Rahmen einer Skala oder Reihe und durch eine mehr oder weniger genau definierte rhythmische Struktur. Für die Musik hat der Gesang eine hervorragende Bedeutung, weil es durch ihn möglich ist, Worte in eine musikalische Linie einzubinden.
Gesang wird durch Sänger bzw. Sängerinnen ausgeführt, welche zur Klangerzeugung die an der Phonation beteiligten Organe (Zwerchfell, Lunge, Stimmlippen, Vokaltrakt) einsetzen. Eine große Rolle bei Berufssängern spielen ausreichende Stimmbildung und gekonnte Verwendung der Gesangsregister.
Gesang ist wahrscheinlich die älteste und ursprünglichste musikalische Äußerungsform der Menschen. Ihr Instrument ist der menschliche Körper selbst. Dadurch können Seelisches und Emotionales unmittelbar zum Ausdruck kommen. Gesang hat deshalb für den religiösen Kult eine besondere Bedeutung. Man unterscheidet zwei Grundformen: den virtuosen Kunstgesang (Belcanto) und das liedhafte, volkstümliche Singen.[1]
Inhaltsverzeichnis
Erzeugung der Singstimme
Wie beim Sprechen wird Gesang durch das Zusammenwirken der beiden Stimmbänder im Kehlkopf und den Ansatzräumen erzeugt. Zahlreiche Muskeln bewirken eine wechselnde Spannung der Stimmlippen.
Für die Höhe der Stimme (Stimmlage) sind in erster Linie die Länge der Stimmbänder und deren Schwingungsverhalten verantwortlich. So haben Kinder zunächst eine sehr hohe Stimme, die mit dem Wachstum der Stimmbänder sinkt. Bei Jungen ist dieses Wachstum deutlich ausgeprägter als bei Mädchen und ein Stimmbruch markiert die stärkste Wachstumsphase.
Noch bis ins 18. Jahrhundert, vereinzelt sogar bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, gab es Kastraten, die durch eine Operation oder Verstümmelung ihre kindlich hohe Stimme behielten, dies jedoch mit dem Verlust ihrer Zeugungsfähigkeit bezahlen mussten. Heute singen Männer mit speziell ausgebildetem Falsett in vergleichbarer Stimmlage als Countertenor, Altus oder Sopran. Die originalgetreue Alternative, Knabenstimmen einzusetzen, wird ebenfalls praktiziert.
Das Singen mit geschlossenen Lippen bezeichnet man als „Summen“. Die Luft wird dabei vollständig durch die Nase abgeleitet, wodurch nur eine sehr kleine Luftmenge in Schwingung versetzt wird.
Die Funktionsweise der menschlichen Singstimme lässt sich stark vereinfacht mit den Polsterpfeifen vergleichen (vgl. Blasinstrumente und Schall); die „Polster“ sind die zwei Stimmlippen, welche zwischen dem Schildknorpel und jeweils zwei beweglichen Stellknorpeln (die zusammen mit dem Ringknorpel und dem Kehldeckel das Kehlkopfskelett bilden) einander gegenüberstehen und leicht nach oben gegeneinander geneigt ausgespannt sind.
Stimmbildung und Gesangsunterricht
Die Gesangspädagogik beschäftigt sich mit dem Aufbau einer für den musikalischen Gebrauch geeigneten Stimme. Die professionelle Ausbildung zum Berufssänger im Bereich klassische Musik, Jazz oder Pop findet in Deutschland an Musikhochschulen oder in privaten Studios statt. Die akademische Ausbildung dauert mindestens 10 Semester. Teilbereiche des Gesangsunterrichtes sind:
- Körperarbeit mit verschiedenen Methoden wie Gymnastik, Feldenkrais, Alexandertechnik, Yoga, Kinesiologie u. a.
- Stimmbildung
- Diktion
- Interpretation
Die Ausbildung für Opernbühne, Popmusik, Jazz und Musical unterscheiden sich grundsätzlich in den Stilistiken, aber teilweise auch in der angewandten Gesangstechnik. Eine klassische Gesangsausbildung orientiert sich häufig an der Praxis des Belcanto. Erst bei einigen modernen Werken wird der gesamte Spielraum der menschlichen Stimme eingesetzt. An einigen Hochschulen gibt es dafür einen weiterführenden Studiengang.
Bei der Ausbildung für Pop oder Musicalgesang wird häufig die „Belting-Technik“ eingesetzt. Im Musicalbereich ist auch in höherem Maße die Fähigkeit zu sprechen und nach einer vorgegebenen Choreographie zu tanzen gefordert.
Rock- und Metalsänger haben selten eine professionelle Ausbildung im Bereich der klassischen Stimmbildung gehabt und sind weitgehend Autodidakten. Im professionellen Bereich wird dennoch auch in diesem Genre Gesangsunterricht genommen, um Stimmschäden vorzubeugen.
Kulturelle Aspekte
Gesang gehört zur Kultur sämtlicher Zeiten und Völker und kann alle Lebenssituationen begleiten. Rituelle Gesänge, Kinderlied, Arbeitslied und Gesang als Vortragskunst sind nur wenige Beispiele.
Einzelne Sänger/-innen sind zu allen Zeiten besonders beachtete Personen des öffentlichen Lebens gewesen, um die sich bis heute große Gruppen von Verehrern sammeln können. Von den klassischen Bühnensängern wie Adelina Patti und Maria Callas über Chansonsänger wie Édith Piaf bis hin zu Popgrößen wie Madonna, Michael Jackson oder Robbie Williams sind erfolgreiche Sänger immer Anziehungspunkt und Idol für Menschen gewesen. Im Falle von Carlos Gardel scheint sich sogar die gesamte Stadt Buenos Aires auf den verstorbenen Tangosänger zu beziehen.
Beispiele aus dem klassischen Gesang und dem Jazzgesang finden sich auf der Liste berühmter Sängerinnen und Sänger klassischer Musik bzw. auf der Liste von Jazzsängern.
Andere Kulturen kennen zahlreiche weitere Formen und Techniken des Gesangs. Beispiele hierfür sind der mongolische Kehlgesang und der Obertongesang.
Literatur
- Franz Brandl: Die Kunst der Stimmbildung auf physiologischer Grundlage. Eigenverlag, München 2002, ISBN 3-00-008593-9.
- Jens Malte Fischer: Große Stimmen. Von Enrico Caruso bis Jessye Norman. Metzler, Stuttgart 1993, ISBN 3-476-00893-2.
- Hans-Josef Kasper: Singen und Flugzeuge. Stimmhygiene und Stimmregeneration mit dem Bernoulli-Effekt. Burr, Otzenhausen 2008, ISBN 978-3-9806866-9-3.
- Jürgen Kesting: Die großen Sänger. 4 Bände. Hoffmann und Campe, Hamburg 2008, ISBN 978-3-455-50070-7.
- Carl Ludwig Merkel: Anatomie und Physiologie des menschlichen Stimm- und Sprach-Organs (Anthropophonik) nach eigenen Beobachtungen und Versuchen wissenschaftlich begründet. Ambr. Abel, Leipzig 1857.
- Ferdinand Sieber: Katechismus der Gesangskunst. 2. Auflage. Weber, Leipzig 1871, (Digitalisat).
Quellen
- ↑ Wörterbuch des Christentums. Hrsg. von Volker Drehsen, ISBN 3-579-00059-4.
Siehe auch
- A cappella
- Background Vocals
- Vocal Percussion
- Blattsingen
- Chanting
- Chormusik
- Gesangsaufnahme
- Gesangsregister
- Gutturaler Gesang
- Jazzgesang
- Oper
- Scat-Gesang
- Screamo
- Sprechgesang
- Vocalese
- Vokalise
- Vokalmusik
- Zeitgenössische Vokalmusik
Weblinks
Wiktionary: Gesang – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, ÜbersetzungenWikibooks: Gesang – Lern- und LehrmaterialienWikiquote: Gesang – ZitateKategorien:- Gesang
- Phoniatrie und Pädaudiologie
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