Arzberg-Porzellan

Arzberg-Porzellan
Zuckerdose Form 1382 mit Rotrand von Hermann Gretsch
Wasserkrug Form 2000 von Heinrich Löffelhardt
Kaffeekanne Form 1382 von Hermann Gretsch
Schalensatz "1100" von Heinrich Löffelhardt

Die Arzberg-Porzellan GmbH ist ein deutscher Porzellanhersteller. Das Unternehmen wurde im Juni 2004 aus der SKV-Arzberg-Porzellan GmbH in Arzberg-Porzellan GmbH umbenannt. Das Unternehmen hat etwa 250 Mitarbeiter (Stand 2007). Die deutsche Produktionsstätte befindet sich heute in Schirnding. Alle Porzellanartikel werden ausschließlich am Firmenstandort in Schirnding produziert. Hergestellt wird Porzellan der Markennamen Schirnding und Arzberg.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die heutige Marke Arzberg geht auf eine Firmengründung von Christoph Schumann 1887 in der Stadt Arzberg (Oberfranken) zurück. 1891 wurde die Fabrik an Theodor Lehmann veräußert und wurde zur Theodor Lehmann Porzellan-Fabrik. Die Produktion umfasste Gegenstände hauptsächlich in historisierenden Formen, später teilweise auch verspieltere Varianten des Jugendstils. 1902 forcierte Lehmann die Fusion mit der "Porzellanfabrik Schönwald A.G." und es entstand die Porzellanfabrik Schönwald, Abteilung Arzberg. Theodor Lehmann blieb bis zu seinem plötzlichen Tod 1908 Direktor in der neu entstandenen Firma mit den zwei Werken und wirkte unter anderem auf die Spezialisierung des Standortes Schönwald auf Hotelporzellan hin, während in Arzberg hauptsächlich Gebrauchsgegenstände wie Kannen, Tassen und Schüsseln produziert wurden. Arzberg wurde nun vor allem bekannt für durchbrochenes Porzellan.

1927 erfolgte eine weitere Konzentration der Porzellanindustrie in Folge der allgemein schlechten wirtschaftlichen Lage: Die Porzellanfabrik Schönwald A.G. ging in den Besitz der "Kahla A.G." über. Die Fabrik in Arzberg war nun eine Zweigniederlassung der Porzellanfabrik Kahla und erhielt weiteren eigenständigen Handlungsspielraum.

Die Ära Gretsch

1930 kam es zu ersten Kontakten zwischen dem damaligen Direktor Fritz Kreikemeier und Hermann Gretsch. Gretsch entwarf noch im selben Jahr die Form 1382 für Arzberg, die 1931 eingeführt wurde. Obwohl der Markterfolg dieses komplett neuartigen Geschirrs zunächst ausblieb, hielt man an der neuen Linie fest und konnte nach einigen verlustbehafteten Jahren 1935 wieder Gewinn erwirtschaften. Ab 1931 trug die Bodenmarke der produzierten Stücke den Schriftzug "Porzellanfabrik Arzberg, Arzberg (Bayern)".

Bereits 1939 war das neue Konzept so erfolgreich, dass die komplette Produktion der Fabrik Arzberg auf die neue "Gretsch-Linie" umgestellt wurde. Gretsch entwarf nun nicht nur Porzellanformen für die Fabrik, sondern konzipierte auch den Außenauftritt der Firma in Form von Werbeartikeln und Musterzimmern.

1945 wurde das Werk gegen Ende des Zweiten Weltkrieges teilweise zerstört. Als Folge des Krieges lag die Stadt Arzberg jetzt am Rande der innerdeutschen Grenze; wichtige Rohstofflieferungen aus Thüringen waren nicht mehr möglich. Der Wiederaufbau geschah somit unter erschwerten Bedingungen und die Zusammenarbeit mit Hermann Gretsch wurde für die Fabrik essentiell. Ab 1947 wurde als Bodenmarke nur noch der Schriftzug "Arzberg" aufgebracht.

Die Ära Löffelhardt

1950 starb Hermann Gretsch unerwartet und hinterließ eine Lücke, die den Konzern in eine Krise zu stürzen drohte. Dem damaligen Kahla-Vorstand Emil Geißenhöner gelang es jedoch, Heinrich Löffelhardt als Nachfolger für Gretsch zu gewinnen. Unter Löffelhardts künstlerischer Leitung entstehen in den folgenden Jahrzehnten weiterhin sehr erfolgreiche und hochprämierte Entwürfe; im Auftrieb des Wirtschaftswunders werden sie stilbildend für seine Zeit. 1954 kam Löffelhardts Form 2000 auf den Markt, die sofort sehr erfolgreich lief und selbst für das Bundeskanzleramt bestellt wurde.

1955 reichten die Kapazitäten der Fabrik nicht mehr, so dass der Kahla-Konzern für die Produktion ein neues Werk in Schwandorf errichten ließ. In der Folge wurde in den 1960er Jahren auch das Werk in Arzberg modernisiert und erstmals mit Tunnelbrandöfen ausgestattet.

In den späten 1960er Jahren und in den 1970ern kam es zu einer weiteren Krise, in deren Folge die Kahla AG und die Hutschenreuther AG 1972 fusionierten und fortan nur noch als "Hutschenreuther AG" firmieren. Die Fabrik Arzberg behielt jedoch ihren eigenen Namen und ihre Marke.

Stilsuche und Neuanfang

Die 1970er und 1980er Jahre waren geprägt von der Suche nach einem neuen Stil. Es gab keinen künstlerischen Leiter mehr, sondern es wurden unterschiedliche Designer mit Entwürfen beauftragt. Teilweise wurden in rascher Folge immer wieder neue Formen vorgestellt. Erst in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren fand eine Rückbesinnung auf die schlichte, "gute" Form statt und es findet eine Konsolidierung der Produktpalette statt. Auch die Absätze der "Form 1382", die nach wie vor im Programm war, stiegen wieder.

Der gesättigte Markt sowie zunehmende Konkurrenz durch billige Porzellanwaren aus dem benachbarten Ausland und Fernost erforderte von den Herstellern weitere Anpassungen und Fusionen. So schlossen sich 1993 die Porzellanhersteller Schirnding, Kronester und Johann Seltmann Vohenstrauß zur SKV-Porzellan-Union GmbH zusammen.

2000 wurde die Marke "Arzberg" von der SKV-Porzellan-Union übernommen und später das Werk in Arzberg selbst stillgelegt. Die gesamte Produktion findet jetzt in dem nur wenige Kilometer entfernten Ort Schirnding statt.

Seit 2004 firmiert die SKV-Porzellan-Union als Arzberg Porzellan GmbH. Die heutige Produktpalette umfasst neben aktuellen Entwürfen namhafter Designer auch die beiden Klassiker "Form 1382" und "Form 2000".

"Form 1382"

Vor allem die von Arzberg produzierte "Form 1382" (1931) des Gestalters Hermann Gretsch hat Berühmtheit erlangt, da sie die Wende in der industriellen Prozellanfertigung weg von verzierten, historisierenden Formen hin zu schlichten, funktionellen Artikeln mit einer zeitlosen Ästhetik einläutete. Auf der VI. Triennale in Mailand (1936) und der Weltausstellung in Paris (1937) wurde dieses Service mit Medaillen ausgezeichnet, genauso wie der Entwurf "Urbino" von Trude Petri bei der KPM, der praktisch zeitgleich entstand. So kann die Form 1382 als "bürgerliche" Variante eines neuen, von den Ideen des Werkbunds und des Bauhaus inspirierten Porzellanstils gelten. Neuartig an der Form 1382 war auch, dass erstmals (bei einem industriell hergestellten Porzellanservice) die Teile einzeln erhältlich waren und Kunden das Service individuell zusammenstellen und "sammeln" konnten.

Obwohl Herrmann Gretsch als Verfechter einer klaren, reinen Form gilt, hat er schon 1936 den Dekor "Blaublüten" von Max Richter quasi autorisiert. Wie auch bei einigen anderen Produkten und Architekturen dieser Zeit vereinigen sich hierbei die Idee der "reinen Form" mit einem "bürgerlichen" Dekor. Ein anderer beliebter Dekor war "Rotrand", eine feine rote Linie, die Mündungs- und Standringe der Teile zierte.

Die "Form 1382" wird bis heute weitgehend unverändert produziert. Einige Formen wurden im Laufe der Jahrzehnte verändert, so hatten z. B. die Kuchen- und Tortenplatten ursprünglich zwei Handhaben, während alle Platten heute glatte Ränder haben. Der Dekor "Blaublüten" wurde ebenfalls deutlich verändert: Statt des ursprünglichen leuchtenden Azurblaus geht die Farbgebung heute eher in ein gedecktes Kornblumenblau, zudem sind die Blätter der Ranken filigraner gestaltet, so dass der "flirrend-leuchtende" Charakter des ursprünglichen Dekors einem konventionellen "Blümchenmuster" gewichen ist.

Quellen

  • "100 Jahre Porzellanfabrik Arzberg 1887 - 1987", Katalog zur Ausstellung des Museums der Deutschen Porzellanindustrie, 1987

Weblinks

 Commons: Arzberg-Porzellan – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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