Oblique Wing

Oblique Wing
Oblique wing Forschungsflugzeug NASA AD-1

Mit Oblique wing (von frz./engl. Oblique = schräg, schief und engl. wing = Flügel/Tragfläche) wird das Konzept einer um eine Achse drehbaren Tragfläche für Flugzeuge bezeichnet. In älteren Quellen wird auch der Begriff „Swivel wing“ (von eng. Swivel = Drehpunkt) verwendet. Ein deutscher Begriff für dieses Konzept ist nicht bekannt. Die ältesten Beispiele für diese Technik sind die nicht realisierten deutschen Flugzeugprojekte Blohm & Voss P.202 und Messerschmitt Me P.1009-01 aus dem Jahre 1944, es ist jedoch nicht bekannt welcher deutsche Ausdruck damals dafür verwendet wurde. Die Bezeichnung „Drehflügel“ ist bereits für die Rotoren von Hub- bzw. Tragschraubern besetzt, und die Bezeichnung Schwenkflügel bezeichnet in der Regel Flugzeuge mit nicht durchgehenden, symmetrisch schwenkenden Tragflächen. Das Oblique Wing Konzept stellt jedoch eine spezielle Variante des Schwenkflügels dar.

Eine spezielle Untervariante dieses Konzepts ist die eines Nurflügelflugzeugs mit diesem Konzept, die als Oblique Flying Wing (OFW) bezeichnet wird.


Bei Flugzeugen mit Oblique Wing wird eine durchgehende Tragfläche um einen zentralen Drehpunkt gedreht, so dass sich eine Hälfte der Tragfläche in Flugrichtung und die andere Hälfte dieser entgegen bewegt. Auf diese Weise kann der Luftwiderstand bei hohen Fluggeschwindigkeiten reduziert werden, während die Langsamflugeigenschaften durch Zurückdrehen in die Ausgangslage gewahrt bleiben. Die Tragfläche kann von der senkrechten Startposition aus nur in eine Drehrichtung vor- und bei der Zurückstellung in die Landeposition in entgegengesetzter Drehrichtung wieder zurückgedreht werden. Beim Übergang vom Start zum schnellen Reiseflug wird also immer die gleiche Tragflächenseite in Flugrichtung gedreht, (z.B. wie bei der NASA AD-1 nur die rechte). Eine vollständige Drehung um 360° ist nicht möglich.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Über die 1944 begonnen Projekte der Blohm, & Voss P.202[1], (mit einer Tragfläche in Schulterdecker-Auslegung) und der Messerschmitt Me P.1009-01[2] (in Doppeldecker-Auslegung mit zwei in entgegengesetzten Richtungen drehenden Tragflächen oberhalb und unterhalb des Rumpfes) ist nur wenig bekannt. Diese Projekte kamen nicht über das Reißbrettstadium hinaus. Informationen über die zugrundeliegenden Versuche und Berechnungen aus jener Zeit liegen jedoch im Dunkeln.

Bekannt ist, dass Dr. Richard Vogt maßgeblich hinter der Entwicklung der P.202 stand. Unter seiner Leitung wurden damals zahlreiche ungewöhnliche Flugzeugprojekte bearbeitet. Dr. Vogt gelangte über die Operation Paperclip nach dem Zweiten Weltkrieg in die USA und arbeitete dort zunächst in einem Forschungslabor der United States Air Force, später bei Boeing. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges fielen auch zahlreiche Dokumente den Alliierten als Kriegsbeute zu. So ist es wenig verwunderlich, dass man sich in den USA ab 1945 mit dem Thema befasste.

Dort beschäftigte sich Robert T. Jones, ein Luftfahrtingenieur des Ames Research Center der NASA auf Moffett Field, Kalifornien mit diesem Konzept sowie mit der Pfeilungs-Theorie von Tragflächen. Analytische Studien und Windkanalversuche deuteten darauf hin, dass ein Oblique Wing Flugzeug mit den Ausmaßen eines Transportflugzeuges, das mit einer Geschwindigkeiten von bis zu Mach 1,4 (1,4-fache Schallgeschwindigkeit) fliegen sollte, bessere aerodynamische Eigenschaften besitzen würde als eines mit konventionellen Tragflächen.

Als einziges bemanntes Flugzeug nach diesem Konzept wurde die NASA AD-1 zur Erforschung dieses Konzeptes gebaut. Seit 1979 wurde damit eine Reihe von Testflügen unternommen.

Theorie

Die zugrundeliegende Idee ist es, ein Flugzeug zu bauen, dessen Effizienz mit dem Anstieg der Machzahl vom Start bis zur Reisefluggeschwindigkeit (M ~ 0,8, für ein kommerzielles Flugzeug) möglichst hoch bleibt. Da für beide Flugzustände dabei unterschiedliche Arten von Luftwiderständen maßgeblich sind, ist es schwierig, dies bei einem einzigen Flugzeug umzusetzen.

Bei niedriger Machzahl ist der induzierte Strömungswiderstand, der bei der Erzeugung von Auftrieb entsteht, von größerer Bedeutung. Startende Flugzeuge und Segelflugzeuge sind einem besonders hohen induzierten Widerstand ausgesetzt. Eine Möglichkeit, diesen zu verringern, ist, die Flügelstreckung zu vergrößern. Deshalb werden bei Segelflugzeugen auch besonders lange, schmale Tragflächen verwendet. Eine Tragfläche mit unendlicher Spannweite hätte keinen induzierten Widerstand. Bei niedrigen Geschwindigkeiten, bei Start und Landung, würde man daher die Tragfläche eines Oblique Wing Flugzeuges wie bei einer konventionellen Tragfläche senkrecht zur Rumpfachse positionieren, um ein Maximum an Auftrieb und Steuerbarkeit zu erreichen. Bei steigender Geschwindigkeit würde man die Tragfläche drehen, um einen schrägeren Winkel zu erreichen und damit den Luftwiderstand und den Treibstoffverbrauch zu senken.

Bei Machzahlen im Bereich der Schallgeschwindigkeit und darüber hinaus ist der sogenannte Wellenwiderstand von größerer Bedeutung. Durch die Luftverdrängung wird eine Druckwelle aufgebaut. Durch Zurückschwenken der Tragflächen, weg von der Flugzeugnase, kann man diese aus der Druckwelle heraushalten (siehe auch Pfeilung). Damit wird der Luftwiderstand deutlich vermindert. Mit zunehmender Pfeilung einer Tragfläche wird jedoch auch die Flügelstreckung vermindert. Bei hohen Geschwindigkeiten im Unter- und Überschallbereich kann man zum Erreichen einer besseren Hochgeschwindigkeitsleistung bei einem Oblique Wing die Tragfläche bis zu einem Winkel von 60° verstellen. Studien haben gezeigt, dass diese Winkel den Luftwiderstand vermindern, wodurch bei gleichem Treibstoffverbrauch eine höhere Geschwindigkeit bei größerer Reichweite erreicht wird.

Grundsätzlich scheint es nicht möglich zu sein, ein Flugzeug so zu konstruieren, das es für beiden Flugzustände vollständig optimiert ist. Das Oblique-Wing-Design ist jedoch ein vielversprechender Ansatz, diesem Ideal nahe zu kommen. Durch die aktiv verstellbare Pfeilung bei steigender Machzahl kann für einen großen Bereich unterschiedlicher Geschwindigkeiten eine große Effizienz erreicht werden.

In der Theorie kann man somit deutlich bessere Bedingungen für kommerzielle Transportflüge erreichen, indem man Treibstoff einspart und zudem den Fluglärm in der Umgebung von Flughäfen reduzieren kann. Für das Militär ergäbe sich unter anderem die Möglichkeit eines Jagdflugzeuges mit sehr großer Reichweite und Flugdauer.

OFW Airliner Forschungsprojekt der NASA

Die NASA hat bereits Untersuchungen für ein Oblique Flying Wing (OFW) Flugzeug als Verkehrsflugzeug unternommen. 1991 wurde eine vorläufige Design-Studie für ein OFW-Überschallverkehrsflugzeug mit 500 Sitzplätzen erstellt. Auf Basis dieser Studie wurde ein kleines ferngesteuertes Demonstrationsmodell mit 6,10 m Spannweite gebaut. Dieses Modell flog nur ein einziges Mal, vier Minuten lang. Aber in dieser Zeit war es gelungen, einen stabilen Flug durchzuführen, während die Tragfläche aus einer Pfeilung von 35° bis auf 50° verstellt wurde. Trotz dieses Erfolges wurden das Hochgeschwindigkeits-Forschungsprogramm sowie weitere OFW Studien abgebrochen.

OFW Projekt der DARPA

Die Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) hat mit Northrop Grumman einen mit 10,3 Millionen $ dotierten Vertrag für die Vorplanungen und Risikominimierung zu einem Versuchflugzeug in Form eines OFW-Demonstrationsflugzeuges abgeschlossen[3]. Dieses Flugzeug ist auch unter dem Namen Switchblade bekannt.

Das Programm zielt darauf ab, ein Demonstrationsflugzeug zu bauen, um die vielfältigen Herausforderungen eines derart radikalen Designs zu untersuchen. Das vorgesehene Flugzeug wäre ein reines Nurflügelflugzeug, dessen Tragfläche in einer Drehbewegung so bewegt werden kann, dass eine Seite in Flugrichtung zeigt und die andere Seite entgegengesetzt. [4]. Durch diese Konfiguration verspricht man sich eine Kombination aus hoher Geschwindigkeit, Reichweite und Flugdauer[5]. das Programm besteht aus zwei Teilen. Ziel von Phase I ist es die theoretischen Grundlagen zu bilden und ein konzeptuelles Design hervorzubringen. In Phase 2 wird ein Flugzeug konstruiert, gebaut und im Flug erprobt. Das Ergebnis wird eine Datensammlung sein, auf welche man für zukünftige militärische Flugzeugkonstruktionen zurückgreifen kann.

Mittlerweile wurden Windkanalversuche für das Flugzeug abgeschlossen. Die Konstruktion wurde als „arbeitsfähig und robust“ bewertet [6].

Quellen

  1. [1] Dreiseitenansicht und Beschreibung der Blohm & Voss P202 auf Luft46.com
  2. [2] Dreiseitenansicht und Beschreibung der Messerschmitt Me P.1009-01 auf Luft46.com
  3. G. Warwick - Flight International, Nr. 5029, Vol 169, Seite 20.
  4. [3]
  5. [4]
  6. New Angles:Wind tunnel results point way forward for tailles oblique flying wing study, Aviation Week and Space Technology, 8. Oktober 2007, S. 34-35.

Siehe auch


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