Pfeilung

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Pfeilung beschreibt die Abweichung eines Tragflügels in Grad von der Lotrechten der Flugzeugachse in der Draufsicht. Man unterscheidet die Vorderkantenpfeilung, die Hinterkantenpfeilung und die Pfeilung bei lambda/4 (25% der Flügeltiefe). Die Idee zur Tragflächenpfeilung im Zusammenhang mit dem Überschallflug ging 1935 von Adolf Busemann aus.

Inhaltsverzeichnis

Aerodynamische Effekte am gepfeilten Flügel unendlicher Streckung

Abb. 1: Aufteilung der Geschwindigkeiten
Abb. 2: Gekrümmte Stromlinien am gepfeilten Tragflügel
Abb. 3: Bestätigung des Prinzips der Unabhängigkeit anhand von Druckverteilungen

Beim gepfeilten Flügel unendlicher Streckung kann die Anströmgeschwindigkeit in eine Komponente senkrecht (normal) zum Flügel und eine Komponente tangential dazu aufgeteilt werden (s. Abb. 1). Es kann dann, z.B. mit Hilfe der Eulergleichungen, gezeigt werden, dass für die Umströmung des Flügels nur die senkrechte Komponente der Geschwindigkeit wirksam ist. Die tangentiale Komponente hat keinerlei Einfluss. Die Entkoppelung der beiden Richtungen erlaubt die Behandlung des (unendlichen) gepfeilten Flügels als 2D-Problem, was eine wesentliche Vereinfachung des Problems darstellt. Man erhält ein zweidimensionales (aber nicht ebenes) Strömungsfeld, was in der Draufsicht (s. Abb. 2) an den gekrümmten aber parallelverschobenen Stromlinien erkennbar ist. Abb. 3 zeigt, dass die Druckverteilung einer reinen 2D-Rechnung im Normalschnitt (fast) exakt mit der (transformierten) Druckverteilung des Profilschnitts übereinstimmt.

Die Verringerung der wirksamen Anströmgeschwindigkeit führt zu einer Verringerung des Auftriebs, des Auftriebsgradienten und des (Druck-)Widerstands. Da die entsprechenden Umrechnungsformeln den Cosinus des Pfeilungswinkels (eigentlich des Schiebewinkels) beta enthalten, werden diese Effekte auch als Cosinus-Beta-Effekte bezeichnet. Beim Pfeilflügel sinkt überdies der Wellenwiderstand (Druckwiderstand) stärker ab als der Auftrieb und so steigt bei transsonischer Anströmung das Gleitverhältnis des Flügels. Die kritische Machzahl und die Machzahl des Widerstandsanstiegs steigen ebenfalls an.

Die Krümmung der Stromlinien am Grenzschichtrand führt zu dreidimensionalen Geschwindigkeitsprofilen in der Grenzschicht. Diese weisen notwendigerweise einen Wendepunkt auf, was die Grenzschicht reibungslos instabil macht. Es treten hier Querströmungswirbel auf, die zu einer Querströmungsinstabilität führen. Daher tritt üblicherweise am gepfeilten Flügel die Transition vom laminaren zum turbulenten Zustand der Grenzschicht über die Anfachung der Querströmungsinstabilitäten auf und nicht über die Anfachung der zweidimensionalen Tollmien-Schlichting-Wellen. Aufgrund dieser zusätzlichen Instabilität vollzieht sich der laminar-turbulente Übergang nahe der Tragflügelnase. Tragflügel üblicher Pfeilung werden nahezu vollturbulent umströmt.

Der endliche gepfeilte Flügel

Beim endlichen Flügel führt die Pfeilung zu einer Veränderung der Auftriebsverteilung.

  • Positive Pfeilung (beta > 0) führt zu einer ca-Überhöhung im Außenbereich und zu einer Reduktion im Bereich der Flügelwurzel.
  • Negative Pfeilung (beta < 0) führt zu einer ca-Überhöhung im Bereich der Flügelwurzel und zu einer Reduktion im Außenbereich.

Diese Deformation der Auftriebsverteilung führt zu einer Erhöhung des induzierten Widerstandes, welche durch geeignete Schränkung und Tiefenverteilung verhindert werden muss.

Beim rückgepfeilten Flügel kommt es auch zu einer Verschlechterung des Abreißverhaltens, da das camax hier zuerst an der Flügelspitze erreicht wird und der Strömungsabriß dort (sowohl im Bereich der Querruder als auch am „hinteren“ Teil des Flügels) zuerst auftritt. Ein weiterer negativer Effekt ist das Abfließen von Grenzschichtmaterial Richtung Flügelspitze, welches dort zu einer Grenzschichtaufdickung und zu einer entsprechend größeren Ablöseneigung führt. Geeignete Gegenmaßnahmen sind hier die Verwendung von Grenzschichtzäunen, Sägezähnen an der Flügelvorderkante (vgl. F-4 Phantom II), die Verwindung des Flügels und die Anpassung des Profils. Ein positiv gepfeilter Flügel führt außerdem zu einer erhöhten Richtungsstabilität sowie zu einem positiven Schiebe-Roll-Moment.

Die Dreidimensionalität des endlichen Flügels führt zu einer lokalen Entpfeilung der Isobaren an der Flügelwurzel sowie in der Nähe des Randbogens. Die Isobaren müssen aus Symmetriegründen z.B. an der Flügelwurzel senkrecht zur Symmetrieebene liegen. Damit verliert ein realer Flügel die Vorteile der Pfeilung in diesen Bereichen. Um diesen Nachteil auszugleichen wird versucht das Konzept der „geraden Isobaren“ umzusetzen, in dem die Profilform lokal in diesen Bereichen so angepasst wird, so dass ein über die gesamte Spannweite gerader Isobarenverlauf erzielt wird. Ein weiterer Effekt des Pfeilflügels ist die geringere Böenempfindlichkeit. Diese ergibt sich aus dem verminderten Auftriebsanstieg, welcher direkt proportional zum Böenlastvielfachen ist.

Die Pfeilung braucht an einem Flügel nicht konstant zu verlaufen. Entweder sind die einzelnen Flügelabschnitte unterschiedlich gepfeilt, oder der Tragflügel kann geschwenkt werden (Schwenkflügler).

Schlierenfoto eines Modells mit geradem Tragflügel bei Mach 1,2. Gut zu sehen der Stau an der Flügelvorderkante
Schlierenfoto eines Modells mit gepfeiltem Tragflügel bei Mach 1,2. Es existiert kein Stau an der Flügelvorderkante

Anwendung der Pfeilung nach Flugzuständen und Flugzeugeinsatzgebieten

Das Ausmaß der Pfeilung von Tragflächen hängt von der zu erwartenden Luftströmungsgeschwindigkeit um die Tragflächen ab. Hier muss ein Kompromiss zwischen einem hohen Auftrieb bei niedrigen Geschwindigkeiten für den Start (geringe Pfeilung) gegenüber dem niedrigem Strömungswiderstand und geringen Verwirbelungen bei Reisegeschwindigkeit (starke Pfeilung) gefunden werden, mit dem Ziel, eine laminare Luftströmung über alle Steuerflächen in allen zu erwartenden Fluglagen zu erreichen. Zeichnet man den Luftdruck und die jeweils dazugehörenden Geschwindigkeiten in ein Koordinatensystem, so ergibt sich innerhalb der Linien ein gedachter Bereich, in dem das Flugzeug sicher eingesetzt werden kann. Diese Hüllkurve, als Flugenveloppe bezeichnet, ist für jedes Flugzeugmodell unterschiedlich und hängt neben vielen anderen Faktoren zu einem entscheidenden Maße von der Tragflügelgeometrie und damit der Pfeilung ab.

Dementsprechend werden Flugzeuge, deren Einsatzgebiete in geringerer Höhe und bei eher niedrigen Geschwindigkeiten liegen, ohne Pfeilung ausgestattet. Verkehrsflugzeuge, die nur in großen Höhen sehr schnell (d.h. transsonisch) fliegen, aber nahe Meereshöhe eher im mittleren Geschwindigkeitsbereich liegen, erhalten eine mittlere Pfeilung.

Die Concorde, die nur in großen Höhen sehr schnell (d.h. Mach 2) flog, besaß eine starke Pfeilung. Abfangjäger, die in niedrigen Höhen extreme Geschwindigkeiten erreichen müssen, benötigen daher die größte Pfeilung, können dann aber bestimmte Geschwindigkeiten nicht mehr gefahrlos unterschreiten, weshalb sie sehr lange Start- und Landebahnen oder Start- und Bremshilfen (z. B. Startkatapulte, Bremsschirme) brauchen. Schwenkflügler mit ihrer variablen Pfeilung können in einem wesentlich größeren Flugbereich operieren, auf kürzeren Bahnen starten und sind in großen Höhen bei Reisegeschwindigkeit treibstoffsparender; ihre Reichweite ist also höher.

Wichtig für die optimale Pfeilung ist die zu erzielende Fluggeschwindigkeit, eine Messgröße, die gleichzeitig von der Dichte der umgebenden Luftschichten und von deren relativer Geschwindigkeit abhängt.

Weitere Einzelheiten finden sich im Artikel Tragfläche.

Negative Pfeilung der Tragflächen

Luftstrom an negativ und positiv gepfeilten Tragflächen am Beispiel der Grumman X-29

Die Pfeilung ist in der Regel positiv (beide Kanten der Tragflächen sind nach hinten gezogen), es gibt jedoch seit Beginn des praktischen Einsatzes der Pfeilung auch Konstruktionen mit negativer Pfeilung. Wie im Bild gezeigt läuft der Luftstrom bei dieser Flügelgeometrie zum Rumpf hin anstatt vom Rumpf weg, wie bei herkömmlichen Konstruktionen. Dadurch kann der Luftstrom an Flügelspitzen und dahinterliegenden Steuerflächen wesentlich langsamer sein, bevor die laminare Strömung abreißt (Strömungsabriss, engl. stall) und damit der Auftrieb verloren geht. Dadurch kann eine außerordentliche Manövrierbarkeit erreicht werden, wenn die Trag- und Steuerflächen in einem viel steileren Winkel zum Luftstrom angestellt werden. Das Flugzeug hat auch bei wesentlich geringerem Airspeed noch genügend Luftstrom über den Steuerflächen von Seiten- und Höhenruder. Dadurch erklärt sich der Einsatz dieser Tragflächengeometrie bei extrem wendigen Abfangjägern sowie Segelflugzeugen zu Schulzwecken (z. B. ASK-13).

Obwohl bereits während des Zweiten Weltkriegs an Flugzeugen mit negativer Tragflächenpfeilung geforscht wurde, war es nur schwer möglich, die Materialbelastungen bei hohen Geschwindigkeiten sicher abzuleiten. In jüngster Zeit gibt es durch Faserverbundwerkstoffe (auch Kompositmaterialien genannt) (u. a. Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff) die technischen Voraussetzungen, Tragflächen mit negativer Pfeilung zu konstruieren, die auch hohen Torsions- und Scherkräften standhalten, was eine Anwendung der negativen Pfeilung im Hochleistungssegelflug zulässt. Langsam fliegende Segelflugzeuge, vorwiegend Doppelsitzer, sind dagegen seit vielen Jahrzehnten mit dieser Flügelgeometrie im Einsatz, das mag aber auch den eher trivial anmutenden Grund haben, dass der Konstrukteur die Tragflügelwurzel, d. h. den Anschluss an den Rumpf, möglichst weit nach hinten legen möchte, weil die 2. Person in dem Bereich Platz finden muss.

Beispiele für negative Flügelpfeilung

Literatur

  • Busemann,Adolf - Aerodynamischer Auftrieb bei Überschallgeschwindigkeit, Vortrag auf der 5. Volta-Tagung in Rom, 1935
  • Götsch, Ernst - Luftfahrzeugtechnik, Motorbuchverlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-613-02006-8

Siehe auch

  • V-Stellung als Winkel zwischen Tragflächenlängs- und Rumpfquerachse

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