Oliver Wallace

Oliver Wallace

Oliver George Wallace (* 6. August 1887 in London; † 15. September 1963 in Los Angeles, Kalifornien) war ein britisch-US-amerikanischer Komponist und Dirigent. Er ist vor allem durch seine Filmmusiken bekannt, die er für Zeichentrick-, Dokumentar- und Spielfilme der Walt-Disney-Studios geschaffen hat.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Oliver Wallace wurde am 6. August 1887 in London geboren. Nach Abschluss seiner musikalischen Ausbildung ging er in die Vereinigten Staaten, wo er zunächst vorrangig an der Westküste als Dirigent von Theater-Orchestern arbeitete und in Kinos als Organist Stummfilme begleitete. Gleichzeitig machte er sich auch einen Namen als Songschreiber, etwa mit dem populären „Hindustan“. Mit dem Aufkommen des Tonfilms arbeitete er Anfang der 1930er Jahre auch vermehrt für Filmstudios in Hollywood.

Seine eigentliche Karriere als Filmkomponist begann jedoch erst 1936, als er zum Disney-Studio stieß. Alsbald entwickelte er sich zu einem der wichtigsten Komponisten des Studios für dessen kurze Zeichentrickfilme, von denen Wallace weit mehr als 100 mit Musik versah. Sein bekanntestes Werk auf diesem Gebiet ist das Lied „Der Fuehrer’s Face“ aus dem gleichnamigen Donald Duck-Propaganda-Cartoon von 1942. Die Parodie auf das Horst-Wessel-Lied wurde vor allem durch die Interpretation von „Spike Jones and His City Slickers“ einer der größten Hits während des Zweiten Weltkriegs. Weitere sehr originelle Filmmusiken schuf Wallace später auch für die kürzeren Zeichentrickfilme Ben und ich (Ben and Me, 1953) über Benjamin Franklin sowie den mit dem Oscar ausgezeichneten Die Musikstunde (Toot, Whistle, Plunk and Boom, 1953) – dem ersten Cartoon im neuen CinemaScope-Verfahren.

Doch Walt Disney betraute ihn auch mit Kompositionen für die abendfüllenden Filme des Studios. Wallaces erster großer Erfolg war dabei Dumbo (Dumbo, 1941), für den er zusammen mit Frank Churchill 1942 seinen ersten und einzigen Oscar gewann. Spätere bekannte Filme waren Cinderella, Alice im Wunderland, Peter Pan und Susi und Strolch. Kennzeichnend für alle diese Produktionen war, dass sie als Musicals in Gemeinschaftsarbeit mehrerer Komponisten entstanden. Wallace verstand es dabei meisterhaft, die einzelnen Lieder leitmotivartig in den Instrumental-Teil der Filmpartituren zu integrieren. Es gelangen ihm aber auch immer wieder eigenständige Kabinettstückchen wie „The March of the Cards“ („Spielkarten-Marsch“) aus Alice im Wunderland, insgesamt eine seiner besten Leistungen.

Als die Disney-Studios ab den 1950er Jahren auch vermehrt reine Spielfilme produzierten, schrieb Wallace auch dafür Partituren. Als gelungenstes Beispiel kann der Fantasyfilm Das Geheimnis der verwunschenen Höhle (Darby O’Gill and the Little People, 1959) gelten, zu dem Wallace nicht nur die Musik, sondern zu den Texten von Lawrence Edward Watkin auch die beiden beliebten Songs „Pretty Irish Girl“ und „The Wishing Song“ schrieb. In Mein Freund Stubbs (Toby Tyler, or Ten Weeks With the Circus, 1959), zu dem er allerdings nicht die Musik geschrieben hatte, trat er auch als Schauspieler auf – er spielte den Dirigenten der Zirkus-Band.

Beginnend mit Seal Island (1948) entwickelte sich Wallace zudem zum Spezialisten für die musikalische Untermalung von Disneys Dokumentarfilmen, darunter für fast alle Filme der „People and Places“-Reihe („Länder und Leute“) und einige der „True Life Adventures“ („Abenteuer im Reiche der Natur“). Es waren zwar nicht immer sonderlich subtile, dafür aber sehr lebendige Partituren. Die Musik von Weiße Wildnis (White Wilderness, 1958) wurde 1959 sogar für den Oscar nominiert, was für einen Dokumentarfilm eine ungewöhnliche Ehrung darstellte.

Insgesamt war Oliver Wallace an annähernd 150 Walt-Disney-Produktionen in verschiedenen musikalischen Funktionen beteiligt. Für das Studio blieb er bis kurz vor seinem Tod im Alter von 76 Jahren am 15. September 1963 in Los Angeles aktiv.

Auszeichnungen

Daneben erhielt Wallace vier weitere Oscar-Nominierungen für die Musik zu den Filmen Victory Through Air Power (1943), Cinderella (Cinderella, 1950), Alice im Wunderland (Alice in Wonderland, 1951) und Weiße Wildnis (White Wilderness, 1957).

Filmografie (Auswahl)

Die meisten der angeführten Filmmusiken entstanden in Zusammenarbeit mit anderen Komponisten:

  • 1941: Dumbo – Filmmusik
  • 1942: Der Fuehrer’s Face – Filmmusik und Titellied
  • 1943: Victory Through Air Power – Filmmusik (Beteiligung)
  • 1947: Fröhlich, frei, Spaß dabei (Fun and Fancy Free) – Filmmusik (Beteiligung)
  • 1948: Seal Island – Filmmusik
  • 1949: Die Abenteuer von Ichabod und Taddäus Kröte (The Adventures of Ichabod and Mr. Toad) – Filmmusik
  • 1950: Cinderella – Filmmusik (Beteiligung)
  • 1951: Alice im Wunderland – Filmmusik
  • 1953: Peter Pan – Filmmusik und einige Lieder
  • 1953: Ben und ich (Ben and Me) – Filmmusik
  • 1953: Die Musikstunde (Toot, Whistle, Plunk and Boom) – Filmmusik
  • 1954: Siam – Filmmusik
  • 1955: Donald der wilde Jägersmann (No Huning)
  • 1955: Unternehmen Arktis (Men Against the Arctic) – Filmmusik
  • 1955: Susi und Strolch (Lady and the Tramp) – Filmmusik (Beteiligung)
  • 1957: Sein Freund Jello (Old Yeller) – Filmmusik und Lied
  • 1958: Weiße Wildnis (White Wilderness) – Filmmusik
  • 1958: Sie nannten ihn Comantsche (Tonka) – Filmmusik
  • 1959: Das Geheimnis der verwunschenen Höhle (Darby O’Gill and the Little People) – Filmmusik und Lieder
  • 1960: Wilde Katzen (Jungle Cats) – Filmmusik
  • 1960: Ten Who Dared – Filmmusik
  • 1961: Nicki, der Held des Nordens (Nikki, Wild Dog of the North) – Filmmusik
  • 1962: Mein Freund Red (Big Red) – Filmmusik
  • 1962: Lobo, der Wolf (The Legend of Lobo) – Filmmusik
  • 1963: Im Tal der Apachen (Savage Sam) – Filmmusik
  • 1963: Die unglaubliche Reise (The Incredible Journey) – Filmmusik

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Oliver Wallace — Oliver George Wallace (August 6, 1887 – September 15, 1963) was a British composer and conductor. He was especially known for his film music compositions, which were written for many animation, documentary, and feature films from Walt Disney… …   Wikipedia

  • Oliver Wallace — est un compositeur de musiques de films né le 6 août 1887 à Londres (Royaume Uni), décédé le 15 septembre 1963 à Los Angeles (États Unis). Sommaire 1 Biographie 2 Filmographie 2.1 …   Wikipédia en Français

  • Wallace (Familienname) — Wallace ist ein Familienname schottischen Ursprungs. Bekannte Namensträger Inhaltsverzeichnis A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y …   Deutsch Wikipedia

  • Oliver Platt — Oliver Platt, 2010 Born January 12, 1960 (1960 01 12) (age 51) Windsor, Ontario, Canada Oc …   Wikipedia

  • Oliver P. Morton — Oliver Morton redirects here. For the science writer, see Oliver Morton (science writer). Oliver P. Morton 14th Lieutenant Governor of Indiana In office …   Wikipedia

  • Oliver James (entertainer) — Oliver James Born Oliver James Hudson 1 June 1980 (1980 06 01) (age 31) Ottershaw, Surrey, England Occupation Actor/Musician Years active 2002–present Oliver James (born …   Wikipedia

  • Oliver Kalkofe — at the Romy TV awards 2008 Born September 12, 1965 (1965 09 12) (age 46) Hanover, Germany …   Wikipedia

  • Oliver Robinson — Member of the Alabama House of Representatives from the 58th district Incumbent Assumed office November 4, 1998 Preceded by Earnest Johnson Personal details …   Wikipedia

  • Wallace H. White — Wallace Humphrey White Jr. (* 6. August 1877 in Lewiston, Maine; † 31. März 1952 in Auburn, Maine) war ein US amerikanischer Politiker (Republikanische Partei), der den Bundesstaat Maine in beiden Kammern des Kongresses vertrat. Wallace… …   Deutsch Wikipedia

  • Oliver Morton — Oliver Hazard Perry Throck Morton Oliver Hazard Perry Throck Morton (* 4. August 1823 in Salisbury, Indiana; † 1. November 1877 in Indianapolis, Indiana) war ein US amerikanischer Politiker, Kongressabgeordneter und zwischen …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”