Optimismus

Optimismus

Optimismus (von lat.: optimum, „das Beste“) ist ursprünglich die Ansicht, in der besten aller möglichen Welten zu leben. Mit anderen Worten ist Optimismus ursprünglich Welt- und Lebensbejahung. Heute versteht man unter diesem Begriff im Allgemeinen eine schwache Form des Optimismus, nämlich den Glauben an ein gutes Ende. Im Licht dieser positiven Zukunftserwartung sehen Optimisten jeden gegenwärtigen und vergangenen Stand der Dinge, erscheine er noch so unheilvoll. Die dem Optimismus entgegengesetzte Weltanschauung ist der Pessimismus.

Die meisten Religionen, besonders die monotheistischen, sind von einer Hoffnung auf Erlösung und somit von Optimismus beseelt. Eine moderne Spielart stellt der Fortschrittsglaube der Aufklärung dar.

Eine profane Form des Optimismus ist an der Börse anzutreffen: die Spekulation auf steigende Kurse. Wer darauf wettet, gehört zu den „Bullen“ oder „Haussiers“, die ihre Gegenspieler in den „Bären“ oder „Baissiers“ haben. Eine andere Form ist der Zweckoptimismus: Dabei wird in der Außendarstellung eine zweckdienliche, optimistische Sichtweise der Dinge vertreten, z.B. um Panikreaktionen oder eine Demoralisierung zu vermeiden, die ansonsten die Lage noch verschlimmern würden.

Inhaltsverzeichnis

Philosophie

Gottfried Wilhelm Leibniz

Eine metaphysische Begründung des Optimismus unternahm Gottfried Wilhelm Leibniz in seiner „Theodizee“. Für ihn war klar, dass Gott in seiner Allmacht und Güte nur „die beste aller möglichen Welten“ geschaffen haben kann, auch wenn man sie nicht gut nennen kann. Das Wort „Optimismus“ wurde erst später in Bezug auf Leibniz geprägt. Dieser Form des Optimismus konnte unter anderen Voltaire nicht zustimmen, der unter dem Eindruck des Erdbebens von Lissabon (1. November 1755) gegen Leibniz polemisierte, und zwar in der Form des Romans Candide oder der Optimismus. Der Begriff Optimismus stammt nicht von Leibniz selbst, sondern wurde von jesuitischen Theologen verwendet, um über den „sich zum Theologen aufspielenden Mathematiker“ zu spotten. Diese abwertende Färbung ist jedoch mit der Zeit verloren gegangen.

Der Deutsche Idealismus

Der Deutsche Idealismus nahm um 1800 den metaphysisch-optimistischen Gedanken wieder auf.

Albert Schweitzer

Grundlegend mit der Forderung nach Schaffung einer optimistisch-ethischen Weltanschauung auseinandergesetzt hat sich Albert Schweitzer, u. a. in seinem Werk Verfall und Wiederaufbau der Kultur. Albert Schweitzer begründet auf dem Fundament des Rationalismus die Notwendigkeit einer optimistisch-ethischen Kulturweltanschauung. Der Optimismus liefert nach Schweitzer „die Zuversicht, dass der Weltverlauf irgendwie ein geistig-sinnvolles Ziel hat und dass die Besserung der Verhältnisse der Welt und der Gesellschaft die geistig-sittliche Vollendung des einzelnen fördert. Aus dem Ethischen kommt das Vermögen, die zu dem Wirken auf die Welt und die Gesellschaft notwendigen zweckmäßigen Gesinnungen aufzubringen und alle Errungenschaften auf die geistige und sittliche Vollendung des Einzelnen, welche das letzte Ziel der Kultur ist, zusammenwirken zu lassen.“ (Albert Schweitzer, Verfall und Wiederaufbau der Kultur, S. 72.)

Ernst Bloch

Mitte des 20. Jahrhunderts legte Ernst Bloch – „trotz aller Enttäuschungen“ – eine marxistische Theorie des Optimismus vor: Das Prinzip Hoffnung. Bloch warnte vor ungeprüftem Optimismus und sprach stattdessen von einem „Optimismus mit Trauerflor“.

Psychologie

Ob eine optimistische Grundhaltung von den Lebensumständen abhängt oder eine stabile Persönlichkeitseigenschaft darstellt, ist noch ungeklärt.[1][2] Die Mehrheit der Menschen ist nicht nur optimistisch, sondern unrealistisch optimistisch: Sie erwarten, mehr positive und weniger negative Erlebnisse zu haben als der Durchschnitt.[3] Optimisten können besser Stress bewältigen und sind in der Regel gesünder als Pessimisten, außer wenn sie so optimistisch sind, dass sie unvorsichtig werden.[4]

Martin Seligman

Martin Seligman untersuchte die Frage, was Optimisten von Pessimisten unterscheidet. Er fand, dass sie andere Ursachenzuschreibungen vornehmen, dass nämlich Optimisten die Ursache für angenehme Ereignisse, Erfolge usw. stabil in sich selbst sehen, aversive Ereignisse hingegen vorübergehenden situationsbedingten Ursachen zuschreiben. Bei Pessimisten ist es umgekehrt.

  • Dauerhaftigkeit. Pessimisten halten die Ursachen für unangenehme Ereignisse, in die sie geraten, für dauerhaft und bleibend. Optimisten dagegen halten die Ursachen für zeitweilig und vorübergehend.
  • Geltungsbereich. Pessimisten übertragen Fehlschläge, die sie in einem bestimmten Bereich hinnehmen müssen, ins Allgemeine, während Optimisten durch einen Fehlschlag in einem bestimmten Bereich andere Bereiche ihres Lebens unbeeinflusst sehen.
  • Personalisierung. Pessimisten geben sich selbst die Schuld für Fehlschläge, unangenehme Ereignisse usw. und haben daher eher ein schwaches Selbstwertgefühl. Optimisten suchen die Gründe für Fehlschläge dagegen eher bei anderen Menschen oder den Umständen und haben ein starkes Selbstwertgefühl.

Nach Seligman ist eine optimistische Lebenseinstellung erlernbar.

Hirnforschung

Magnetresonanztomographische Untersuchungen zeigten, dass bei Optimisten zusätzlich zu drei Gehirnregionen, die autobiografisches Wissen speichern, die Amygdala und das Cingulum überdurchschnittlich aktiv sind. Bei Depressionen wird eine Störung der neuronalen Pfade zwischen den beiden im fMRT gefundenen Gebieten vermutet.[5]

Literatur

  • Carver & Scheier (2003). Optimism. In: Lopez & Snyder (Hgs.) Positive psychological assessment: A handbook of models and measures. Washington DC: American Psychological Association, S. 75-89
  • Sandra Richter: Lob des Optimismus : Geschichte einer Lebenskunst. C. H. Beck Verlag, München 2009. ISBN 3406591140.

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Optimismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wikiquote: Optimismus – Zitate

Einzelnachweise

  1. E. Aronson, T. D. Wilson, R. M. Akert: Sozialpsychologie. Pearson Studium. 6. Auflage 2008. ISBN 978-3-8273-7359-5, S. 507
  2. Armor & Taylor (1998). Situated optimism: Specific outcome expectancies and self-regulation. In: M.P. Zanna (Hg.) Advances in Experimental Social Psychology, Vol. 30, San Diego: Academic Press, S. 309-379
  3. N.D. Weinstein (1980). Unrealistic optimism about future life events. Journal of Personality and Social Psychology, 39, S. 806-820
  4. S.C. Segerstrom (2005). Optimism and immunity: Do positive thoughts always lead to positive effects? Brain, Behavior and Immunity, 19, S. 195-200
  5. Telepolis: Die Quellen der Zuversicht

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