Oribasius

Oribasius

Oreibasios (lat. Oribasius; altgr.: ᾽Оρειβάσιος Σαρδιανός * um 325 in Pergamon (wohl nicht in Sardeis); † 403) war ein bedeutender spätantiker Arzt, Medizinhistoriker und Schüler des alexandrinischen Dogmatikers Zenon von Kypros.

Leben

Der Grieche und Heide Oreibasios stammte aus einer wohlhabenden Familie aus Pergamon. Er studierte in Alexandria, ließ sich aber danach in seiner Heimatstadt nieder. Er genoss einen so guten Ruf, dass er 355 von dem Caesar und späteren Kaiser Julian als dessen Leibarzt bestellt wurde, wobei Oreibasios auch für die Bibliothek Julians verantwortlich war. In der Folgezeit entwickelte sich eine Freundschaft zwischen den beiden Männern. Oreibasios wurde ein enger Vertrauter des Kaisers, der nach seiner Thronbesteigung 361 auf eine Restauration der heidnischen Kulte hinarbeitete.

Auf Julians Befehl fertigte Oreibasios aus den Werken des griechischen Arztes Galenos und anderer griechischer Ärzte eine bedeutende Enzyklopädie in zweiundsiebzig Bänden an (Συναγογία Ιατρική - Synagogía Iatrikê = ärztliche Zusammenkunft), von welcher er 20 Jahre später zunächst für seinen Sohn Eustathios eine kürzere Übersicht in neun Büchern (Σύνωψις - Sýnopsis) zusammenstellte. Nur einzelne Bücher des in griechischer Sprache verfassten Werks sind erhalten. Oreibasios soll im Jahre 362 auf Julians Befehl das Delphische Orakel besucht haben, um des Kaisers Unterstützung anzubieten. Davon berichtet der byzantinische Historiker Kedrenos sowie die spätantike Artemii Passio. Die Pythia weissagte zum letzten Mal und beschied ihm, dass das Orakel für immer schweigen werde:

Εἴπατε τῷ βασιλεῖ, χαμαὶ πέσε δαίδαλος αὐλά, οὐκετι Φοῖβος ἔχει καλύβαν.
Οὐ μαντίδα δαφνήν, οὐ πηγὴν λαλέουσαν, ἀπέσβετο καὶ λάλον ὕδωρ.

Künde dem Kaiser, gestürzt ist die prunkvolle Halle, Phoibos hat nicht mehr [sein] Haus.
Weder der weissagende Lorbeer noch die Quelle sprechen mehr, verstummt [ist] auch das murmelnde Wasser.

Nach Julians Tod 363 verfasste Oreibasios ein Memorandum, eine Art zusammenfassende Darstellung des Kaisers, welches von Eunapios von Sardes, etwa bezüglich Julians Perserkrieg, und vielleicht – vermittelt über Eunapios – Zosimos benutzt hat, wobei Zosimos wahrscheinlich auch Magnus von Karrhai herangezogen hat. Manche Forscher sehen in Oreibasios, andere in Magnus eine mögliche gemeinsame Quelle für Zosimos und Ammianus Marcellinus, auch wenn letzter sicherlich stärker seine eigene Erfahrungen in sein Werk einfließen ließ.

Eunapios widmete Oreibasios auch einen Eintrag in seiner vitae sophistarum („Leben der Sophisten“), die eine wichtige Quelle darstellt, aber sehr unkritisch verfasst ist und daher nur mit Vorsicht zu benutzen ist. Eunapios hatte offenbar die Absicht, Oreibasios zu einem „heidnischen Märtyrer“ zu verklären. Julians Nachfolger Flavius Valens und Valentinian I. verbannten Oreibasios. Wo sich Oreibasios in dieser Zeit aufhielt ist unklar, möglich ist aber, dass er zu den Goten oder nach Persien (so etwa Alexander Demandt und neuerdings Hartmann) ins Exil ging. Später wurde er jedoch zurückgerufen und soll angeblich eine wohlhabende Frau geheiratet haben.

Literatur

Siehe auch die Literaturangaben im Artikel Julian Apostata.

  • Mark Grant (Übersetzer): Dieting for an Emperor: A Translation of Books 1 and 4 of Oribasius’ „Medical Compilations“. Brill Verlag, Leiden - New York - Köln 1997; ISBN 90-04-10790-8
  • Udo Hartmann: Oreibasios in Persien. In: Altertum und Mittelmeerraum. Hrsg. von Robert Rollinger und Brigitte Truschnegg. Stuttgart 2006, S. 343–364. (Guter Überblick mit weiteren Literaturhinweisen.)

Weblinks


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