- Orlando furioso
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Werkdaten Titel: Der rasende Roland Originaltitel: Orlando furioso Form: Opera seria Originalsprache: italienisch Musik: Antonio Vivaldi Libretto: Grazio Braccioli Literarische Vorlage: Der rasende Roland von Ludovico Ariosto Uraufführung: 10. November 1727 Ort der Uraufführung: Teatro Sant’Angelo, Venedig Spieldauer: ca. 2½ Stunden (unvollständig überliefert) Ort und Zeit der Handlung: Alcinas Insel, unbestimmte Zeit Personen - Orlando (Mezzosopran, oder Bariton)
- Angelica (Sopran)
- Alcina (Mezzosopran)
- Bradamante (Mezzosopran)
- Medoro (Mezzosopran, oder Tenor)
- Ruggiero (Kontratenor, oder Bariton)
- Astolfo (Bass)
Orlando furioso RV 728 ist eine Oper (dramma per musica) in drei Akten von Antonio Vivaldi (Musik) mit einem Libretto von Grazio Braccioli.
Inhaltsverzeichnis
Handlung
Bradamante und Angelica gelangen in das Reich der Zauberin Alcina. Orlando ist in Angelica verliebt, doch da diese wiederum Medoro liebt, bittet sie Alcina um Hilfe. Alcina verspricht, die beiden Liebenden mit ihrer Zauberkraft wieder zusammen zu bringen, und will für sich nebenbei Ruggerio, den Geliebten der Bradamante, durch einen Zauber als Liebhaber erobern. Bradamante weiß aber schließlich den Zauber Alcinas zu brechen. Orlandos Versuche, gegen Alcinas Kräfte anzugehen, schlagen zunächst fehl: als er von der bevorstehenden Hochzeit von Angelica und Medoro erfährt verfällt er dem Wahnsinn. In seiner Verwirrung zerstört er eine Statue des Zauberers Merlin, wodurch er unbeabsichtigt Alcinas Macht bricht. Er erkennt, dass wahre Liebe nur zu erreichen ist, wenn man dem Liebeswahn entsagt.
Orchesterbesetzung
Traversflöte, 2 Oboen, 2 Hörner, 2 Trompeten, Streicher (Violinen I u. II, Bratschen, Violoncelli, Kontrabass), Generalbass (Cembalo, Violoncello, Theorbe)
Stilistische Stellung
Wie die meisten Opern der Vivaldi-Zeit ist der Orlando furioso nach einem festgefügten Schema aufgebaut, bei dem sich Rezitative und Da-capo-Arien abwechseln. Die hauptsächliche inhaltliche Entwicklung findet dabei in den Rezitativen statt, während es sich bei den Arien oft um sogenannte „Koffer-Arien“ handelt, die – aus dem Zusammenhang gerissen – von den Sängern auch an andere Orte mitgenommen und in andere Opern-Produktionen eingebaut werden konnten. Vivaldi selbst übernahm zehn der Arien aus dem Orlando in seine zwei Jahre später entstandene Oper L’Atenaide. Die musikalischen Nummern stellen allerdings allesamt so hohe Anforderungen an alle Sänger, besonders hinsichtlich der Koloratur-Kultur, so dass erst in jüngster Zeit durch das Heranwachsen einer neuen, an der historischen Aufführungspraxis geschulten Sängergeneration, adäquate Aufführungen wieder möglich geworden sind.
Die Partitur des Orlando furioso ist nicht ganz vollständig überliefert. Sie enthält keine Sinfonia (Ouvertüre), da es zu dieser Zeit noch üblich war, diese aus anderen Werken zu übernehmen. Es fehlt ferner die Arie des Ruggiero Come l’onda con voragine orrenda aus dem dritten Akt, die Vivaldi allerdings auch in seiner Oper Ottone in Villa vertont hatte, so dass bei Aufführungen regelmäßig die alternative Vertonung eingefügt wird. Die überlieferten Teile sind dagegen vollständig instrumentiert erhalten, so dass keine Stimmen ergänzt zu werden brauchen.
Geschichtliches
Orlando furioso ist Vivaldis zweite eigene künstlerische Auseinandersetzung mit Ariosts Versepos. 1713 war im Teatro Sant’Angelo die Oper Orlando furioso von Giovanni Alberto Ristori auf ein Libretto von Grazio Braccioli uraufgeführt worden. Im folgenden Jahr, nachdem Vivaldi Theaterdirektor des Sant’Angelo geworden war, hatte er mit Orlando finto pazzo (‚Der vermeintliche rasende Roland‘) (RV 727) selbst eine Fortsetzung von Ristoris Oper auf die Bühne gebracht und damit einen großen Misserfolg erlitten. In den folgenden Jahren bearbeitete er sein Werk mehrfach neu, ohne den Erfolg wesentlich steigern zu können. Später hatte er Ristoris Orlando furioso teilweise neu bearbeitet (RV Anhang 84); diese Fassung soll 1724 in Prag und 1725 in Breslau aufgeführt worden sein. 1727 wagte Vivaldi einen neuen Anlauf und vertonte den Orlando furioso komplett neu. Grundlage war erneut das Libretto Bracciolis von 1714, das Vivaldi aber offenbar selber so gründlich überarbeitet hatte, dass bei der Uraufführung der Name des Librettisten gar nicht mehr genannt wurde.
1732 wurde in London die Oper Orlando von Georg Friedrich Händel aufgeführt, die möglicherweise Teile von Vivaldis Oper entlehnt hat.
Vivaldis Orlando furioso erlebte ab den 1970er-Jahren eine Wiederentdeckung und wird heute zu seinen bedeutendsten Opern gezählt.
Aufnahmen / Tonträger
- Marilyn Horne, Victoria de los Ángeles, Lucia Valentini-Terrani, Carmen Gonzales, Sesto Bruscantini, Nicola Zaccaria; I Solisti Veneti, Claudio Scimone; Erato (1978); auch auf DVD veröffentlicht.
- Marie-Nicole Lemieux, Jennifer Larmore, Veronica Cangemi, Ann Hallenberg, Philippe Jaroussky, Lorenzo Regazzo; Ensemble Matheus; Jean-Christophe Spinosi; Naïve OP30393 (2004)
- Anne Desler, Nicki Kennedy, Mariana De Liso, Luca Dordolo; Coro da Camera Italiano; Modo Antiquo, Federico Maria Sardelli. CPO (2008)
Literatur
- Ulrich Schreiber: Opernführer für Fortgeschrittene. Die Geschichte des Musiktheaters – Band 1: Von den Anfängen bis zur Französischen Revolution. Bärenreiter, Kassel 1988, ISBN 3-7618-0899-2.
- Zsolt Horpácsy (Redaktion): Programmheft zur Aufführung der Oper Frankfurt, Spielzeit 2009/10
- Booklet zur CD Naïve OP30393, Paris 2004
Weblinks
- Libretto (italienisch, PDF, 230 KB)
- Digitalisat einer deutschen Übersetzung von 1724
- Aktuelle Inszenierungen von „Orlando furioso“ bei Operabase (Produktionen, Besetzung, Kalender)
Kategorien:- Oper nach Titel
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