Otto von Rohr

Otto von Rohr

Otto von Rohr (* 24. Februar 1914 in Berlin; † 15. Juli 1982 in Leonberg) war ein deutscher Opernsänger.

Von 1938 bis 1941 war er Bass an der Duisburger Oper, zwischen 1941 und 1979 an der Staatsoper in Stuttgart, seit den 1940er Jahren auch Mitglied des Opernhauses Frankfurt, Gast bedeutender Opernhäuser in Europa und Übersee. Vor allem als Wagner-Sänger und als erster Vertreter des Fachs "Basso profondo e serioso" weltweit gefragt. Von der Schallplattenindustrie vernachlässigt, aber von Rundfunkanstalten zwischen 1947 und ca. 1966 vielfältig zu Aufnahmen herangezogen. Seit einer 6CD-Edition beim "Hamburger Archiv für Gesangskunst" scheint sich eine Renaissance auch auf Tonträgern anzubahnen.

Otto von Rohr wurde am 24. Februar 1914 als Sohn des Rittergutsherrn Karl-Otto von Rohr in Berlin geboren. Er besuchte das Gymnasium bis zum Abitur, sollte sich dann der Verwaltung seiner Familiengüter widmen. Doch teilte er den Seinen nach erfolgreicher Reifeprüfung mit, er werde die Berliner Hochschule für Musik besuchen und habe sich bei Professor Hermann Weissenborn einschreiben können. An der Hochschule war man sich von Anbeginn einig und sagte dem jungen Bassisten eine große Zukunft voraus. Sein Gesangsstudien beendete Otto von Rohr mit einem Opernabend der Berliner Musikhochschule im Frühjahr 1938 als Sarastro, und in derselben Partie begann er 1938 seine Bühnenkarriere an der Oper von Duisburg.

Otto von Rohr trat sein erstes Engagement unter schwierigen Bedingungen an: Er hatte in Duisburg die Nachfolge des renommierten und sehr populären Bassisten Robert von der Linde übernommen, der nach Berlin verpflichtet worden war. Aber Intendant Georg Hartmann und Generalmusikdirektor Heinrich Hollreiser wussten den Anfänger klug zu führen und vorsichtig auf seine vielseitigen Aufgagen der buffonesken wie auch seriösen Basspartien des deutschen, italienischen und slawischen Opernrepertoires vorzubereiten. Als von Rohr 1941 and die Stuttgarter Oper verpflichtet wurde, bedauerte das Duisburger Publikum sein Weggehen ebenso sehr wie seinerzeit das Scheiden Robert von der Lindes. Als Daland verabschiedete sich Otto von Rohr von seiner ersten Wirkungsstätte.

Stuttgart besaß in den vierziger Jahren eines der homogensten Opernensembles des deutschen Sprachraumes – lnger als an anderen Bhnen, bis in die siebziger Jahre hat sich hier trotz negativer Einflüsse der allgemeinen Entwicklung des deutschen Opernbetriebes eine Art Ensemblegeist halten können. Die Wagner-Auffhürungen der Württembergischen Staatstheater waren so berühmt, dass es mehrfach Gesamtgastspiele dieser Bühne in London, Edinburgh und in mehreren italienischen und französischen Städten gab. 1957 gastierte das Ensemble mit Wagners „Ring“ bei den Maifestspielen von Florenz. Auch als Liedsänger und Oratoriensolist trat er in den europäischen Metropolen und bei Rundfunkanstalten auf.

Ende der siebziger Jahre zog sich Otto von Rohr ins Privatleben zurück. Er war einer der letzten Künstler des Ensembles, das unter der Führung Walter Erich Schäfers, Ferdinand Leitners und zum Teil Wieland Wagners die Stuttgarter Oper zu einer der ersten Musikbühnen Europas gemacht hatte.

Am 15. Juli 1982 ist er im Alter von nur 68 Jahren gestorben. Otto von Rohr war nicht wirklich ein "Schwarzer Bass", sein Material war von basaltener Konsistenz und körniger Substanz, es schimmerte in Graphit/Anthrazit-Tönungen. Seine Ausstrahlung war von enormer Autorität und raumsprengender Ausdruckskraft. Er galt stets als Musterinterpret kantiger, schroffer, bedrohlicher Opernfiguren, hatte aber ein nahezu grenzenloses Rollenrepertoire, von Monteverdi und Händel über das italienische, französische und slawische Fach bis zur Moderne mit Strawinsky und Orff. Gerade die exponierten Tiefen bis unters F standen ihm mühelos zur Verfügung, und seine Höhe reichte an guten Tagen bis zum Fis'. Anders als zahlreiche Fachkollegen erlag er nie der Versuchung, auch Heldenbaritonpartien in sein Repertoire aufzunehmen.

Seine gesangliche Darstellung lebte durch die Beweglichkeit seiner Stimmführung, die ihn in die Lage vesetzte, die gewichtigen Partien der Wagner- und Vedi-Opern mit desselben Virtuosität zu interpretieren wie die gemütvollen Vaterfiguren der deutschen Spieloper, die zwielichtigen Bass-Intriganten der slawischen Opernliteratur oder die komödiantischen Buffofiguren Rossinis, Donizettis und Mozarts. Er war ein dominanter Sänger und Bühnendarsteller seiner Epoche.

Tondokumente

CD-Edition Otto von Rohr - Hamburger Archiv für Gesangskunst (Zwei Boxen à 3 CDs: Händel, Haydn, Mozart, Beethoven, Marschner, Nicolai, Flotow, Rossini, Bellini, Donizetti, Verdi, Wagner, Boitò, Gounod, Halévy, Tschaikowsky, R.Strauss, Strawinsky // Schubert, Loewe, Brahms, Wolf, Schmalstich // Millöcker, Zierer, Simon)

Literatur

Klaus Ulrich Spiegel: "BÜHNENAUTORITÄT UND BASALTSTIMME - Otto von Rohr: Ein deutscher Basso profondo" / HAfG Hamburg 2009

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