PAL Milan

PAL Milan
MILAN-Flugkörper

Die MILAN (franz. Missile d'Infanterie léger antichar) ist eine leichte Boden-Boden-Panzerabwehrlenkwaffe, die in den 1970er Jahren in deutsch-französischer Kooperation entwickelt wurde. Sie wurde 1984 bei der Bundeswehr in Dienst gestellt und ist bis heute im Einsatz.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Das MILAN-System wurde in den 1970er Jahren in deutsch-französischer Kooperation entwickelt. Nachdem die USA bereits die TOW-Panzerabwehrlenkflugkörper entwickelt hatten, setzte die europäische Waffenschmiede Euromissile auf ein eigenes System, das auf das europäische Gelände und die zu erwartenden Sichtstrecken ausgelegt sein sollte.

Seit 2006 ist die neueste Version MILAN ADT verfügbar. In diesem System wird MILAN 3 um ein leistungsfähiges Wärmebildgerät erweitert. Der reichweitengesteigerte Flugkörper MILAN ER wird dann Ziele in bis zu 3 km Entfernung bekämpfen können. Zurzeit wird von dem paneuropäischen MBDA Unternehmen eine kampfwertgesteigerte Variante des MILAN (MILAN ER) erarbeitet, die über einen verbesserten Gefechtskopf neuester Technologie verfügt.

Technik

Milanstarter und aufgesetztem Wärmebildgerät Mira mit Ein-Weg-Kühlpatronen (der braune zylindrische Körper)
Im Vergleich das deutsche System – anstelle der Kühlpatrone befindet sich ein Kompressor

Die gesamte Waffenanlage bestehend aus Startschiene, Lenkelektronik, MIRAhalter, Tragegriff, kurzem Dreibein, Optik und kann zusätzlich mit dem kleinen Dreibein auf einem langen Dreibein montiert werden. Die Gesamthöhe beträgt dann 1,20 m und ermöglicht den Einsatz auch aus höheren Deckungen. Das System hat eine Feuerleistung von bis zu 3 Schuss pro Minute. Die Kampfentfernung des Flugkörpers Milan 2 beginnt, bedingt durch eine Sicherheitseinrichtung, bei mehr als 75 m und endet bei 1.975 m

Mit dem 1980 eingeführten aufsetzbaren Wärmebildgerät (WBG) MIRA (Milan Infra-Rot Adapter) wurde die MILAN erstmals voll nacht- und allwetterkampffähig. Während die Bundeswehr die Sensorik der MIRA mit einem elektrisch betriebenen Kompressor kühlt, verwenden andere Nationen, darunter die britischen und französischen Streitkräfte Ein-Weg-Kühlpatronen, gefüllt mit Stickstoff. Im Gegensatz zum Kompressor sinkt der Geräuschpegel enorm und erschwert somit die Aufklärung des MILAN-Trupps.

Das neue Waffensystem MILAN ADT-ER ist eine Weiterentwicklung des MILAN Konzeptes. MILAN ADT-ER besteht aus dem reichweiten- sowie leistungsgesteigerten Flugkörper MILAN ER (Extended Response) und der verbesserten und voll digitalisierten Waffenanlage MILAN ADT (Advanced Technology).

Der neue Milan ER Lenkflugkörper verfügt über eine Reichweite von 3.000 m und kann mit seinem leistungsfähigeren Gefechtskopf über 1.000 mm Panzerstahl nach einer Reaktivpanzerung der neuesten Generation und 2.000 mm Stahlbeton durchdringen. Das Ortungsverfahren zur Vermessung der Flugkörperposition wurde von MILAN 3 übernommen und ist resistent gegen natürliche und künstliche Störmaßnahmen.

Zum Verschuss des neuen Flugkörpers MILAN ER wurde die neue, tragbare Waffenanlage MILAN ADT entwickelt. MILAN ADT verfügt über ein leistungsfähiges, integriertes Wärmebildgerät und ist auf eine Bekämpfungsreichweite von bis zu 3.000 m hin ausgelegt. Anstelle der optischen Tagsicht (Fernrohr) kann in die Waffenanlage MILAN ADT auch eine TV-Kamera integriert werden. Hierdurch wird die Möglichkeit der Fernsteuerbarkeit des Waffensystems sowie die Verwendung neuester Simulationstechniken für die Ausbildung gewährleistet. Mit der neuen Waffenanlage MILAN ADT können auch die heute bei der Bundeswehr bereits vorhandenen MILAN-Flugkörper eingesetzt werden. Nicht zuletzt deswegen bietet MILAN deutliche Kostenvorteile.

Die Fähigkeit, weite Gebiete mit Hilfe der optischen Sensorik überwachen sowie ein sehr breites Zielspektrum bekämpfen zu können, zeichnet MILAN ADT-ER aus. In Duellsituationen ist das Waffensystem in der Lage, sofort nach Zielidentifizierung ohne Zeitverlust zu schießen, da die Kühlung eines Suchkopfes im Vergleich zu anderen Systemen nicht erforderlich ist (Waffensysteme die den Flugkörper vorkühlen müssen, können – wenn der Verschuss nicht erfolgt – diesen nicht mehr im Nachtsichtmodus (IR-Modus) verschießen. Der Flugkörper muss ausgetauscht und instand gesetzt werden). Das SACLOS-System der MILAN ADT-ER erlaubt den Schützen den sofortigen Übergang von der Überwachungs-, Aufklärungsphase und Identifizierung zur Bekämpfung von aufgeklärten Zielen. Durch die technische Auslegung wird das Risiko eines Zielverlustes zwischen dem Vorgang der Aufklärung und Identifikation eines Zieles und dem Schuss praktisch ausgeschlossen und erhöht den Schutz des Soldaten. Dies ist insbesondere in Szenarien wechselnder Intensität von einsatzkritischer Bedeutung, da eine kontinuierliche Bereitschaft zum Schuss gewährleistet werden muss. Das Waffensystem ist für den Einsatz gegen Panzerfahrzeuge sowie zur Bekämpfung von Zielen mit geringer IR-Signatur wie zum Beispiel Bunker, Feldbefestigungen und Brücken, geeignet.

Dank seines vergleichsweise geringen Gewichtes kann der Abschuss vom Boden mit dem Dreibein oder von einem Fahrzeug wie Fuchs oder Marder aus erfolgen. Der Lenkflugkörper verbleibt bis zum Abschuss im weitgehend wartungsfreien und geschützten Abschussrohr, er hat damit Munitionscharakter. Eine Integration in den Schützenpanzer Puma gilt als realisierbar.

Steuerung

Sicht durch die Optik der Milan
Sicht bei Nacht mit Wärmebildgerät MIRA
MILAN ADT-ER

Als Lenkflugkörper (LFK) der zweiten Generation sollte Milan beim Start mit leichter Steigung starten, dann aber direkt und für den Richtschützen verfolgbar das Ziel im Bereich der Visierlinie anfliegen. So konnte dieser erstmals das Ziel dynamisch verfolgen und auch ein fahrendes Ziel treffen, wenn er es schaffte, das Fadenkreuz auf dem Ziel zu halten.

Stand der Technik war die Lenkung des Lenkflugkörpers über einen nachgezogenen Lenkdraht, der Impulse an das einzelne Strahlruder sendet, das dann in berechneter Winkelposition in den Strahl des Feststofftriebwerks eintaucht und die Lenkbewegung ausführt.

Die Steuerung des neuen Flugkörpers MILAN ER wird über die gesamte Flugstrecke mittels eines dünneren, jedoch nunmehr kevlarverstärkten Lenkdrahtes sichergestellt. Zur Zielbekämpfung muss der Schütze das Ziel im Fadenkreuz halten und die SACLOS-Lenkung (Semi automatic command line of sight) steuert den Flugkörper auf der Visierlinie ins Ziel.

Die Drahtlenkung bei infanteristischen Waffensystemen hat sich in vielen Einsätzen bewährt und gilt bis heute als sehr zuverlässig. Dies steht im Gegensatz zu Fire-and-Forget-Systemen, welche ihr Ziel selbstständig suchen, verfolgen, und autonom bekämpfen, ohne dass ein Zielwechsel bzw. Abbruch möglich wäre. Ein weiterer Nachteil von Fire and Forget bzw. Fire and Observe in diesem Zusammenhang ist, dass immer eine Aufschaltung auf ein Ziel mit erkennbarer Infrarotsignatur nötig ist. Diese kann durch Tarnung (Infrarot-Nebel oder ungünstige Gefechtsfeldeinflüsse wie Rauch- oder Staubentwicklung) oder ungünstige Witterungsbedingungen verschleiert werden, wodurch eine effektive Bekämpfung des Ziels nicht mehr möglich ist.

Einsatz

MILAN im Einsatz - weltweit von über 40 Nationen verwendet.

Die sehr gute Trefferquote der MILAN und die leichte Schulung der Richtschützen machte sie über Deutschland und Europa hinaus zu einem der weitverbreitetsten Lenkflugkörpern weltweit. Eigentlich nur als Boden-Boden-Panzerabwehrwaffe konzipiert, ist die MILAN begrenzt auch gegen in Bodennähe langsam fliegende Helikopter einsetzbar, etwa beim Beobachten, Zielen oder Absetzen von Truppen im Schwebflug. Darüber hinaus wird die Waffenanlage mit dem Wärmebildgerät auch als Aufklärung bzw. Gefechtsfeldüberwachung eingesetzt.

Schützen der Bundeswehr müssen eine MILAN-ATN innehaben. Die Jägertruppe u.a. haben in ihren Bataillonen eigene MILAN-Züge.

Des weiteren wird die MILAN bei den Panzergrenadierzügen aufgesessen vom SPz Marder verschossen. Dazu wird die LFK-Abschusseinheit vom Kommandanten auf der rechten Turmseite auf der dafür fest installierten Halterung montiert, was nur mit Hilfe des aufgesessenen Trupps möglich ist, da sich die Abschusseinheit hinter dem Turm auf der rechten Kampfraumseite befindet und an den Kommandanten gereicht werden muss. Dieser Vorgang dauert ca. 30 Sekunden. Beim Abschuss der MILAN und der Zielzuführung muss der Panzer in Stellung verharren, um die Kontrolle des LFK während der Flugphase zu ermöglichen. Der SPz Marder 1 A3 führt 4 MILAN LFK und die Abschusseinheit mit sich.

Die MILAN-Rakete wird neben Deutschland und Frankreich auch in Lizenz in Großbritannien, Spanien sowie Indien gefertigt. In Europa löste der Flugkörper frühere Systeme wie etwa Aérospatiale SS.11 und MBB COBRA ab. In Osteuropa fand eine vergleichbare Entwicklung zu Panzerabwehrflugkörpern der zweiten Generation statt.

MILAN ist in mehr als 40 Ländern im Einsatz und wurde gemäß einer israelischen Quelle auch von der libanesischen Hisbollah im Kampf gegen Israel im Libanonkrieg 2006 eingesetzt.

Eine Tochtergesellschaft der EADS hat einen Vertrag mit Libyen über die Lieferung von MILAN Raketen im Wert von 168 Millionen Euro geschlossen, Frankreich und dessen Präsident wurden daraufhin kritisiert.[1]

Eigenschaften des neuen Waffensystems MILAN ADT-ER

Kenngröße Daten
Hersteller MBDA (Deutschland/Frankreich)
Startplattform Dreibein, Trägerfahrzeug, Schiffe, Boote
Integration in SPz Puma möglich
Zielszenarien stehende u. bewegte Ziele, gestreckte Flugbahn, Reaktivpanzerung, Verbundpanzerung, Bunker, Feldbefestigungen, Gebäude usw.
Durchschlag (MILAN ER) > 1.000 mm nach modernster Reaktivpanzerung / 2.000 mm Stahlbeton
Reichweite (MILAN ER) 3.000 m
Digitalisierung Lenkelektronik und Ortungsanlage
Lenkung halbautomatisch über Infrarotsender am Heck des LFK, drahtgelenkt, SACLOS-System, Aufklären-Zielen-Feuern-Halten (Fire and Control), Man in the Loop Prinzip, LOAL
Videoschnittstelle In & Out
Remote Observation über externes Display
Remote Control die Funktionalität der Fernsteuerung ist durch die Digitalisierung der Waffenanlage prinzipiell gegeben und technisch realisierbar
GPS-Daten Positions- und Richtungsangaben im Display
NetOpFü Anbindung möglich
Flugkörper rollt um die Längsachse, Kreise, Decoder, Doppelruder, Blitzlampe (Störhärtung), keine Abkühlung LFK (Vorteil in Duellsituationen), benötigt keine IR-Signatur
Entdecken/Erkennen/Identifizieren 12.000 / 5.000 / 3.000 m (mit Wärmebildgerät)
Antrieb 2-stufiger Hauptmotor, raucharm
Marschgeschwindigkeit ca. 150 m/s
Gefechtskopf Tandemhohlladung mit nichtdetonativer Vorhohlladung
Länge des LFK 120 cm
Gewichte ADT-ER Systemgewicht ca. 45 kg, Gewicht LFK ca. 13,5 kg
Kompatibilität mit der gesamten MILAN LFK-Familie (MILAN 1 bis ER)
Systemzeit < 1 sec
Ersttrefferwahrscheinlichkeit > 93% bei über 100.000 durchgeführten Schüssen
Fehlerkennung Built-In-Test Equipment
Einsatzerprobt ja
Qualifizierung in WaSys ER in II/2008
Versorgungssicherheit Versorgbarkeit für 10 Jahre vertraglich garantiert (100% europäisch)
Life Cycle Cost wartungsfreie Munition, nur Sichtprüfung
Lebensdauer spezifiziert 20 Jahre
Wertschöpfung in Deutschland Waffenanlage ADT zu 100 %, LFK ER zu 10 %
Höhenrichtbereich von -10° bis +10°
Seitenrichtbereich 360°
Rückstrahlzone 5-8m
Feuerhöhe (auf langem Dreibein) 75-95 cm
Feuerhöhe (Bodeneinsatz) 30-55 cm
Zünder Aufschlagzünder
Flugdauer des LFK (Lenkflugkörper) 500 m = 4s ; 1000 m = 7s ; 1500 m = 10s ; 1975 m = 13s

Weblinks

Einzelnachweise

  1. FAZ: Empörung in Frankreich über Waffengeschäft mit Libyen

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