Palazzo Ducale (Urbino)

Palazzo Ducale (Urbino)

Der Palazzo Ducale ist ein Herzogspalast der Renaissance in der italienischen Stadt Urbino in der Region Marken. Als eines der bedeutendsten Denkmale Italiens ist es Weltkulturerbe der UNESCO .

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Arkadenhof

Der Bau des Herzogspalasts wurde im Auftrag von Federico da Montefeltro Mitte des 15. Jahrhunderts vom florentiner Architekten Maso di Bartolomeo begonnen. Die neue Planung umfasste den vorhandenen Palazzo della Jole. Luciano Laurana, ein Architekt aus Dalmatien, der durch Brunelleschis Klostergebäude in Florenz beeinflusst war, entwarf die Fassade, den berühmten Hof und die großartige Eingangstreppe. Laurana's heller und edel mit Arkaden versehener Hof in Urbino wetteifert mit demjenigen des Palazzo della Cancelleria in Rom als der Vornehmste der Renaissance. Indem er die Anforderungen des felsigen, hochaufragenden Standorts bewältigte, der eine ungewöhnliche Anhäufung der Baumassen notwendig machte, schuf Laurana ab den 1460ern ein Ensemble, das Zeitgenossen als ideale fürstliche Behausung ansahen.

Fassade

Nach dem Weggang Lauranas wurden ab 1472 die Arbeiten von Francesco di Giorgio Martini geleitet, der vor allem für den Fassadengestaltung verantwortlich war. Die Portale und Fenstergewände wurden vom Mailänder Ambrogio Barocci ausgeführt, der außerdem die Innenräume schmückte. In den hohen, vollständig stuckierten Räumen stechen die reich verzierten Türeingänge, Kamine und Friese von Barocci, Domenico Rosselli und ihren Werkstätten hervor. Nach dem Tod des Herzogs Federico (1482) blieb der Bau teilweise unvollendet. Der zweite Stock wurde in der ersten Hälfte des folgenden Jahrhunderts von Girolamo Genga hinzugefügt.

Der Palast blieb Regierungsgebäude bis ins 20. Jahrhundert, beherbergte kommunale Archive und Behörden sowie die öffentlichen Sammlungen antiker Inschriften und Skulpturen: Die Galleria Nazionale delle Marche, siehe unten). 1985 abgeschlossene Restaurierungen haben auch die umfangreichen unterirdischen Räumlichkeiten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Der Palazzo ist auch berühmt als Schauplatz der Gespräche, die Baldassare Castiglione in seinem Werk Il Cortegiano (1507) in der Halle der Nachtwachen ansiedelte.

Besondere Räumlichkeiten

Der Herzogspalast enthält einige Räume, die Federicos Hinwendung zu klassischen und humanistischen Studien widerspiegeln und in seinem Tagesablauf üblicherweise genutzt wurden, etwa der Besuch des Lararium und die Lektüre griechischer Literatur. Diese gelehrten und ausdrücklich vorchristlichen Aspekte wären für einen mittelalterlichen Palast untypisch gewesen.[1]

Der Studiolo

Ein Hauptbestandteil dieses Konzepts ist der Studiolo (ein kleiner Studien- oder Andachtsraum), nur 3.60 x 3.35 m groß, mit Blickrichtung weg von Urbino und hinaus über die ländlichen Güter. [2] Seine schön ausgeführten Intarsien, die den Betrachter mit trompe-l'oeil–Borden, –Bänken und halb-offenen Gitterwerktüren umgeben, hinter denen symbolische Gegenstände die Freien Künste repräsentieren, stellt das berühmteste Beispiel Italiens in dieser Kunst dar. Die Bänke tragen Musikinstrumente, und die Borde zeigen Darstellungen von Büchern und Noten, wissenschaftlichen Instrumenten (mit einem Astrolabium und einer Armillarsphäre), Studienmöbeln (mit Schreibtisch und Stundenglas), Waffen und Rüstung, und verschiedenen anderen Gegenständen (z. B. Papageien im Käfig und ein Mazzocchio).[3]

Der Studiolo zeigt darüber hinaus Idealbildnisse verschiedener historischer und zeitgenössischer Personen. Auf den Intarsientafeln engrammiert sind Statuen Federicos – in Scholarenkleidung – und von Glaube, Liebe, Hoffnung. Darüber eine Reihe Portraits großer Autoren, gemalt von Joos van Wassenhove (mit Überarbeitungen durch Pedro Berruguete):[4]

Joos van Wassenhove: Albertus Magnus, um 1475, Studiolo
Nordwand
Plato Aristoteles Ptolemäus Boethius
Hl. Gregor Hieronymus Ambrosius von Mailand Augustinus
Westwand Ostwand
Pietro d’Abano Petrarch Moses Cicero
Hippokrates Dante Salomo Seneca
window Thomas von Aquin Homer
window Duns Scotus Vergil
Südwand
Sixtus IV. Albertus Magnus Bessarion Pius II.
Bartolus Solon Vittorino da Feltre Euklid

Die obere Reihe (im Diagramm außen) zeigt klassische und humanistische Autoren, im Gegensatz zu den religiösen Autoren (vereinfacht ausgedrückt) der unteren Reihe (innen).[5]

Zwillingskapellen: Kapelle der Vergebung und Musentempel

Treppab befinden sich die Zwillingskapellen, eine christliche und eine heidnische. Der Eingangsraum hebt ihren Zusammenhang mit dieser Inschrift, einem elegischen Couplet, hervor:

Bina vides parvo discrimine iuncta sacella:

altera pars musis, altera sacra deo est.

Zweifach siehst Du die heiligen Räume, verbunden durch eine kleine Unterteilung:

ein Teil ist den Musen, der andere Gott geweiht.

Der Musentempel, womöglich der persönliche Studiolo von Federicos Sohn Guidobaldo, zeigte ursprünglich die Musen als „besonnene Musiker“, vielleicht eine Arbeit von Giovanni Santi.[6]

Galleria Nazionale delle Marche

Portrait einer jungen Frau (bekannt als La Muta), Raffael, 1507-1508, Galleria Nazionale delle Marche.

Die Galleria Nazionale delle Marche, die der Palast beherbergt, ist eine der bedeutendsten Kunstsammlungen der Renaissance weltweit. Werke von Raffael, Joos van Wassenhove (ein Abendmahl mit Portraits der Montefeltro-Familie und Hofstaat), Melozzo da Forlì, Santi, Piero della Francesca (mit der berühmten Geißelung Christi), Paolo Uccello, Timoteo della Vite, und weitere Künstler des 15. Jahrhunderts, sowie einer späten Auferstehung von Tizian.

Bemerkungen

  1. Joscelyn Godwin, The Pagan Dream of the Renaissance (Grand Rapids: Phanes Press, 2002), S. 90-91.
  2. Godwin, S. 91 und 94.
  3. Godwin, p. 92
  4. Godwin, S. 92-94.
  5. Siehe Cheles, S. 17.
  6. Godwin, S. 91.

Literatur

  • Joscelyn Godwin, The Pagan Dream of the Renaissance (Grand Rapids: Phanes Press, 2002)
  • Luciano Cheles: The Studiolo of Urbino: An Iconographic Investigation (Penn State Press, 1986)

Weblinks

 Commons: Palazzo Ducale, Urbino – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
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