Pius II.

Pius II.
Pinturicchio: Papst Pius II.

Pius II. (bürgerlich Enea Silvio Piccolomini, lat. Aeneas, auch: Eneas – Sylvius; * 18. Oktober 1405 in Corsignano, nach ihm Pienza genannt, bei Siena; † 14. August 1464 in Ancona) war von 1458 bis 1464 Papst. Er war ein bedeutender Humanist, Schriftsteller, Historiker, Poet und Gelehrter, Verehrer Boccaccios und begeistert von den lateinischen Klassikern.

Inhaltsverzeichnis

Kirchlicher Werdegang

Vor seiner kirchlichen Laufbahn führte Enea Silvio Piccolomini ein Leben als Dichter und Lebemann und war in seinem Wirken ebenso widersprüchlich wie später als Papst.

Der humanistisch gebildete Jurist und Poet nahm von 1432 bis 1439 als Begleiter von Kardinal Domenico Capranica am Basler Konzil teil. Dort hatte er die Funktion eines Verteidigers und gehörte zur Partei der Konziliaristen. 1440 wurde Piccolomini Sekretär des Gegenpapstes Felix V. und war ab 1442 Gesandter des Konzils am Frankfurter Reichstag. Anfang 1443 trat er in den Dienst König Friedrichs III., der weiterhin Papst Eugen IV. unterstützte. Piccolomini nahm nun eine neutrale Position ein. Die Zeit bis 1445 verbrachte er vornehmlich am Hof des nachmaligen Kaisers in Wiener Neustadt und Graz, unter anderem als königlicher Sekretär. Friedrich III. schätzte seine Dienste sowie seine lockeren Verse und krönte ihn zum „poeta laureatus“. An der Universität Wien hielt Piccolomini während dieser Zeit Vorlesungen über die Dichter der Antike und übte damit einen bedeutenden Einfluss auf den deutschen Humanismus aus.

Büste von Papst Pius II. an der Kathedrale von Triest

1447 wurde Piccolomini Bischof von Triest und 1448 konnte er bei den Verhandlungen mitwirken, die zum Wiener Konkordat führten. 1449 wurde er Bischof von Siena und päpstlicher Legat in Deutschland. Nach 10 Jahren im Dienst Kaiser Friedrichs III. verließ Piccolomini im Jahr 1455 endgültig den Wiener Hof, um der Kurie zu dienen. Am 17. Dezember 1456 wurde er von Papst Kalixt III. zum Kardinalbischof von S. Sabina und 1457 Fürstbischof von Ermland erhoben; als solcher betonte er nun den Primat des Papstes. Außerdem wurde er im gleichen Jahr Archidiakon von Xanten.

Schon bevor er Papst wurde, sah Piccolomini im Erstarken der Türken die Gefahr der islamischen Expansion. In seinen Hauptwerken Asien und Europa, die er mit einer umfassend angelegten Kosmographie ausstattete, konnte er sein umfangreiches Wissen beweisen. Sein Hauptwerk Asien vollendete er als Papst und seinem zweiten Hauptwerk Europa fehlte nur noch die letzte Durchsicht. In beiden Werken hatte er die Geographie, die Sitten der Völker, die weltliche und kirchliche Geschichte sowie die wirtschaftlichen und sozialen Besonderheiten behandelt. Er bezog auch das byzantinische Reich in sein Europa mit ein. Damit hatte Enea als erster den Kontinent Europa mit ausführlichen inhaltlichen Darstellungen beschrieben. Die klassischen kosmographisch gestützten Werke nutzte Kolumbus bei der Planung seiner Reisen. Seine Werke wurden alsbald gedruckt und in vielen Ausgaben verbreitet.

Piccolomini rief schon vor seiner Zeit als Papst zur Abwehr der Türken auf, die am 23. Mai 1453 Konstantinopel eroberten und Griechenland besetzt hatten. Auf dem Frankfurter Reichstag, den er als kaiserlicher Kommissar leitete, beschwor er in einer dreistündigen Rede am 15. Oktober 1454, eine Art Europa-Armee aufzubauen und führte erstmalig seit der Karolinger-Zeit wieder den Begriff „Europa“ ein, wobei er zusätzlich die Christenheit und „Vaterland“ verwendete.

„Wenn wir die Wahrheit gestehen wollen, hat die Christenheit seit vielen Jahrhunderten keine größere Schmach erlebt als jetzt; denn in früheren Zeiten sind wir nur in Asien und Afrika, also in fremden Ländern geschlagen worden, jetzt aber wurden wir in Europa, also in unserem Vaterland, in unserem eigenen Haus, an unserem eigenen Wohnsitz aufs Schwerste getroffen.“[1]

Pontifikat

Wappen Papst Pius II.

Am 19. August 1458 wurde Enea Silvio Piccolomini in einem dreitägigen Konklave in Rom zum Papst gewählt und am 3. September inthronisiert. In seinen Memoiren erinnerte sich Pius II. mit Abscheu an das abgekartete Spiel im Konklave. Die Wahl seines Papstnamens gilt als Anspielung auf den pio Enea, den ‚frommen Äneas“, von Vergil.

Als Papst war Piccolomini nun ein entschiedener Verfechter des Papalismus und kämpfte für die Entscheidungsgewalt des Papstes in allen kirchlichen und weltlichen Belangen. Hatte man bisher nur die Macht des Christentums in Europa im Blick, so bahnte sich nun die Säkularisierung an, was Piccolomini lange vor seinem Papstamt bewusst war. Dies hat ihn sehr besorgt, denn er wollte die alte päpstliche Machtfülle wieder herstellen. Um Macht ging es auch in der Auseinandersetzung mit Georg von Podiebrad, dem König von Böhmen. Der vorgeschlagene Staatenbund-Plan und die Verweigerung des Obedienzeides bescherten ihm einen großen Streit.[2]

Pius II. baute seine Geburtsstadt Corsignano zur idealen Renaissancestadt um, die sich nach ihm Pienza nennt. Darüber hinaus war er der Stifter der 1460 gegründeten Universität Basel. Durch seine Verwicklung in den „Brixner Streit“ des Philosophen und Kardinals Nikolaus von Kues entfremdete er sich von der Öffentlichkeit in Deutschland.

Tod

Pius II. starb am 15. August 1464 in Ancona bei dem Versuch, ein Heer gegen die Türken aufzustellen.[3] Seine sterblichen Überreste wurden zuerst im Petersdom beigesetzt und 1614 dann in die römische Kirche Sant’Andrea della Valle überführt. Die Fresken von Pinturicchio, eigentlich Bernardino di Betto di Biagio (* um 1454 in Perugia; † 11. Dezember 1513 in Siena) in der Piccolomini-Bibliothek im Dom von Siena zeigen bedeutende Stationen seines Lebenswegs.

Werke

  • Epistolae familiares, Johannes de Westfalia, Louvain 1483 Digitalisat UB Bielefeld
  • Commentarii rerum memorabilium que temporibus suis contigerunt (Lebensbeschreibung)
  • Historia Friderici III. sive Historia Austrialis [1]
  • Commentarii de gestis Concilii Basiliensis
  • Historia Bohemica
  • De ritu, situ, moribus et conditione Germaniae
  • Historia de duobus amantibus (De Euryalo et Lucretia) (Liebesgeschichte von Euryalus und Lucretia) → Novelle
  • Chrysis (Komödie im Stil von Plautus)
  • Epistula ad Mahumetem
  • Asien
  • Europa
  • Zahlreiche Briefe an bedeutende Persönlichkeiten

Literatur

  • Kurt Adel (Hg.): Enea Silvio Piccolomini. Papst und Humanist. Stiasny-Bücherei, Bd. 111, Graz/ Wien 1962 (Eine Auswahl seiner Schriften in Übersetzung, Einleitung von Adel.)
  • Thea Buyken: Enea Silvio Piccolomini. Sein Leben und Werden bis zum Episkopat. Bonn/ Köln 1931.
  • R.H. Foerster: Europa - Geschichte einer politischen Idee. Nymphenburger Verlagshandlung Nr. 785, 1967
  • Heinrich Gottfried Gengler: Ueber Aeneas Sylvius in seiner Bedeutung für die deutsche Rechtsgeschichte. Junge, Erlangen 1860, online.
  • Christopher B. Krebs: Negotiatio Germaniae. Tacitus' Germania und Enea Silvio Piccolomini, Giannantonio Campano, Conrad Celtis und Heinrich Bebel. In Hypomnemata, Bd. 158, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005, ISBN 3-525-25257-9
  • Michael Matheus / Lutz Klinkhammer (Hrsg.): Eigenbild im Konflikt. Krisensituationen des Papsttums zwischen Gregor VII. und Benedikt XV. WBG, Darmstadt 2009, ISBN 978-3-534-20936-1
  • Erich Meuthen: Pius II. In: Krause, Gerhard/Müller, Gerhard (Hg.): Theologische Realenzyklopädie. Bd. 26, Erlangen 1996
  • Marco Pellegrini: Pio II. In: Massimo Bray (Hrsg.): Enciclopedia dei Papi, Istituto della Enciclopedia Italiana, Band 2  (Niccolò I, santo, Sisto IV), Rom 2000, OCLC 313581688 (italienisch)
  • Adolf Schmidt: Enea Silvio Piccolomini: Deutschland. Der Brieftraktat an Martin Meyer. Köln/ Graz 1962
  • M. Sodi, A. Antoniutti: Enea Silvio Piccolomini. Pius Secundus Poeta Laureatus Pontifex Maximus. Libreria Editrice Vaticana, Città del Vaticano 2007, ISBN 978-88-209-7936-2
  • Maria Antonietta Terzoli: Enea Silvio Piccolomini. Uomo di lettere e mediatore di culture. Gelehrter und Vermittler der Kulturen. Schwabe, Basel 2006, ISBN 978-3-7965-2258-1
  • Georg Voigt: Enea Silvio de' Piccolomini, als Papst Pius II., und sein Zeitalter. 3 Bände, Berlin 1856–1863
  • Berthe Widmer, Enea Silvio Piccolomini. Papst Pius II. Basel/ Stuttgart 1960.
  • F.J. Worstbrock: Piccolomini, Aeneas Silvius. (Papst Pius II.), in: Kurt Ruh (Hg.): Die deutsche Literatur des Mittelalters: Verfasserlexikon. Bd. 7, Berlin 1989
  • Konstantin Vogas: Die Stadt als Bühne und Buch. Zur Selbstinszenierung Pius’ II. in der Architektur Pienzas. Avinus, Berlin, ISBN 978-3-930064-58-8
  • Adolf Bachmann: Pius II.. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 26, Duncker & Humblot, Leipzig 1888, S. 206–219.
  • Johannes Helmrath: Pius II.. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, S. 492–494.
  • Hans Heinz: Pius II.. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 7, Herzberg 1994, ISBN 3-88309-048-4, Sp. 659–661.

Film

Einzelnachweise

  1. Europa – Geschichte einer politischen Idee; Seite 86–87
  2. Europa – Geschichte einer politischen Idee; Seite 88–108
  3. Europa – Geschichte einer politischen Idee; Seite 108

Weblinks

 Commons: Pius II – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


Vorgänger Amt Nachfolger
Niccolo II. Aldegardi Bischof von Triest
1447–1450
Ludwig II. von Thurn
Franz Kuhschmalz Bischof von Ermland
1457–1458
Paul von Legensdorf
Kalixt III. Papst
1458–1464
Paul II.

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