Pallywood

Pallywood ist eine im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt als politisches Schlagwort entstandene Bezeichnung für eine Bild- und Filmberichterstattung, bei der Palästinenser mithilfe gestellter Szenen gewaltsame israelische Übergriffe auf die palästinensische Zivilbevölkerung vorgetäuscht haben sollen, um die Weltöffentlichkeit gegen Israel einzunehmen.^[1][2][3][4] Es handelt sich um eine Wortkreuzung nach dem Vorbild von „Bollywood“, wobei der zweite Bestandteil „-(lly)wood“ aus „Hollywood“ abgeleitet ist, der Wortanfang „Pa(lly)-“ aus „Palestine“ (Palästina), „Palestinian“ (Palästinenser) oder „Pally“, einer umgangssprachlich, zumeist geringschätzigen Kurzform für „Palestinian“. Der Begriff ist vorwiegend in der Sprache politischer Internetforen und in Veröffentlichungen zur medialen Darstellung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern verbreitet.

Ursprung des Ausdrucks

Der Begriff „Pallywood“ erschien zunächst im Jahr 2002 in einem Usenet-Forum^[5]; allgemeine Bekanntheit erlangte er aber erst durch die 2005 online veröffentlichte 18minütige Dokumentation Pallywood: According to Palestinian Sources^[6] von Richard Landes, Professor für mittelalterliche Geschichte an der Boston University.

In seinem Dokumentarfilm Pallywood sowie weiteren Videos und Texten, in denen er den Ausdruck verwendet, erhebt Landes anhand von Filmmaterial, das von palästinensischen Kameraleuten und UAVs der israelischen Armee stammt, den Vorwurf, dass die Berichterstattung in den Medien von palästinensischer Seite systematisch manipuliert werde und westliche Fernsehsender palästinensisches Material zu unkritisch verwendeten. Dies sei schon seit dem Libanonkrieg 1982 zu beobachten.^[7] Unter anderem bezieht er sich – als ein besonders folgenreiches Beispiel – auf den Fall des palästinensischen Jungen Muhammad al-Durrah, über dessen Tötung durch israelische Soldaten im Gazastreifen am 30. September 2000, zu Beginn der Al-Aqsa Intifada, weltweit berichtet wurde. Die von dem palästinensischen Kameramann Talal Abu Rahme gedrehten Aufnahmen wurden vom französischen Sender France 2 ausgestrahlt und hatten scharfe Kritik am Vorgehen der israelischen Streitkräfte zur Folge.

Richard Landes stellt die Authentizität des Filmmaterials in Frage. Er behauptet, der Vorfall sei von palästinensischer Seite inszeniert worden und bezweifelt, dass Muhammad al-Durrah überhaupt erschossen wurde.^{[8][3][9][10][11][12] [13][14][15]} Eine ähnliche Position wird in einer Stellungnahme vertreten, die das Büro des israelischen Premierministers Ehud Olmert am 2. Oktober 2007, sieben Jahre nach dem Vorfall, abgab, und in der es heißt, die damaligen, für die zweite Intifada symbolkräftigen Bilder des Jungen mit seinem Vater seien zum Schaden des Staates Israel „offensichtlich inszeniert“ worden. Der palästinensische Kameramann, der die Aufnahmen für France 2 gemacht hatte, blieb hingegen bei seiner Darstellung.^[16] In einem Prozess vor einem Pariser Berufungsgericht wurde 2008 die Aussage des französischen Medienkritikers Philippe Karsenty, es handele sich bei dem Bericht von France 2 um eine gestellte Inszenierung, für rechtens erklärt.^{[17] [18]} Das Gericht bezog sich ausdrücklich auf Landes' Stellungnahme, äußerte Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Kameramanns und sprach, entgegen der Vorinstanz, Karsenty vom Vorwurf strafwürdiger Verleumdung frei.^[19][20]

Nach der von R. Landes auf diesen Fall bezogenen These würden palästinensische Kameramänner insbesondere dann, wenn keine westlichen Zeugen vor Ort seien, systematisch Gewaltszenen nachstellen, um die Zuschauer zugunsten der Palästinenser zu beeinflussen und um den Medienkrieg zwischen Israel und den Palästinensern zu gewinnen.

Weitere Verwendung

Seit Landes' Dokumentation veröffentlicht wurde, benutzten die Medien den Ausdruck häufiger. Der israelische Nachrichtensender Arutz Sheva behauptete 2006, dass das Wort "Pallywood" ein üblicher Ausdruck geworden sei, genauso wie "Infotainment", um die Medienberichterstattung des arabisch-israelischen Konflikts darzustellen.^[21] Das Mackenzie Institute for the Study of Terrorism, Revolution and Propaganda, ein regierungsunabhängiger, kanadischer Think-tank, schrieb, dass unter Beachtung "einer langen Geschichte von Kamerainszenierungen […] der zynische Name 'Pallywood' von Journalisten verständlich wird, die einst durch die palästinensischen Nachrichtenagenturen betrogen wurden."^[22] Im deutschen Sprachraum wird der Begriff unter anderem von Dirk Maxeiner ^[23] und Esther Schapira^[24] verwendet.

Einzelnachweise

1. ↑ Carvajal, Doreen. "The mysteries and passions of an iconic video frame", International Herald Tribune, Monday, February 7, 2005.
2. ↑ Poller, Nidra. "Al-Dura: The Trial", PoliticsCentral, September 13, 2006.
3. ↑ ^{a b} Cambanis, Thanassis. "Some Shunning The Palestinian Hard Stance." The Boston Globe, September 6, 2005
4. ↑ Schmitz, Thorsten. "Der Krieg der Bilder", Sueddeutsche Zeitung, June 16, 2006.
5. ↑ "French Election Upset", rec.arts.sf.fandom, May 15, 2002.
6. ↑ Landes, Richard. Pallywood, According to Palestinian Sources (Windows Media Video), SecondDraft.org.
7. ↑ Landes, Richard. "Pallywood: History", SecondDraft.org.
8. ↑ James Fallows: Wer erschoss Mohammed al-Dura?. In: Die Weltwoche, Ausgabe 29/03. Abgerufen am 21. Juli 2009. 
9. ↑ "Al-Durah: What happened?", Second Draft.
10. ↑ "Film Focus: HR in Hollywood and 'Pallywood'", Honestreporting.com.
11. ↑ Gelernter, David. "When pictures lie", Los Angeles Times, 2005.
12. ↑ "Photo of Palestinian Boy Kindles Debate in France, The New York Times, February 7, 2005.
13. ↑ Esther Schapira, Redakteurin des Hessischen Rundfunks, stellt die Mord-These in Frage. ARD deckt Fälschung im Fall Mohammed Al-Durah auf
14. ↑ J.A./hie.: Lebt Mohammed al-Dura?. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Ausgabe 3. März 2009. Abgerufen am 3. März 2009. 
15. ↑ Jürg Altwegg: Frankreichs Journalisten stützen eine Fälschung. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Ausgabe 3. März 2009. Abgerufen am 3. März 2009. 
16. ↑ http://www.nai-israel.com/default.aspx?tabid=179&nid=14190
17. ↑ Durand-Souffland, Stéphane, « France 2 blanchie pour l'image choc de l'intifada ». Le Figaro, octobre 20, 2006.
18. ↑ Robert-Diard, Pascale, « Reportage enfant Palestinien ; Charles Enderlin et France 2 gagnent leur procès », Le Monde, 20 octobre, 2006.
19. ↑ http://online.wsj.com/article/SB121183757337520921.html
20. ↑ [1] Urteilstext Arrêt de la Cour d'Appel de Paris du 21 mai 2008 relaxant Philippe Karsenty
21. ↑ "There's Something About Qana," Arutz Sheva (Channel 7), Israel, August 3, 2006.
22. ↑ Lies, Damned Lies and Footage, The Mackenzie Institute, Newsletter July, 06.
23. ↑ Maxeiner, Dirk: „BKA, Beirut, Babelsberg“, 2. September 2006
24. ↑ Schapira, Esther: „Made in Pallywood“, 18. Juni 2008

Weblinks

• Micha Bar-am: Viele Bilder lügen in Zeit Online, 11. Mai 2008 (abgerufen 30. Juni 2009)