Palmarianisch-Katholische Kirche

Palmarianisch-Katholische Kirche

Die Palmarianisch-Katholische Kirche oder auch Heilige, katholische und apostolische palmarianische Kirche ist eine von Clemente Domínguez y Gómez gegründete religiöse Gemeinschaft, welche sich – nach der als Verfall angesehenen Entwicklung der römisch-katholischen Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil – als einzig verbliebener Rest der wahren katholischen Kirche betrachtet. Seitens der römisch-katholischen Kirche wird sie hingegen als schismatische und häretische Sekte bzw. apparitionistische Kirche angesehen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Marienerscheinungen von Palmar de Troya

Die palmarianisch-katholische Kirche beruft sich auf eine Marienerscheinung des Jahres 1968 im südspanischen Palmar de Troya (bei Sevilla). Dort sei mehreren jungen Mädchen und Buben die Jungfrau Maria erschienen. 1969 besuchte Clemente Domínguez den Ort der Erscheinung, wo ihn eine göttliche Vision überkommen habe. Ab 1970 geschahen nach seinen Angaben an ihm verschiedene Wunder und Stigmatisationen. Diese wurden allerdings bei näheren Untersuchungen sehr in Zweifel gezogen, da das dabei vergossene Blut nicht mit der Blutgruppe von Clemente Domínguez übereinstimmte. Wichtiger Punkt in den Botschaften der Erscheinung war die Behauptung „Mariens“, dass Paul VI. – von der Bewegung (und späteren Palmarianisch-katholischen Kirche) als „Märtyrer-Papst“ verehrt – von einer Kardinalsverschwörung eingesperrt und unter Einfluss von Drogen gehalten wurde.

Bis zur Gründung der palmarianisch-katholischen Kirche

1970 gründete Clemente Domínguez den »Orden der Karmeliter vom Heiligen Antlitz«. Im Jahr 1975 wurde er (gemeinsam mit anderen seiner Anhänger) vom emeritierten Erzbischof von Huế (Vietnam) und damaligen Titularerzbischof von Bulla Regia, Pierre Martin Ngo Dinh Thuc, zum Priester geweiht. Bereits zehn Tage im Jahr 1976 später erfolgte seine Konsekration zum Bischof, gemeinsam mit Manuel Corral (seinem mittlerweiligen Nachfolger) und drei älteren römisch-katholischen Priestern, Camilo Estevez Puga de Maside (Diözesanpriester aus Spanien; mittlerweile verstorben), Michael Thomas Donelly (Diözesanpriester aus Irland; aus der palmarianisch-katholischen Kirche ausgetreten, mit dem Hl. Stuhl versöhnt und verstorben) und Francis Bernard Sandler (Benediktiner-Pater aus den USA; noch am Leben, in Palmar). Sämtliche in der Folge in der palmarianisch-katholischen Kirche erteilten Priester- und Bischofsweihen leiten sich von dieser Bischofskonsekration durch Erzbischof Ngo Dinh Thuc ab.

1976 erblindete Clemente infolge eines Autounfalls und nannte sich – nach seinen Angaben damit einer Eingebung Marias folgend – nunmehr Bischof Fernando. Papst Paul VI. exkommunizierte nach den Bischofsweihen 1976 Erzbischof Ngo Dinh Thuc und die fünf von ihm zum Bischof geweihten Männer. Ngo Dinh Thuc kam aber schon kurz nach den Weihen zur Schlussfolgerung einen „großen Fehler“ gemacht zu haben, obwohl in gutem Glauben. Er wurde davon überzeugt, dass die Erscheinungen doch nicht authentisch gewesen waren. Erzbischof Ngo Dinh Thuc bat um Vergebung und empfing die Lossprechung sowie die Aufhebung der Exkommunikation und der kirchlichen Strafen.

Als Papst Paul VI. am 6. August 1978 verstarb, ließ sich Bischof Fernando von seinen Kardinälen aufgrund einer neuen Vision zum Papst Gregor XVII. krönen. Er bezeichnete sich als das neue Haupt der Kirche, als "Pontifex von Palmar de Troya" und als Patriarch von Palmar de Troya und des Westens. Den Heiligen Stuhl habe Gott von Rom nach Palmar verlegt.

Die Amtszeit Gregors XVII.

Seine schon 1969 begonnene Polemik gegen die Hierarchie der römisch-katholischen Kirche, die er als dem Modernismus, dem Satan, der Freimaurerei und dem Kommunismus verfallen betrachtete, setzte er nach seiner Inthronisation als Papst von Palmar fort. Nach Clemente Domínguez hörte die göttliche Rechtleitung der Päpste von der Stadt Rom aus, mit dem Tod von Papst Paul VI. (1963–1978) – dem "Märtyrer-Papst" – zu bestehen auf. Die Palmarianische Kirche behauptet – wie generell die Erscheinungen in Palmar seit 1968 es alle tun, dass Papst Paul VI. während seines Pontifikats von einer vatikanischen Verschwörergruppe unter Drogen gesetzt und so seiner effektiven Herrschaftsausübung beraubt worden sei. Paul VI. wird somit von der Palmarianisch-katholischen Kirche als Märtyrer und Heiliger verehrt, da er Opfer von bösen Kräften gewesen sei - nach Ansicht der Palmar-Kirche.

Von der offiziellen römisch-katholischen Kirche wurden Clemente Domínguez (Gegenpapst Gregor XVII.) und die von ihm geweihten Priester, Bischöfe und Kardinäle 1983 nochmals exkommuniziert. Am 22. März 2005 starb Clemente Domínguez völlig überraschend während einer von ihm zelebrierten Messe. Seine Anhänger sehen dadurch seine seinerzeitige, in der Folge mehrfach wiederholte Prophezeiung, er werde „auf Calvaria“ sterben (was bis dahin auf eine apokalyptisch motivierte Rückkehr des palmarianischen Gegenpapstes ins Heilige Land gedeutet wurde), als erfüllt an, da in römisch-katholischer Symbolik der Platz des Altares in der Messe als Repräsentation von „Calvaria“ (also dem Ort der Kreuzigung Jesu Christi) angesehen wird. Unter Clemente kam es zu einer Neubearbeitung der Bibel nach palmarianischem Duktus. Diese sogenannte „Blaue Bibel“ oder „Blaues Buch“ war Anlass zu einer größeren Spaltung. Wer nicht bereit war, seine herkömmliche Bibel zu verbrennen oder zu vernichten, wurde mit der Exkommunikation bedroht, die auch oft ausgesprochen wurde. Aus dieser Krise entstand die Dissidentenbewegung um den Ort Archidona, die sozusagen die palmarianischen Sedisvakantisten bilden. Mit der Neuherausgabe der palmarianischen Bibel sei Clemente in die Häresie gefallen und deswegen dürfe man ihm und seinen Nachfolgern so lange nicht folgen, bis dieser Schritt rückgängig gemacht wurde. Anscheinend haben sich mehrere Messzentren, auch im deutschen Raum nach diesem Schritt von der offiziellen palmarianischen Kirche gelöst.

Die Amtszeit Petrus II.

Nach dem Tod von Gegenpapst Gregor XVII. (Clemente Domínguez) trat sein (von ihm designierter) Nachfolger, der bisherige „Kardinalstaatssekretär“ der Palmarianisch-Katholischen Kirche, Manuel Corral (genannt „Kardinal Isidor Maria“), der den Papstnamen Petrus II. annahm, an die Spitze der Gemeinschaft. Ob die Palmarianisch-Katholische Kirche, welche ihren relativen „Erfolg“ zu einem großen Teil der charismatischen und 'mystischen' Leitung durch Clemente Domínguez verdankte, diesen Wechsel an der Spitze unbeschadet überstehen wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. Nach dem Amtsantritt Petrus II. kam es zu der Aufforderung, alle Schriften Gregors XVII. zu vernichten, um frei zu werden für die neuen Enzykliken und Lehren. Wohin dieser Schritt führt, ist noch unklar. Relativ rasch wurden die ohnehin schon rigiden Bestimmungen zum Umgang mit Nichtpalmarianern verschärft. Es ist Palmarianern nun nicht mehr erlaubt, mit Nichtpalmarianern zu reden. Dies hat zum Teil katastrophale Auswirkungen auf Familien (vgl. die Aussteigerseite www.palmardetroya.org). Gegenpapst Petrus II. starb am 15. Juli 2011.[1]

Lehre

Die palmarianische Kirche verfolgte zunächst einen vorkonziliaren Kurs in Sachen überlieferte lateinische Liturgie und Theologie, der später jedoch manche radikale Änderungen durch das Heilige und Große Konzil von Palmar erfuhr. Sie reaktivierte zunächst die tridentinische Messfeier unter Zurückweisung der nach dem II. Vatikanischen Konzil (1962–1965) erfolgten Liturgiereform (1969). Nichtsdestoweniger wurde ein Verharren im so genannten Tridentinischen Ritus abgelehnt und ein - diesem Ritus allerdings teilweise angelehnter - eigener, neuer Messritus geschaffen in dem mehrere mystische sowie moderne Elemente enthalten sind. Eingeweihte sagen, dass nur ein Bruchteil der hl. Messe übriggeblieben sei, fast nur bestehend aus den Wandlungsworten. Grundlage der palmarianischen Lehre ist das ""Credo von Palmar",[2] zumindest war es das unter Gregor XVII. so. Einige wichtige Unterschiede zur herkömmlichen katholischen Lehre sind:

  • Maria wurde nicht durch Essenz, sondern durch Gnade in einen gottgleichen Rang erhoben
  • Maria hat ein Priestertum inne, dass unter dem Priestertum Christi, aber höher als das Amtspriestertum ist
  • In der Hostie ist neben Jesus auch Maria, und zwar in kniender Gestalt gegenwärtig
  • In der Priesterweihe vermählt sich der Priester mit Maria
  • Neben Maria gibt es auch noch andere Wesen, die ohne Erbschuld geboren werden und auf einem „Planeten Maria“ wohnen
  • es wird nicht nur ein Antichrist erwartet, sondern auch eine Anti-Maria
  • Wie Maria wurden auch Anna und Joachim im Hinblick auf den Tod Jesu vorgeheiligt

Mittelpunkt der palmarianischen Kirche bildet die Gottesmutter Maria. Sie ist die Spenderin aller Gnaden, Miterlöserin und Königin des Himmels und der Erde. In der Eucharistie (Messfeier) ist auch sie gegenwärtig mit Leib und Blut, nach einem palmarianischen Dogma. Diese Gedanken wären nach den Anhängern der Palmarianischen Kirche vielfach den (Privat-)Offenbarungen an die Ehrw. Maria von Agreda (veröffentlicht in deren Hauptwerk Die geheimnisreiche Stadt Gottes. Geschichte des Lebens der heiligsten Jungfrau Maria, wie sie der ehrwürdigen Klosterjungfrau Maria von Agreda geoffenbart wurde, Madrid 1670) entnommen bzw. aus diesen weiterentwickelt. Der schon 1673 in Rom eingeleitete Seligsprechungsprozess für die spanische Äbtissin und Visionärin ist in der römisch-katholischen Kirche noch nicht abgeschlossen, von der palmarianisch-katholischen Kirche wird sie jedoch als Heilige und sogar Kirchenlehrerin verehrt. Auch der Heilige Joseph gilt als universeller Miterlöser; er wurde nach der Lehre der palmarianischen Kirche beim Tode Jesu auferweckt und in den Himmel aufgenommen mit Leib und Seele. Die palmarianische Kirche erwartet die Wiederkunft Christi vor dem Jahr 2015, der ein interplanetarischer Krieg vorausgehe, so das Lehramt von Palmar de Troya. Auf Grund verschiedener Neuerungen in letzter Zeit ist anzunehmen, dass das ehemals grundlegende „Credo von Palmar“, das auf dem palmarianischen Konzil beschlossen wurde, mit neuen Lehren erweitert wurde. So wird neben der Inkarnation des Sohnes nun auch von einer Inkarnation des Vaters und des Geistes in alttestamentlicher Zeit ausgegangen (vgl. erneuertes palmarianisches Gebetbuch und erneuertes palmarianisches Credo)

Die palmarianische Kirche vertritt den Standpunkt, dass das Heil nur in ihr gegeben sei. Die Gläubigen sind gefordert, sich vollumfänglich dem Papst (Gegenpapst) und Patriarchen von Palmar de Troya zu unterwerfen und mit der offiziellen römisch-katholischen Kirche und dem Vatikan zu brechen. Außerdem haben sie sich an strenge Lebensregeln zu halten (Röcke für Frauen, kein Radio, kein Fernsehen, keine Zeitschriften etc.).

Organisation

Kathedrale der Palmarianisch-Katholischen Kirche in Palmar de Troya

Ihren Sitz hat die Kirche in Palmar de Troya. Von hier aus erfolgte der Aufbau einer Diözesanstruktur auf internationaler Ebene. Weltweit werden maximal etwa 10.000 Mitglieder geschätzt. Zentren besitzt die Kirche auch in Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Auch in Kolumbien (wo sich Clemente Domínguez y Gómez zum Papst ausrufen ließ), bestehen Gemeinden. Dem engeren inneren Kreis gehören mehrere Brüder, Schwestern und etwa sechzig Priester an.

Abspaltungen

Von der Palmarianisch-Katholischen Kirche haben sich – u.a. aus lehrmäßigen Differenzen – mehrere Gruppen abgespalten: in Deutschland eine sog. Erzbruderschaft St. Michael in München (die nicht mit der 1931 gegründeten evangelischen Michaelsbruderschaft oder der tridentinischen Kirche St. Michael zu verwechseln ist) und die so genannte „Erzdiözese Konstanz“. In Spanien existiert eine Dissidentenbewegung in Málaga.

Einzelnachweise

  1. www.abc.es/20110721/sociedad/abci-papa-palmar-troya-201107202347.html
  2. Das Credo von Palmar (Archivversion vom 4. Oktober 2003) auf www.geocities.com (im Internet Archive)

Weblinks

 Commons: Palmarian Catholic Church – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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