Panchen Rinpoche

Panchen Rinpoche
Tibetische Bezeichnung
Tibetische Schrift:
པན་ཆེན་བླ་མ་
Wylie-Transliteration:
pan chen bla ma
Aussprache in IPA:
[pɛ̃tɕʰẽ lama]
Offizielle Transkription der VRCh:
Bainqên Lama
THDL-Transkription:
Penchen Lama
Andere Schreibweisen:
Panchen Lama, Pänchen Lama, Pantschen Lama
Chinesische Bezeichnung
Traditionell:
班禪喇嘛
Vereinfacht:
班禅喇嘛
Pinyin:
Bānchán Lǎma

Der Panchen Lama, eigentlich Panchen Rinpoche (tibetisch für „großes Gelehrtenjuwel“), ist ein einflussreicher, spiritueller Lehrer des Gelugpa-Ordens und damit eine hohe Autorität im tibetischen Buddhismus. Er spielt eine Rolle bei der Anerkennung der Reinkarnation des Dalai Lama, sein hohes Ansehen beruht auf dem Lehrer-Schüler-Verhältnis zu diesem.

Inhaltsverzeichnis

Ursprung

Viele Lamas sind gemäß der buddhistischen Tradition in Tibet Wesen, welche bewusst wiedergeboren wurden, um den fühlenden Wesen zu helfen. Solche Lamas werden Tulku genannt. Die Institution des Panchen Lama wurde im 17. Jahrhundert in Tibet eingeführt. Der Titel steht im Zusammenhang mit dem bedeutenden und angesehenen buddhistischen Lehrer Lobsang Chökyi Gyaltsen, dem Vorsteher des Klosters Tashi Lhunpo und Lehrer des 4., Yonten Gyatso, und 5. Dalai Lama. Nach dessen Tod im hohen Alter von 92 Jahren erkannte der 5. Dalai Lama (Ngawang Lobsang Choegyen) die große Bedeutung seines Lehrers und erklärte, dass dieser als Reinkarnationen als Panchen Lama seine spirituelle Arbeit in Tibet fortsetzen würde. Rückwirkend wurden drei weitere tibetische Gelehrte als Vorgeburten identifiziert, so dass Lobsang Chökyi Gyaltsen der 4. Panchen Lama genannt wird.

Der Panchen Lama gilt als Reinkarnation des Buddha Amitabha, des Buddha des Unermesslichen Lichts.

Aktuelle Kontroverse

Der aktuelle Inhaber des Titels des 11. Panchen Lama ist nach Auffassung vieler Tibeter Gedhun Choekyi Nyima (* 25. April 1989), Nachfolger von Choekyi Gyaltsen. Anerkannt wurde er im Alter von 6 Jahren am 14. Mai 1995 durch den derzeitigen 14. Dalai Lama. Drei Tage später wurde er von chinesischen Sicherheitskräften mitsamt seiner Familie aus Tibet entführt. Erst ein Jahr danach behauptete die chinesische Führung, den Jungen „auf die Bitte seiner Eltern“ hin in Obhut genommen zu haben, denn „seine Sicherheit sei bedroht und er liefe sonst Gefahr, von Separatisten gekidnappt zu werden“.

Bisher wurde jegliche Kontaktaufnahme von außen durch internationale Organisationen seitens der chinesischen Regierung abgelehnt, sein derzeitiger Aufenthaltsort und Zustand und der seiner Familie ist somit weiterhin unbekannt.

Am 8. Dezember 1995 ernannte die chinesische Regierung – obwohl sie selbst religiöse Positionen ablehnt und ein Dalai Lama die einzige religiöse Autorität ist, die eine Wiedergeburt anerkennen kann – nach einem Ritus aus dem 18. Jahrhundert und mit Zustimmung eines Teils des tibetischen Klerus einen anderen Knaben namens Gyaincain Norbu zum offiziellen Panchen Lama. Es gibt Vermutungen, dass die chinesischen Machthaber diesen Titel zu politischen Zwecken gebrauchen und sich einen Einfluss auf die Auswahl der nächsten Reinkarnation des Dalai Lama sichern wollen. Von vielen Tibetern wird dieser eingesetzte Panchen Lama jedoch nicht anerkannt. In den meisten Klöstern in Tibet selbst sieht man zwar Bilder des 10., nicht jedoch des umstrittenen 11. Panchen Lama.[1] Gyaincain Norbu wurde nicht im Zhaxilhünbo-Kloster in Xigazê, dem traditionellen Sitz des Panchen Lamas, erzogen, sondern studierte in Peking.[2] Immer wieder gab es Gerüchte über den Tod von Gedhun Choekyi Nyima. Zum Beispiel hieß es, der Junge wäre im Gefängnis in Gansu gestorben und sein Körper wäre eingeäschert.[3] Über den augenblicklichen Verbleib des inzwischen Volljährigen gibt es unterschiedliche Informationen und Unklarheit.[4] Asma Jehangir, UN-Sonderberichterstatterin für Religions- und Glaubensfreiheit, bekam am 7. September 2005 mitgeteilt, dass Gedhun Choekyi Nyima eine "weiterführende Schule" besuche. Er führe ein "normales und glückliches Leben". Diese Auskunft der chinesischen Behörden kann nach wie vor nicht von unabhängigen Beobachtern bestätigt werden.[5]

2004 besuchte Gyaltsen Norbu ein Kloster nahe Kumbum. Der von China eingesetzte Panchen Lama erkannte schnell, dass er keinen Mönchen sondern verkleideten Sicherheitskräften gegenüber stand. Laut der exiltibetischen Zeitschrift "Tibet Times Newspaper" traf er kurz darauf die Mutter des 10. Panchen Lama. Sie erklärte ihm die Gründe, warum er unter der Bevölkerung so unpopulär sei. Danach fragte sie ihn, ob er sich als legitime Inkarnation ihres verstorbenen Sohnes ansehe. Gyaltsen Norbu hat diese Frage spontan verneint.[6] Auch bei einem Besuch am 17. Oktober 2003 besagen Gerüchte, dass die chinesische Regierung den Mönchen in Kumbum je 10 Yuan gegeben hätten, falls sie sich vor Gyaltsen Norbu zu Boden werfen.[7]

Liste der Panchen-Lamas

Offizielle Transkription der VRCh Lebenszeit Bild Wylie-Transliteration

andere Schreibweise(n)

1. Khaichub Gêlêg Baisangbo 1385–1438[8]
mkhas grub dge legs dpal bzang po Khedup Gelek Pelsang, Khedrup Gelek Pal Sangpo
2. Soinam Qoigyi Langbo, Soinam Qoilang 1438–1505
bsod nams phyogs kyi glang po, bsod nams phyogs glang Sonam Chökyi Langpo, Sonam Choklang, Sonam Chöklang, Sonam Tschoklang
3. Wênsawa Lobsang Toinchub 1505–1568[8]
dben sa pa blo bzang don grub Wensa Lobsang Dhondup, Lobsang Dondup Wensawa
4. Lobsang Qoigyi Gyaicain 1570–1662
blo bzang chos kyi rgyal mtshan Lobsang Chökyi Gyaltsen, Lobsang Tschökyi Gyaltsen
5. Lobsang Yêxê 1663–1737
blo bzang ye shes Lobsang Yeshi, Lobsang Yeshe
6. Baidain Yêxê 1738–1780
dpal ldan ye shes Palden Yeshi, Palden Yeshe
7. Dainbai Nyima 1782–1853 bstan pa'i nyi ma Tenpe Nyima
8. Dainbai Wangqug 1854/1855–1882 bstan pa'i dbang phyug Tenpe Wangchuk
9. Tubdain Qoigyi Nyima, Gêlêg Namgyai 1883–1937[8] thub bstan chos kyi nyi ma, chos kyi nyi ma dge legs rnam rgyal Thubten Chökyi Nyima
10. Chinlai Lhünchub Qoigyi Gyaicain 1938–1989[9] phrin las lhun grub chos kyi rgyal mtshan Trinley Choekyi Gyaltsen (Choekyi Gyaltse), Chökyi Gyaltse
11. Gedhun Choekyi Nyima[10] 1990– rgyal mtshan nor bu Gyaltsen Norbu

Literatur

deutsch
  • Isabel Hilton: Die Suche nach dem Panchen Lama. Auf den Spuren eines verlorenen Kindes. 2. Auflage. Piper, München und Zürich 2003, ISBN 3-492-23629-4.
englisch
  • Melvyn C. Goldstein: A History of Modern Tibet, 1913–1951. University of California Press, 1991, ISBN 0-520-07590-0
  • Melvyn C. Goldstein: The Snow Lion and the Dragon: China, Tibet, and the Dalai Lama. University of California Press, 1997, ISBN 0-520-21951-1
  • Ya Hanzhang: Biographies of the Tibetan spiritual leaders Panchen Erdenis. Foreign Languages Press, Beijing 1994, ISBN 7-119-01687-3.
  • Gilles Van Grasdorff, Hostage of Beijing: The Abduction of the Panchen Lama, Thorsons, 1999, ISBN 978-1-86204-561-3

Einzelnachweise

  1. http://news.bbc.co.uk/2/hi/asia-pacific/4551425.stm
  2. http://www.guardian.co.uk/world/2003/sep/08/china.worlddispatch
  3. http://www.panchenlama.info/panchen_lama_abduction_facts.htm
  4. http://www.igfm-muenchen.de/tibet/Reports/PanchenLama.html
  5. http://www.savetibet.org/de/news/news.php?id=69
  6. http://www.tibet-initiative.de/frames.html?Seite=/Kap9/9-2/Kap9_2-265.html
  7. http://www.tibetfocus.com/gm/archives/00000152.html
  8. a b c Rückwirkend anerkannt.
  9. Lobsang Chinlai Lhünchub Qoigyi Gyaicain wurde 1944 von der Entourage des aufgrund eines innenpolitischen tibetischen Konfliktes in den 1920er Jahren nach China geflüchteten 9. Panchen Lamas proklamiert aber erst unter chinesischem Druck 1950/51 von Lhasa anerkannt.
  10. Die offizielle, tibetische und vom Dalai Lama anerkannte Inkarnation Gêdün Qoigyi Nyima wurde von der chinesischen Regierung 1995 entführt und ist seither verschollen. Die chinesische Regierung schrieb an seiner Stelle Gyaincain Norbu als Inkarnation des 11. Panchen Lama vor und behauptete, Gêdün „zum Schutz vor Entführungen aus Tibet verbracht zu haben“. Seit 1995 gibt es kein Lebenszeichen mehr von ihm und seiner Familie.

Weblinks


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