- Paukarzt
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Ein Paukarzt ist ein Arzt (früher ab und an ein Medizinstudent im höheren Semester), der die Studenten während der Mensur, dem akademischen Fechten mit scharfen Waffen, medizinisch betreut.
Aufgaben
Da beim akademischen Fechten – anders als beim Sportfechten – mit scharfen Waffen gefochten wird, gelten blutende Verletzungen im Kopfbereich in den meisten Fällen nicht als Unfälle, sondern als reguläre Treffer, auch wenn sie nicht bei jeder Mensur vorkommen. Deshalb ist die Anwesenheit mindestens eines Arztes – je nach Comment – während der Mensur vorgeschrieben. Der Paukarzt braucht nicht Mitglied einer Studentenverbindung zu sein. Der Tübinger Paukarzt Dr. Krauß erhielt Ende der 1880er Jahre pro Pauktag etwa 600 Reichsmark.[1]
Nach jedem offiziell festgestellten Treffer untersucht der Paukarzt den getroffenen Paukanten, um zu entscheiden, ob die Partie fortgeführt werden kann. Der Paukarzt kann jede Partie jederzeit aus medizinischen Gründen abbrechen („medizinische Abfuhr“). Hierin besteht eine gewisse Parallele zum Ringarzt beim Boxen, der die Boxer auf Kampfunfähigkeit untersuchen darf und den Abbruch des Kampfes anordnen kann.
Nach der Partie versorgt der Paukarzt den oder die verletzten Paukanten, in der Regel durch Nähen der Kopfwunden. Das entsprechende medizinische Besteck ist dafür an Ort und Stelle vorhanden, genäht wird meist in einem speziellen Nebenraum des Pauklokals, im verbindungsstudentischen Jargon auch „Flickraum“ genannt.
Als der berühmteste Paukarzt aller Zeiten gilt Friedrich Immisch (1826–1892), Alter Herr im Corps Guestphalia Jena, der ab 1849 über 36 Jahre lang die Mensuren der Heidelberger Corps und Burschenschaften betreute. Dabei fungierte er bei über 12.000 Mensuren als Paukarzt. Immisch führte einige Neuerungen bei der Behandlung von Mensurverletzungen ein. Er gilt auch als der Erfinder der Paukbrille, einer wichtigen Vorrichtung zum Schutz der Augen, die bis heute in Gebrauch ist.
Einzelnachweise
- ↑ Einst und Jetzt, Bd. 35 (1990), S. 23
Literatur
- Friedrich Immisch: Ueber das „Pauken“ und die bei der Behandlung der „Schmisse“ eintretenden sowie die schnelle Heilung der Wunden hindernden Störungen. Bangel & Schmitt, Heidelberg 1885.
- Peter Hauser: Schmisse, Lappen, Knochensplitter – Über das Paukarztwesen im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung von Heidelberg. In: Einst und Jetzt, Jahrbuch des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung e.V. 50, 2005, ISSN 0420-8870, S. 225–243.
- Peter Hauser (Hrsg.): Schmisse, Lappen, Knochensplitter – Paukärztliche Schriften des 19. Jahrhunderts. 2. Auflage. WJK-Verlag, Hilden 2005, ISBN 3-933892-91-0.
- Peter Hauser: Vom Paukanten zum Patienten. Weitere Paukärztliche Schriften des 19.Jahrhunderts. WJK-Verlag, Hilden 2007, ISBN 3-933892-18-X.
- Peter Hauser: Hat ein Schmiss gesessen… Fünf Doktorarbeiten zum Thema Mensurverletzungen. WJK-Verlag, Hilden 2008, ISBN 3-933892-09-0.
- Konrad Purrucker: Die Chirurgie des Mensurbodens. WJK-Verlag, Hilden 2005, ISBN 3-933892-31-7.
Kategorien:- Mensur
- Studentisches Brauchtum und Ritual
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