- Paul Morphy
-
Paul Charles Morphy (* 22. Juni 1837 in New Orleans, Louisiana; † 10. Juli 1884 ebenda) war ein US-amerikanischer Schachspieler des 19. Jahrhunderts und der stärkste Spieler in den Jahren 1858 und 1859.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Morphy galt als Schach-Genie, nachdem er schon im Alter von zwölf Jahren nicht nur eine beachtliche Spielstärke erreicht hatte, sondern überdies blind, also ohne Ansicht des Brettes, zu spielen verstand. Erlernt hatte er das Schachspiel von seinem Vater Alonzo und seinem Onkel Ernest Morphy. 1855 begann Morphy das Studium der Rechte in Louisiana, das er bald mit einem Diplom abschloss. Er durfte jedoch noch nicht als Advokat praktizieren, da er nach dem Recht seines Heimatstaates noch nicht volljährig war. Auch während seines Studiums hatte Morphy das Schach nicht vernachlässigt, und nun hatte er ausreichend Zeit zum Spiel. Er schlug die amerikanischen Meister in beachtlicher Weise, zum Teil sogar in Vorgabepartien.
1857 gewann er den ersten Preis im Schachturnier von New York und ging 1858/1859 auf eine Europareise, auf der er sämtliche Gegner schlug, die in London und Paris gegen ihn antraten, darunter auch den deutschen Meister Adolf Anderssen. Einzig der englische Meister Howard Staunton verweigerte ihm einen Wettkampf. Auf seiner Reise begleitete ihn Frederick Milnes Edge, ein Journalist des New York Herald, als Privatsekretär. Edge veröffentlichte später ein Buch, das eine wichtige Quelle über Morphy darstellt. Als Morphy 21 Jahre alt geworden war, versuchte er, sein Geld als Anwalt zu verdienen, womit ihm aber kein Erfolg beschieden war: Die Öffentlichkeit sah in ihm nur das Schachgenie und wollte dieses Bild auch nicht ändern. Morphy zog sich 1867 ganz vom Schachspiel zurück und begann das Spiel sogar zu hassen. Der Psychoanalytiker Ernest Jones, der 1931 einen Aufsatz über Morphy verfasste,[1] glaubte die Ursachen für dessen Neurose in Stauntons schroffer Ablehnung der Person Morphys gefunden zu haben. Als der spätere Weltmeister Wilhelm Steinitz Morphy kennenlernen wollte, war dieser zu einer Begegnung nur unter der Bedingung bereit, dass dabei nicht über Schach gesprochen werde.
Der völlig vereinsamte und dann auch geistesgestörte Morphy starb am 10. Juli 1884 im Alter von nur 47 Jahren in seiner Heimatstadt.
Die Vorzüge seiner Spielweise bestanden in möglichst schneller Figurenentwicklung, in energischem Tempospiel und im Festhalten der Initiative bei Angriffsführungen. Seine höchste historische Elo-Zahl betrug 2824.[2]
Morphys Spielweise zeigt sich beispielhaft in seiner berühmten Partie (→ Morphy – Karl von Braunschweig und Graf Isouard, Paris 1858), die er als Weißspieler 1858 in Paris während einer Aufführung der Oper Der Barbier von Sevilla gegen Karl von Braunschweig und Graf Isouard de Vauvenargue spielte, die in beidseitiger Beratung die schwarzen Steine führten.
Vorfahren und Familie
Morphy entstammte einer angesehenen Familie. Sein Großvater Michael Murphy (mit "u") war ein Ire. Als er 1753 die spanische Staatsbürgerschaft annahm, änderte er den Nachnamen in Morphy. Paul Morphys Vater Alonzo Morphy wurde in Spanien geboren, er war Präsident des Obersten Gerichtshofes von Louisiana. Pauls Mutter Louise Therese Felicite Thelcide Le Carpentier war eine Französin. Sie war Konzertpianistin. Paul hatte noch drei Geschwister: Malwina (* 1830), Edward (* 1834) und Helena (* 1839).
Schach spielten Pauls Vater Alonzo, dessen Bruder (Pauls Onkel) Ernest und Pauls Großvater mütterlicherseits Joseph Le Carpentier.
Einzelnachweise
- ↑ Ernest Jones: The problem of Paul Morphy, a contribution to the psycho-analysis of chess. In: International Journal of Psycho-Analysis 12. 1931, S. 1 - 23
- ↑ Top 50 Peak Edo Ratings
Literatur
- Literatur von und über Paul Morphy im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Valeri Beim: Paul Morphy, Modern Perspective. Russell, Milford 2005. ISBN 1888690267
- Frederick Milne Edge: Paul Morphy, the Chess Champion. An Account of His Career in America and Europe, New York 1859 (Reprint-Ausgabe BiblioBazaar, Charleston 2009). ISBN 1103215175
- Michael L. Kurtz: Paul Morphy: Louisiana's Chess Champion. In: Louisiana history: the journal of the Louisiana Historical Association 34,2 (1993), S. 175 - 199
- Max Lange: Paul Morphy, sein Leben und Schaffen. 3. Auflage. Leipzig 1894 (Erstauflage 1859 unter dem Titel Paul Morphy. Skizze aus der Schachwelt)
- David Lawson: Paul Morphy, The Pride and Sorrow of Chess. New York 1976 (moderne Standardbiographie)
- Johann Jacob Löwenthal: Morphy's Games: A Selection of the Best Games Played by the Distinguished Champion. Appleton, New York 1860
- Géza Maróczy: Paul Morphy. Olms-Verlag, Zürich 1979 (Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1909). ISBN 3283000247
- Regina Morphy-Voitier: Life of Paul Morphy in the Vieux Carré of New Orleans and Abroad, New Orleans 1926 (Regina Morphy-Voitier war Morphy's Nichte)
- Macon Shibut: Paul Morphy and the evolution of chess theory. Caissa Editions, Yorklyn 1993. ISBN 0939433168
- Chris Ward: The genius of Paul Morphy. Cadogan, London 1997. ISBN 1857441370
Morphy diente auch als literarische Vorlage für den Roman The chess players von Frances Parkinson Keyes, New York 1960.
Weblinks
Commons: Paul Morphy – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienKategorien:- Schachspieler
- Schachspieler (Vereinigte Staaten)
- Geboren 1837
- Gestorben 1884
- Mann
Wikimedia Foundation.