- Peter Schlemihls wundersame Geschichte
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Peter Schlemihls wundersame Geschichte ist eine Märchenerzählung des Dichters und Naturforschers Adelbert von Chamisso (1781–1838), verfasst im Sommer des Jahres 1813.
Es ist die Geschichte des Mannes, dem etwas fehlt, was alle anderen gleichsam natürlich besitzen. Chamisso: Die Weltereignisse im Jahre 1813, an denen ich nicht tätigen Anteil nehmen durfte – ich hatte ja kein Vaterland mehr, oder noch kein Vaterland, – zerrissen mich wiederholt vielfältig, ohne mich von meiner Bahn abzulenken. Ich schrieb in diesem Sommer, um mich zu zerstreuen und die Kinder eines Freundes zu ergötzen, das Märchen Peter Schlemihl, das in Deutschland günstig aufgenommen und in England volkstümlich geworden ist.
Die Weltereignisse, auf die Chamisso anspielte, waren die Befreiungskriege gegen Napoleon, an denen er als in Preußen lebender gebürtiger Franzose nicht teilnehmen konnte.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Nach einer anstrengenden Seereise lernt Peter Schlemihl den reichen Kaufmann Thomas John kennen, in dessen Garten er einem eigenartigen grauen Herrn begegnet. Dieser bietet ihm, im Tausch gegen seinen Schatten, einen Säckel voller Gold, der nie versiegt. Schlemihl willigt in den Handel ein.
Schon bald muss er erkennen, dass dies den Ausschluss aus der menschlichen Gesellschaft bedeutet. Sobald die Menschen merken, dass er keinen Schatten hat, bekommen sie Angst und halten sich von ihm fern oder verspotten ihn. Er reist deshalb über das Gebirge zu einem Badeort und richtet sich dort mit Hilfe seines treuen Dieners Bendel so ein, dass seine Schattenlosigkeit zunächst nicht bemerkt wird.
Schließlich verliebt er sich aber in die schöne Mina, und sein Geheimnis wird von seinem zweiten Diener Rascal verraten. Nur wenn er seinen Schatten zurückbekommt, erklärt ihm Minas Vater, darf er Mina heiraten. Da erscheint der graue Mann wieder. Peter Schlemihl will seinen Schatten zurück, aber die wahre Natur des grauen Mannes offenbart sich ihm: Er ist der Teufel, freilich ein sehr höflicher, und ist nur bereit, den Schatten zurückzugeben, wenn Schlemihl ihm dafür seine Seele überlässt.
Schlemihl versucht, vor ihm zu fliehen, wird aber immer wieder eingeholt. Noch einmal versucht der Teufel, ihn zu überreden, indem er ihm vor Augen führt, was für ein Ansehen Peter Schlemihl erwerben könnte. Dieser lehnt ab und wirft das Säckchen, welches er mit seinem Schatten bezahlt hatte, in einen Abgrund. Damit kappt er die letzten Bande zum Teufel. Mit seinem letzten Geld kauft er sich ein Paar alte Stiefel, die sich als Siebenmeilenstiefel erweisen. Bis zum Ende der Erzählung lebt er einsam als Naturforscher.
Rezeption
Wohl auf Vorlage dieser Geschichte entstand in der Folge ein volkstümliches Lied, das die Geschichte (verkürzt) wiedergibt:
Es war einmal ein Mensch mit Namen Schlemihl
den sprach einst einer an,
ob er ihm nicht seinen Schatten verkauft?
Er wär alsbald ein reicher Mann!
Nach kurzem Bedenken willigt er ein und bekam einen Beutel zum Lohn
„Dies Säcklein, das wird niemals leer“ sprach der düstre Schattenkäufer voll Hohn
„Ja ich denk ich tat einen guten Tausch“, sagt sich unser Schlemihl alsdann
„ich kauf mir Schloß und Gut und Hof, was fang ich schon mit einem Schatten an?“
Der Herr Schlemihl, der zog in ein and’res Land, kauft sich Schloß und Gut und Hof
und heiraten wollt er dann auch bald, eine Auserwählte gab es schon
Er ging zu seiner Geliebten Haus, fragt „Willst du mich nehmen zum Mann?“
„Drei Tage Bedenkzeit bitt’ ich mir aus, bevor ich Ja sagen kann.“
Doch die Sonne sie schien auf seine Gestalt, und ohne Schatten stand er da
„Niemals nehme zum Manne ich dich, ohne Schatten bist du auch der Seele bar“
In der Tat, Schlemihl hat seinen Schatten verkauft, dabei seine Seele verlor’n
Danach hat man niemals mehr von ihm gehört, und niemand weiß mehr, daß er einst gebor’n.Künstlerische Umsetzung
In E. T. A. Hoffmanns Das Abenteuer in der Silvesternacht tritt Schlemihl als Nebenfigur auf und verdeutlicht so das Schicksal des Protagonisten in Die Geschichte vom verlorenen Spiegelbild. Letztere diente als Vorlage für Jacques Offenbachs Oper Hoffmanns Erzählungen, in der das Motiv von Schlemihls verlorenem Schatten erneut aufgegriffen und umgedeutet wird. Schlemihl tritt dort als Nebenbuhler des Haupthelden auf.
August Brunetti-Pisano komponierte eine Oper Peter Schlemihl, die 1908 in Ludwigsburg aufgeführt wurde.
Der Künstler Ernst Ludwig Kirchner erstellte 1915 einen mit Titelblatt siebenzeiligen Zyklus über dieses Werk, um seiner eigenen Zerrissenheit, in der er Parallelen zu Peter Schlemihl sah, Ausdruck zu verleihen. In Kirchners Augen ist die Geschichte Schlemihls die eines Verfolgungswahnsinnigen, der sich plötzlich seiner unendlichen Kleinheit bewusst wird.[1]
Die Folk-Rock-Band Ougenweide vertonte das Volkslied mit dem oben angegebenen Text auf ihrem 1976 erschienenen Album Ohrenschmaus.
Ausgaben
- Friedrich Baron de la Motte Fouqué (Hg.): Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Mitgeteilt von Adelbert von Chamisso. Mit einem Kupfer als Frontispiz. Johann Leonhard Schrag, Nürnberg, 1814.
- Adelbert von Chamisso: Peter Schlemihls wundersame Geschichte. Mit 25 zweifarbigen Illustrationen von Franziska Walther. Kunstanstifter Verlag, Mannheim, 2011, ISBN 978-3-942795-00-5.[2]
Siehe auch
- Schlemihl, die weitere Verwendung des Motivs bis heute
Weblinks
Commons: Peter Schlemihls wundersame Geschichte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Digitalisierter Volltext von Peter Schlemihls wundersame Geschichte bei Zeno.org
- Peter Schlemihls wundersame Geschichte. Online-Text, Projekt Gutenberg-DE.
- Peter Schlemihls wundersame Geschichte. Online-Text, Project Gutenberg.
- Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg: Schrag, 1814. – Images und elektronischer Volltext der Erstausgabe im Deutschen Textarchiv
- Peter Schlemihls wundersame Geschichte als freies Hörbuch bei LibriVox
- Queering the Jew Who Would Be German: Peter Schlemihl's Strange and Wonderful History von Richard Block, University of Colorado, Boulder, in Seminar: A Journal of Germanic Studies. UP of Toronto, Jg. 40, #2, 2004, S. 93 - 110 ISSN 0037-1939 (=Print) ISSN 1911-026X doi:10.3138/sem.v40.2.93
Einzelnachweise
- ↑ Zitiert nach M. M. Moeller (Hrsg.), Ernst Ludwig Kirchner. Meisterwerke der Druckgrafik, Stuttgart 1990.
- ↑ http://www.page-online.de/emag/bild/artikel/illustrationen_zu_chamisso
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