Junkers Ju 287

Junkers Ju 287
Junkers Ju 287
Modell der Junkers Ju 287
Modell der Junkers Ju 287
Typ: Vier- bzw. sechsstrahliger Bomber
Entwurfsland: Deutsches Reich NSDeutsches Reich (NS-Zeit) Deutsches Reich
Hersteller: Junkers Flugzeug- und Motorenwerke Dessau
Erstflug: 8. August 1944
Indienststellung: Wurde nie in Dienst gestellt
Produktionszeit: Wurde nie in Serie produziert
Stückzahl: 2 Prototypen

Bei der Junkers Ju 287 handelte es sich um einen schweren Mittel- bis Langstrecken-Bomber mit damals neuartigen, negativ gepfeilten Tragflächen. Der Antrieb erfolgte durch vier beziehungsweise sechs Strahltriebwerke.

Der erste von zwei fertiggestellten Prototypen absolvierte seinen Erstflug 1944. Ein dritter Prototyp befand sich bei Kriegsende im frühen Aufbaustadium. Versuche wurden nach dem Krieg kurzzeitig in der Sowjetunion fortgeführt.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Anordnung von Triebwerken, Starthilfsraketen und Fahrwerk der Ju 287 V1 (Modellbild)
Ansicht von oben (Modellbild)
Windkanalmodell der EF58, einem sehr frühen Vorentwurf zur Ju 287
Risszeichnungen
Ju EF132

Als in Deutschland 1942 die ersten Strahltriebwerke verfügbar wurden, forderte das Reichsluftfahrtministerium (RLM) die Entwicklung eines Bombenflugzeugs für Mittel- und Langstrecken, der alliierten Jagdflugzeugen an Geschwindigkeit weit überlegen sein sollte. Anfang 1943 begann daraufhin bei der Firma Junkers unter der Leitung des Technischen Direktors Professor Hertel und des Projektleiters Dipl. Ing. Hans Wocke die Entwicklung eines derartigen Bombers.

Etwa gleichzeitig waren Versuche bei der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL) abgeschlossen worden, die im Hochgeschwindigkeitsbereich Vorteile von gepfeilten gegenüber geraden Tragflächen aufzeigten. Die gepfeilten Tragflächen verursachten bei hohen schallnahen Geschwindigkeiten keine Stoßwellen, die der amerikanischen X-1 ebenso zum Verhängnis wurden wie der sowjetischen BI-1. Ähnliche Versuche waren auch bei Junkers durchgeführt worden, hier mit negativ, das heißt nach vorn gepfeilten Tragflächen. Gegenüber der positiv gepfeilten Tragfläche sah man bei Junkers in der negativ gepfeilten Tragfläche einige Vorteile, folglich wurde dieser bei der Entwicklung des neuen Bombers eingeplant. Die negative Pfeilung hat den Vorteil, dass die Grenzschicht nicht zur Flügelspitze abwandert. Bei positiv gepfeilten Tragflächen wurden dazu später Grenzschichtzäune installiert, um das Abwandern der Grenzschicht und den so erfolgten Auftriebsverlust zu verhindern. Der negative Pfeilflügel war anfangs als Projekt EF 116 für einen relativ kleinen, zweistrahligen Fotoaufklärer geplant. Im September 1943 wurde das Projekt und damit die einzusetzenden Tragflächen für das etwas größere Bomberprojekt EF 122 modifiziert. Den offiziellen Bauauftrag zusammen mit der Baumusterbezeichnung Ju 287 erhielt Junkers im Dezember 1943. Im Februar 1944 erhielt die Firma die Information, dass zwei Versuchsmuster V1 und V2 für 3,3 Millionen Reichsmark und weitere 18 Vorserienmodelle im Wert von 20,5 Millionen Reichsmark beschafft werden sollten. Im Mai 1944 wurde die Bestellung jedoch auf die beiden Prototypen und sechs Vorserienflugzeuge reduziert.[1]

Um diese neuartigen Tragflächen schnell erproben zu können, wurde mit der Ju 287 V1 aus Teilen verschiedener bestehender Flugzeugtypen ein improvisierter Erprobungsträger aufgebaut. Rumpf und Kabine stammten von einer Heinkel He 177, das Leitwerk von einer Ju 388, das starre aerodynamisch verkleidete Fahrwerk von einer Ju 352 und die beiden Bugräder von erbeuteten US-amerikanischen Consolidated-B24-„Liberator“-Bombern.

Da die vorgesehenen Jumo 004C noch nicht verfügbar waren, wurde die Ju 287 V1 mit vier Strahltriebwerken Junkers Jumo 004 B-1 mit je 8,83 kN (rund 910 kp) Standschub ausgerüstet. Je zwei Triebwerke wurden an den Seitenwänden des Rumpfbugs und unter dem Mittelflügel aufgehängt. Zusätzlich waren vier 1200-kg-Walter-501-Starthilfsraketen unter den Triebwerken installiert, die nach dem Start abgeworfen wurden. Anfangs wurde auch der Vorschlag diskutiert, die Maschine mit sechs BMW 003A auszurüsten.

Der Erstflug mit Flugkapitän Siegfried Holzbauer erfolgte am 8. August 1944[2] auf dem Flugplatz Waldpolenz in Brandis bei Leipzig, da sich die Pisten im Junkers-Werk in Dessau als zu kurz erwiesen. Dem Flugzeug wurden damals gute Flugeigenschaften bescheinigt. Es erreichte eine Fluggeschwindigkeit von 370 km/h. Insgesamt wurden angeblich 17 Starts (nur elf belegte), der letzte am 18. September, durchgeführt. Danach erfolgte die Überführung des Flugzeugs zur Luftwaffenerprobungsstelle Rechlin, hauptsächlich zur Durchführung aerodynamischer Untersuchungen.

Flugeigenschaften und Leistungen der Ju 287 V1 erwiesen sich von Anfang an als ausgezeichnet.

Parallel zu den Versuchen wurde der Prototyp V2 mit neuem Rumpf und einziehbarem Fahrwerk aufgebaut. Vorgesehen waren hierfür zunächst zwei Junkers-Strahlturbinen von je 28,5 kN (rund 2900 kp) Schub. Da diese ebenso wie Heinkel HeS 011-Triebwerke noch nicht verfügbar waren, wurden letztendlich sechs zu Drillingen zusammengefasste BMW-003-Triebwerke mit je 7,8 kN Schub unter den Tragflächen vorgesehen (Triangel-Anordnung), was sich jedoch wegen starker Flächenschwingungen, ungünstiger Wartungsmöglichkeiten und geringer Bodenfreiheit als problematisch erwies.

Für den dritten Prototyp, die Ju 287 V3, wurde somit wieder auf die bei der V1 bewährte Anordnung mit zwei Triebwerken am Rumpf und vier unter den Tragflächen zurückgegriffen. Die V3 erhielt den Rumpf der Ju 288 mit einer Druckkabine für drei Mann Besatzung. Das Fahrgestell war in den Rumpf einziehbar. Die Heckbewaffnung war von der Kanzel aus fernbedienbar.

Sämtliche Arbeiten an der Ju 287 wurden im September 1944 eingestellt und die V1 und V2 getarnt abgestellt. Im März 1945 wurde die Sperre jedoch wieder aufgehoben und der Bau von 75 Maschinen für die Bekämpfung von Schiffen auf große Entfernung war vorgesehen. Das Kriegsende kam dem jedoch zuvor.

Die beiden beschädigten Prototypen und weitere Teile gelangten später in die Sowjetunion, wo zwei weitere Flugzeuge aufgebaut und eines davon auch fertiggestellt wurde. Anschließend verlagerten die Sowjets den Ingenieursstab nach Podberesje in der UdSSR, wo die Maschinen unter der Bezeichnung EF 131 bzw. EF 140 (unter anderem mit zwei modifizierten Rolls-Royce-Nene-Triebwerken) erprobt wurde.

Offensichtlich wurden die Versuche 1948 eingestellt und das Konzept der negativen Tragflächenpfeilung nicht weiter verfolgt. Die Gründe dafür waren die damals nicht beherrschbaren Schwingungen der Tragflächenenden und der nicht mögliche Aufwand, der zur Verhinderung des Aufstellens der Tragflächenspitzen nötig war. Diese bogen sich nach oben und erhöhten unkontrollierbar den Einstellwinkel, was den aerodynamischen Widerstand vergrößerte und die Tragflächen in ihrer Struktur unberechenbar machte.

Entwickler dieses Flugzeuges konstruierten noch Jahre später in der Deutschen Demokratischen Republik das Düsenverkehrsflugzeug 152 und in der Bundesrepublik Deutschland die VFW 614 und HFB 320, letztere ebenfalls mit negativer Tragflächenpfeilung

Junkers-Projekte

Unter der Bezeichnung Ju 287 wurde bis Ende 1942 ein Nachfolger der Junkers Ju 87 entwickelt. [3] [4] [5] Nach Aufgabe des Projekts wurde die Nummer 287 neu vergeben.

Für die in der Entwicklung befindlichen Strahltriebwerke wurden bei Junkers unter der Bezeichnung EF eine Reihe von Studien auf Basis der Ju 287 durchgeführt.

  • EF 122: Windkanalmodell zur Untersuchung der optimalen Triebwerksanordnung. Darunter auch mit Triebwerken auf den Tragflächen, wie später bei der VFW 614 realisiert.
  • EF 125: Geplante Weiterentwicklung der Ju 287 mit nur zwei Strahltriebwerken unter den Tragflächen.
  • EF 131: Weiterentwicklung der Ju 287. Geplant war ein erstes Versuchsmuster für Anfang 1946; insgesamt sollten zunächst drei Versuchsmaschinen gebaut werden.

Nach der Einnahme Dessaus durch sowjetische Truppen wurden die Arbeiten unter deren Aufsicht ab Sommer 1945 zunächst dort, später in der Sowjetunion fortgeführt. Als Triebwerke wurden sechs Jumo 004 B/C oder BMW 003 A-1 vorgesehen, offensichtlich wieder in der Triangel-Anordnung.

Technische Daten

Kenngröße Ju 287 V1
Besatzung 1 Pilot und 1 Co-Pilot
Länge 18,30 m
Spannweite 20,11 m
Höhe 6,0 m
Flügelfläche 58,30 m²
Flügelstreckung 6,9
Nutzlast ca. 3.000 kg
Leermasse 12.510 kg
max. Startmasse 19.974 kg
Flügel Flächenbelastung 215 kg/m²
Marschgeschwindigkeit 511 km/h
Höchstgeschwindigkeit 558 km/h
Dienstgipfelhöhe ca. 11.000 m
Reichweite 2.100 km
max. Flugdauer 4 h 10 min
Triebwerke 4 × Strahltriebwerke Junkers Jumo 004 B-1 „Orkan“ mit je 8,83 kN Standschub (ca. 910 kp)

Literatur

  • Wolfgang Wagner: Hugo Junkers Pionier der Luftfahrt – seine Flugzeuge. Aus der Reihe: Die deutsche Luftfahrt. Band 24, Bernard & Graefe Verlag, Bonn 1996, ISBN 3-7637-6112-8.
  • Heinz J. Nowarra: Die deutsche Luftrüstung 1933–1945. Bernard & Graefe Verlag, Bonn, ISBN 3-8289-5315-8.
  • Tony Wood, Bill Gunston: The Luftwaffe. Salamander Books Ltd., England 1977.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. FlugRevue Oktober 2009, S. 100–103, Hightech im Bombenhagel – Junkers Ju-287
  2. Wochenbericht der Erprobungsstelle Rechlin der Woche vom 6. bis zum 12. August 1944
  3. RLM: V-Muster-Programm, November 1942
  4. JFM AG: Anhang I der Aufsichts- und Verwaltungsratsitzung der JFM AG am 15. und 16. Mai 1942
  5. JFM AG: Vierteljahresbericht für den Aufsichtsrat der JFM AG – Januar–März 1942

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