Tragflächenpfeilung

Tragflächenpfeilung
Pfeilung
Schlierenfoto eines Modells mit geradem Tragflügel bei Mach 1,2. Gut zu sehen der Stau an der Flügelvorderkante
Schlierenfoto eines Modells mit gepfeiltem Tragflügel bei Mach 1,2. Es existiert kein Stau an der Flügelvorderkante

Pfeilung beschreibt die Abweichung eines Tragflügels in Grad von der Lotrechten der Flugzeugachse in der Draufsicht. Man unterscheidet die Vorderkantenpfeilung, die Hinterkantenpfeilung und die Pfeilung bei lambda/4 (25% der Flügeltiefe). Die Idee zur Tragflächenpfeilung ging 1935 von Adolf Busemann aus.

Inhaltsverzeichnis

Sinn der Tragflächenpfeilung

Pfeilung sorgt für ein kontrolliertes Abfließen der an der Angriffsfläche der Flügel gestauten Luft. Je stärker die Fläche von der Senkrechten geneigt ist, desto schneller laufen die Luftmassen ab. Das verringert gleichzeitig Auftrieb und Luftwiderstand und verhindert zu starkes Ansteigen des Luftdrucks an der Flügelvorderkante, der sich anderenfalls sehr schnell auf- und abbaut, was regelmäßig (60 bis 100 mal pro Minute) zu Verdichtungsstößen am Flugzeug führen würde, was sich wiederum in starken Vibrationen (engl. buffeting) äußert. Einerseits wäre damit die laminare Strömung zu oft unterbrochen, und andererseits würden Konstruktion und Pilot stark belastet.

Die Pfeilung braucht an einem Flügel nicht konstant zu verlaufen. Entweder sind die einzelnen Flügelabschnitte unterschiedlich gepfeilt, oder der Tragflügel kann geschwenkt werden (Schwenkflügler).

Anwendung der Pfeilung nach Flugzuständen und Flugzeugeinsatzgebieten

Das Ausmaß der Pfeilung von Tragflächen hängt von der zu erwartenden Luftströmungsgeschwindigkeit um die Tragflächen ab. Hier muss ein Kompromiss zwischen einem hohen Auftrieb bei niedrigen Geschwindigkeiten für den Start (geringe Pfeilung) gegenüber dem niedrigem Strömungswiderstand und geringen Verwirbelungen bei Reisegeschwindigkeit (starke Pfeilung) gefunden werden, mit dem Ziel, eine laminare Luftströmung über alle Steuerflächen in allen zu erwartenden Fluglagen zu erreichen. Zeichnet man den Luftdruck und die jeweils dazugehörenden Geschwindigkeiten in ein Koordinatensystem, so ergibt sich innerhalb der Linien ein gedachter Bereich, in dem das Flugzeug sicher eingesetzt werden kann. Diese Hüllkurve, als Flugenveloppe bezeichnet, ist für jedes Flugzeugmodell unterschiedlich und hängt neben vielen anderen Faktoren zu einem entscheidenden Maße von der Tragflügelgeometrie und damit der Pfeilung ab.

Dementsprechend werden Flugzeuge, deren Einsatzgebiete in geringerer Höhe und bei eher niedrigen Geschwindigkeiten liegen, ohne Pfeilung ausgestattet. Verkehrsflugzeuge, die nur in großen Höhen sehr schnell (d.h. transsonisch) fliegen, aber nahe Meereshöhe eher im mittleren Geschwindigkeitsbereich liegen, erhalten eine mittlere Pfeilung.

Die Concorde, die nur in großen Höhen sehr schnell (d.h. Mach 2) flog, besaß eine starke Pfeilung. Abfangjäger, die in niedrigen Höhen extreme Geschwindigkeiten erreichen müssen, benötigen daher die größte Pfeilung, können dann aber bestimmte Geschwindigkeiten nicht mehr gefahrlos unterschreiten, weshalb sie sehr lange Start- und Landebahnen oder Start- und Bremshilfen (z. B. Startkatapulte, Bremsschirme) brauchen, vgl. Starfighter. Schwenkflügler mit ihrer variablen Pfeilung können in einem wesentlich größeren Flugbereich operieren, auf kürzeren Bahnen starten und sind in großen Höhen bei Reisegeschwindigkeit treibstoffsparender; ihre Reichweite ist also höher.


Wichtig für die optimale Pfeilung ist die zu erzielende Fluggeschwindigkeit, eine Messgröße, die gleichzeitig von der Dichte der umgebenden Luftschichten und von deren relativer Geschwindigkeit abhängt.

Weitere Einzelheiten finden sich im Artikel Tragfläche.

Negative Pfeilung der Tragflächen

Luftstrom an negativ und positiv gepfeilten Tragflächen am Beispiel der Grumman X-29

Die Pfeilung ist in der Regel positiv (beide Kanten der Tragflächen sind nach hinten gezogen), es gibt jedoch seit Beginn des praktischen Einsatzes der Pfeilung auch Konstruktionen mit negativer Pfeilung. Wie im Bild gezeigt läuft der Luftstrom bei dieser Flügelgeometrie zum Rumpf hin anstatt vom Rumpf weg, wie bei herkömmlichen Konstruktionen. Dadurch kann der Luftstrom an Flügelspitzen und dahinterliegenden Steuerflächen wesentlich langsamer sein, bevor die laminare Strömung abreißt (Strömungsabriss, engl. stall) und damit der Auftrieb verloren geht. Dadurch kann eine außerordentliche Manövrierbarkeit erreicht werden, wenn die Trag- und Steuerflächen in einem viel steileren Winkel zum Luftstrom angestellt werden. Das Flugzeug hat auch bei wesentlich geringerem Airspeed noch genügend Luftstrom über den Steuerflächen von Seiten- und Höhenruder. Dadurch erklärt sich der Einsatz dieser Tragflächengeometrie bei extrem wendigen Abfangjägern sowie Segelflugzeugen zu Schulzwecken (z.b. ASK-13).

Obwohl bereits während des Zweiten Weltkriegs an Flugzeugen mit negativer Tragflächenpfeilung geforscht wurde, war es nur schwer möglich, die Materialbelastungen bei hohen Geschwindigkeiten sicher abzuleiten. In jüngster Zeit gibt es durch Faserverbundwerkstoffe (auch Kompositmaterialien genannt) (u. a. Kohlefaser) die technischen Voraussetzungen, Tragflächen mit negativer Pfeilung zu konstruieren, die auch hohen Torsions- und Scherkräften standhalten, was eine Anwendung der negativen Pfeilung im Hochleistungssegelflug zulässt. Langsam fliegende Segelflugzeuge, vorwiegend Doppelsitzer, sind dagegen seit vielen Jahrzehnten mit dieser Flügelgeometrie im Einsatz, das mag aber auch den eher trivial anmutenden Grund haben, dass der Konstrukteur die Tragflügelwurzel, d.h. den Anschluss an den Rumpf, möglichst weit nach hinten legen möchte, weil die 2. Person in dem Bereich Platz finden muss.

Beispiele für negative Flügelpfeilung

Literatur

  • Busemann,Adolf - Aerodynamischer Auftrieb bei Überschallgeschwindigkeit, Vortrag auf der 5. Volta-Tagung in Rom, 1935
  • Götsch, Ernst - Luftfahrzeugtechnik, Motorbuchverlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-613-02006-8

Siehe auch

  • V-Stellung als Winkel zwischen Tragflächenlängs- und Rumpfquerachse

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