Fluggeschwindigkeit

Fluggeschwindigkeit
Eigengeschwindigkeitsanzeige in einem Cockpit
Anzeige auf dem PFD eines modernen Verkehrsflugzeuges. Auf dem linken Streifen wird die Eigengeschwindigkeit in Knoten, darunter die Machzahl angezeigt.

Die Fluggeschwindigkeit ist die Geschwindigkeit eines Luftfahrzeuges.

In der Regel werden alle Fluggeschwindigkeiten in Knoten angegeben. Für größere Flughöhen und Geschwindigkeiten ist die Mach-Zahl (also als Verhältnis zur Schallgeschwindigkeit) von zusätzlichem Nutzen.

In der Luftfahrt werden mehrere Arten der Geschwindigkeit unterschieden:

Inhaltsverzeichnis

Gerätegeschwindigkeit

Die Gerätegeschwindigkeit, in der Luftfahrt „unkorrigierte Eigengeschwindigkeit“ genannt, ist die direkt gemessene Geschwindigkeit eines Flugzeugs relativ zur umgebenden Luftmasse (engl. indicated air speed, IAS).

Diese Geschwindigkeitsangabe ist für den Piloten sehr wichtig, denn sie allein gibt Aufschluss über die momentanen Flugeigenschaften beziehungsweise die Flugstabilität eines Flugzeugs. Man könnte sagen: Die IAS ist die Geschwindigkeit, die das Flugzeug „fühlt“.

Gemessen wird die IAS mit einem Staurohr, auch Pitotrohr genannt. Dieses liefert den Gesamtdruck, der sich aus dem Druck der augenblicklichen Höhe (statischer Druck) und dem durch die Fluggeschwindigkeit erzeugten Staudruck zusammensetzt. Der Messwert wird im Cockpit auf dem Fahrtmesser angezeigt, der die Differenz aus Gesamtdruck und statischem Druck (also den Staudruck) auswertet und den zugeordneten Geschwindigkeitswert anzeigt.

In den Anfängen der Fliegerei wurde bei langsamen Flugzeugen versucht, das Flügelrad zu Messung der IAS zu verwenden (siehe Anemometer).

Bei einem Motorflugzeug liegt die Eigengeschwindigkeit im Bereich von etwa 50 kt (90 km/h) bei kleinen Propellerflugzeugen und bis zu 350 kt (650 km/h) bei Verkehrsflugzeugen. Begrenzt wird die IAS durch die Flugzeugstruktur, durch Vorschriften (z.B. unterhalb 10.000 ft Flughöhe höchstens 250 kt) und spätestens auf Reiseflughöhe durch die Machzahl - ausgenommen natürlich überschallschnelle Flugzeuge. Die Eigengeschwindigkeit eines Segelflugzeugs kann zwischen etwa 50 und 400 km/h (bei einigen modernen Modellen nur kurzzeitig im Sturzflug) liegen. Die IAS eines Ballons ist hingegen meistens nahezu Null, da er der Luftströmung (abgesehen von Trägheitseffekten) folgt.

Ein weiterer limitierender Faktor ist der Zustand der Hochauftriebshilfen. Je nachdem, wie weit die Landeklappen ausgefahren sind, droht einem Flugzeug unterhalb einer gewissen IAS ein Strömungsabriss. Voll ausgefahrene Klappen können andererseits bei einer zu hohen IAS beschädigt werden.

Berichtigte Fluggeschwindigkeit

Bei entsprechender Flugzeugausstattung kann die um den Instrumentenfehler korrigierte Fluggeschwindigkeit (engl. calibrated air speed, CAS) gemessen werden. Diese Messung berücksichtigt Instrumenten- und Einbaufehler. (engl. static source error). Der statische Druck an größeren Flugzeugen variiert über die Flugzeuglänge. Da die statischen Druckbohrungen nicht immer dort angebracht werden können, wo der gemessene statische Druck dem tatsächlichen entspricht, muss hier eine Einbaukorrektur vorgenommen werden. Diese wird unter anderem in der CAS berücksichtigt. Die CAS ist eine wichtige Größe in der Aerodynamik, da sie ein Maß für die auf das Luftfahrzeug wirkenden Kräfte ist.

Äquivalente Fluggeschwindigkeit

Die Äquivalente Fluggeschwindigkeit (engl. equivalent air speed, EAS) berichtigt die Anzeige der berichtigten Fluggeschwindigkeit unter Berücksichtigung der Kompressibilität der Luft in der jeweiligen Flughöhe.

Wahre Fluggeschwindigkeit

Hauptartikel True Airspeed

Die Wahre Fluggeschwindigkeit (engl. true air speed, TAS), auch korrigierte Eigengeschwindigkeit, ist die tatsächliche Geschwindigkeit eines Luftfahrzeuges relativ zum umgebenden Medium. Sie unterscheidet sich von der IAS infolge der nach oben abnehmenden Luftdichte; die IAS entspricht nur bei Standarddruck der TAS.

Zur Berechnung der Wahren Fluggeschwindigkeit wird also auch noch die Dichte der Luft in der jeweiligen Flughöhe berücksichtigt. Die Wahre Fluggeschwindigkeit nimmt bei absinkender Luftdichte gegenüber der Berichtigten Fluggeschwindigkeit zu.

Für Piloten von Kleinflugzeugen erscheint in erster Näherung folgende Faustformel hinreichend genau:

Die TAS ist um ca. 2 Prozent pro 1000 ft Flughöhe größer als die IAS.

Beispielsweise ist in einer Flughöhe von 5000 ft bei einer IAS von 100kt mit 5 * 2 %, ergo 10 % höherer Geschwindigkeit, also 110 kt TAS zu rechnen.

In großen Höhen wird die 'TAS' vorzugsweise in Mach, der Relation zur Schallgeschwindigkeit, angegeben. Wird Mach 1 überschritten, befindet sich das Flugzeug im Überschallflug.

Tatsächliche Geschwindigkeit über Grund

Die Geschwindigkeit über Grund (engl. ground speed, GS) bezeichnet die um den Wind korrigierte Wahre Fluggeschwindigkeit. Sie stellt die Geschwindigkeit eines Luftfahrzeuges relativ zur Erdoberfläche dar. Die Kenntnis der Ground speed ist zur Flugplanung wichtig. Nur sie sagt aus, wann das Ziel erreicht wird. Bei Gegen- oder Rückenwind kann es zu erheblichen Differenzen zwischen der Geschwindigkeitsanzeige im Cockpit (IAS/CAS) und der GS kommen. So verkürzt der Flug in einem Jetstream wegen der erheblich höheren Ground speed die Flugzeit erheblich. Unter besonderen Umständen kann eine zu niedrige Ground speed verbunden mit einer zu hohen Anzeige im Cockpit zu Unfällen, wie dem Absturz der Star Dust über den Anden, führen.

Man kann die Geschwindigkeit über Grund durch Berücksichtigung des Windes mittels Winddreieck auf Grundlage der Meldungen der Flugwetterwarten berechnen, heutzutage aber auch durch moderne Bordsysteme messen (z. B. Trägheitsnavigationssystem, Dopplereffekt) oder durch Navigationsverfahren wie beispielsweise GPS bestimmen.

KIAS/KTAS

In der internationalen, zivilen Luftfahrt wird die Angabe der Art der Geschwindigkeit (IAS/TAS) häufig mit der betreffenden Einheit (normalerweise Knoten) kombiniert. Die häufigsten Angaben sind daher KIAS (knots indicated air speed) und KTAS (knots true air speed).

Beispiel

Die verschiedenen Geschwindigkeiten werden in nachfolgender Tabelle verglichen. Man beachte, wie trotz abnehmender IAS die Geschwindigkeit über Grund letztendlich mit zunehmender Höhe steigt.

Flughöhe IAS TAS Wind GS Mach Anmerkung
1000 ft
(ca. 300 m)
150 kt
(278 km/h)
153 kt
(283 km/h)
kein Wind 153 kt
(283km/h)
durchschnittliches Verkehrsflugzeug kurz nach dem Start
FL100
(ca. 3 km)
250 kt
(463 km/h)
300 kt
(556 km/h)
kein Wind 300 kt
(556 km/h)
FL200
(ca. 6 km)
310 kt
(574 km/h)
434 kt
(803 km/h)
kein Wind 434 kt
(803 km/h)
FL360
(ca. 11 km)
280 kt
(518 km/h)
480 kt
(889 km/h)
20 kt Rückenwind 500 kt
(926 km/h)
0,8 Reiseflug, höhere IAS durch Machzahl begrenzt
FL360
(ca. 11 km)
280 kt
(518 km/h)
480 kt
(889 km/h)
20 kt Gegenwind 460 kt
(852 km/h)
0,8 Reiseflug, höhere IAS durch Machzahl begrenzt

Fluggeschwindigkeit und Motorleistung

Die Fluggeschwindigkeit im Horizontalflug ist in folgender Weise abhängig:

Fluggeschwindigkeit:        v_h = \sqrt[3] {\frac {75 \cdot N \cdot 2\cdot g \cdot \eta _L} { C_w \cdot \rho \cdot A}}

vh Horizontalgeschwindigkeit in m/s; N Motorleistung in PS; ηL Wirkungsgrad Luftschraube; Cw Luftwiderstandsbeiwert Flugzeug; g Erdbeschleunigung 9,81 m/s2; ρ Luftdichte in kg/m3; A Flügelfläche in m2

Z. B. Welche Reisegeschwindigkeit hat ein Kleinmotorflugzeug mit N = 100 PS; ηL = 0,8; ρ = 1,2 kg/m3; Cw = 0,06; A = 15 m2 in niedriger Flughöhe?

 v_h = \sqrt[3] {\frac {75 \cdot 100 \cdot 2\cdot 9,81 \cdot 0,8} { 0,06 \cdot 1,2 \cdot 15}} = 48 m/s = 173 km/h

Siehe auch

Literatur

  • Lush, K. J. - Standardization of Take-Off Performance Measurements for Airplanes, Technical Note R-12, AFFTC, Edwards AFB, California.
  • Anderson, John D., Jr. - Introduction to Flight, 3rd ed, McGraw-Hill Book Company, New York, 1989.
  • Herrington, Russel M., Major, USAF, et al - Flight Test Engineering Handbook, AF Technical Report 6273, AFFTC, Edwards AFB, California, 1966
  • Russell E. Erb - A Low Cost Method for Generating Takeoff Ground Roll Charts from Flight Test Data, Society of Flight Test Engineers (SFTE) 27th Annual Symposium, Fort Worth, Texas, November, 196
  • Jeppesen Sanderson - Privat Pilot Manual, Jeppesen Sanderson, Englewood CO 1997, 2001, ISBN 0-88487-238-6
  • Peter Dogan - Instrument Flight Training Manual, Aviation Book, Santa Clarita CA 1991, 1999. ISBN 0916413128
  • Rod Machado - Instrument Pilot´s Survival Manual, Aviation Speakers Bureau, Seal Beach Ca 1991, 1998. ISBN 0-9631229-0-8
  • Wolfgang Kühr - Der Privatflugzeugführer. Bd 3, Technik II, Schiffmann Verlag, Bergisch-Gladbach 1981, 1999. ISBN 392127009X

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