Philhellenismus

Philhellenismus

Der Philhellenismus (griechisch „Freundschaft zum Griechentum“) wird als Bezeichnung von Personen verwendet, die sich für das Griechentum einsetzen oder sich geistig mit Griechenland verbunden fühlen. Als Philhellenen bezeichneten sich so chronologisch entfernte Personen wie der römische Dichter Seneca und der amerikanisch-französische Regisseur Jules Dassin. Häufig wird mit dem Begriff die Bewegung der Philhellenen bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Die Bewegung der Philhellenen

Die Bewegung der Philhellenen war eine neuhumanistische geistige Strömung, die in den 1820er Jahren ihre Anhängerschaft in Europa und sogar in Nordamerika fand. In seiner Ideologie bildet der Philhellenismus eine Gegenbewegung zur Restauration. Das Zentrum der Bewegung war die Stadt Genf.

Bei den Philhellenen handelte es sich meist um junge Männer von aristokratischer Herkunft und klassischer Bildung, die sich als Vertreter und Bewahrer einer großen antiken Zivilisation betrachteten und sich entsprechend dazu berufen fühlten, den Nachkommen der antiken Hellenen im Kampf um die Unabhängigkeit gegen das Osmanische Reich zu helfen. Viele von ihnen schlossen sich im Zuge der griechischen Revolution sogar den Truppen an und zogen in die Schlacht. Viele Philhellenen waren mit Auslandsgriechen befreundet, oder entwickelten im Kontakt mit Griechen ein reges Interesse für das Griechentum im allgemeinen.

Geschichte

Im August 1821, die Revolution dauerte bereits vier Monate, wurde in Bern die erste philhellenische Organisation gegründet. Im deutschen Raum war München zu einer Metropole des Philhellenismus geworden. Hier leitete Professor Franz Xaver von Baader eine bedeutende philhellenische Gesellschaft. Sein Kollege, der bayerische Philologe und Prinzessinnenerzieher Friedrich Wilhelm von Thiersch, befürwortete die Gründung einer „Deutschen Legion“, die Hellas unterstützen sollte. Am 1. August 1821 veröffentlichte Prof. Krug seinen „Ausruf an die deutschen Mitbürger zur Bildung von Hülfsvereinen für Griechenland“ und bereits zwei Tage später kam es zur Gründung des ersten Vereins mit 100 Mitgliedern in Stuttgart. Dieser war fortan der wichtigste Verein, es wurden weitere Vereine und Ableger in großen Städten gegründet. Jean-Gabriel Eynard stellte den Kontakt zur griechischen Regierung her. Viele Vereinsmitglieder lernten Neugriechisch oder organisierten „Expeditionen“ nach Griechenland.

(Allgemeine deutsche Real-encyklopädie für die gebildeten Stände. Conversations-lexikon: In 12 Bänden. F.A. Brockhaus Verlag Leipzig 1827. Stichwort. Griechen-Hülfsvereine S. 859ff. Abrufbar in Googlebooks)

Die Bewegung fand sogar in den höchsten Regierungskreisen Anhänger. So unterstützte sie beispielsweise der bayerische König Ludwig I. durch beträchtliche Geldspenden, was sich zumindest indirekt später auch zugunsten der Wahl seines Sohnes Otto zum König von Griechenland auswirkte. Auch die Schreibweise des Landesnamens Bayern mit „y“ geht auf eine Anordnung Königs Ludwigs I. vom 20. Oktober 1825 zurück, mit der die ursprüngliche Schreibweise „Baiern“ abgelöst wurde. Der Ersatz von „i“ durch das „griechische ypsilon“ war der noch heute signifikante Ausdruck für des Königs Philhellenismus.

Als mächtigster Widersacher der Bewegung galt der österreichische Staatskanzler, Fürst von Metternich. Die Philhellenen wiederum bekämpften erbittert die Thesen über die Griechen als gräzisierte Slawen des Historikers Jakob Philipp Fallmerayer.

Philhellenische Gesellschaften

Bekannte Philhellenen

Ankunft Lord Byrons in Griechenland und Empfang durch die Revolutionäre, 1823

Literatur

  • Douglas Dakin, The Greek Struggle for Independence. 1821–1833, London 1973.
  • Stella Ghervas, « Le philhellénisme d’inspiration conservatrice en Europe et en Russie », in Peuples, Etats et nations dans le Sud-Est de l’Europe, Bucarest, Ed. Anima, 2004.
  • Stella Ghervas, « Le philhellénisme russe : union d’amour ou d’intérêt? », in Regards sur le philhellénisme, Genève, Mission permanente de la Grèce auprès de l’ONU, 2008.
  • Stella Ghervas, Réinventer la tradition. Alexandre Stourdza et l'Europe de la Sainte-Alliance, Paris, Honoré Champion, 2008. ISBN 978-2-7453-1669-1
  • St. Clair, William: That Greece Might Still be Free. The Philhellenes in the War of Independence, London 1972.
  • Alfred Noe, Der Philhellenismus in der westeuropäischen Literatur (1780–1830), Amsterdam-Atlanta 1994
  • Suzanne L. Marchand: Down from Olympus. Archaeology and Philhellenism in Germany, 1750–1970. Princeton University Press 2003, ISBN 0-691-11478-1
  • Lampros Mygdalis: Die Rezeption der Dichtung Friedrich Hölderlins in Griechenland. In: Suevica. Beiträge zur schwäbischen Literatur- und Geistesgeschichte 7 (1993). Stuttgart 1994 [1995], S. 115–132. ISBN 3-88099-311-4
  • Bickert, Hans Günther; Nail, Norbert: Daniel Jeanne Wyttenbach: Marburgs erste Ehrendoktorin (1827). Marburg 2000 (Schriften der Universitätsbibliothek Marburg; 98). ISBN 3-8185-0300-1 (Frau Wyttenbach unterstützte von Paris aus materiell und publizistisch den Freiheitskampf der Griechen)
  • Lampros Mygdalis: Die unbekannte Rede eines neunzehnjährigen Tübinger Studenten für die Griechen aus dem Jahre 1821. Zum zweihundertsten Geburtstag August Ludwig Reyschers. In: Suevica. Beiträge zur schwäbischen Literatur- und Geistesgeschichte 9 (2001/2002). Stuttgart 2004 [2005], S. 417–445. ISBN 3-88099-428-5.
  • Christopher Montague Woodhouse, The Philhellenes, London 19691, 19772.

→ Folgende weitere Werke von Lampros Mygdalis sind im Verlag Kyromanos (Thessaloniki, Griechenland) zweisprachig (deutsch-griechisch) erschienen in dessen Reihe mit dem Titel „Der deutschsprachige Philhellenismus durch die Poesie“:

  • Bd 1: Schwäbische Dichter, 252 Seiten. (Enthalten sind 33 Gedichte von 11 schwäbischen Dichtern.)
  • Bd 2: Die Helden des Befreiungskampfes der Griechen (1821–1827). – 288 Seiten.(Enthalten sind 45 Gedichte von 16 bekannten und 4 anonymen Dichtern.)
  • Bd 3: Gedichte über die Schlachten der Griechen bei ihrem Freiheitskampf (1770, 1821–1827), 340 Seiten. (Enthalten sind 76 Gedichte von 26 bekannten und 3 anonymen Dichtern.)
  • Melina Philippou: Der Philhellenismus in Deutschland. Philhellenische Bekundungen der Deutschen am Anfang des 19. Jahrhunderts bis zur Gründung des griechischen Staates. Green 2008. ISBN 3-63893-345-8.

Weblinks


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