Aufklärungstheologie

Aufklärungstheologie

Die Aufklärungstheologie ist eine theologische Richtung im Protestantismus des 18. Jahrhunderts, die die christliche Lehre an die Aufklärung anpassen und so bewahren wollte.

Die konservative Richtung der Aufklärungstheologie war supranaturalistisch ausgerichtet und wurde vor allem durch Christian Fürchtegott Gellert (1715–1769), daneben auch von Matthias Schoerckh (1733–1808), Franz Walch (1726–1784), Johann August Ernesti (1707–1781) und Johann David Michaelis (1717–1791) vertreten. Die freiere Richtung fand sich vor allem in Berlin und wurde von August Friedrich Wilhelm Sack (1703–1786), Johann Joachim Spalding (1714–1804) und Wilhelm Abraham Teller (1734–1804), aber auch in Braunschweig von Johann Friedrich Wilhelm Jerusalem (1709–1789) gelehrt. Diese sogenannte Neologie hat wesentlich zur Verbreitung der Aufklärung in Deutschland beigetragen und radikal neue Ansätze in die Theologie eingeführt.

Der innere Beweggrund der Aufklärungstheologen lag in der Frömmigkeit, obwohl sie maßgebliche reformatorische Grundsätze aufgaben, wenn sie in Gott den liebenden Vater und in Christus den weisen Tugendlehrer sehen wollten. Die Predigten von Johann Friedrich Wilhelm Jerusalem, Johann Lorenz von Mosheim, Johann Gustav Reinbeck, August Friedrich Wilhelm Sack, Johann Joachim Spalding und Georg Joachim Zollikofer u.v.a. haben ebendiese Frömmigkeit zum Inhalt.

In der geistlichen Dichtung sind als Vertreter u.a. Johann Andreas Cramer und Christian Fürchtegott Gellert zu nennen. Aber auch die Komponisten und Kirchenlieddichter Franz Vollrath Buttstedt, Karl Friedrich Harttmann, Johann Adam Hiller und Balthasar Münter tun ihr Übriges dazu, im Sinne der Aufklärungstheologie zu wirken. Dabei wurden die Gesangbücher umgestaltet, der Totensonntag und das Reformationsfest verbindlich festgeschrieben; aber auch die Gottesdienste, Wochenbetstunden und Abendmahlsfeiern in ihrer Häufigkeit reduziert. Theologisch-wissenschaftlich entstanden die Fächer Kirchengeschichte (und darin Dogmengeschichte) und die (historisch-kritische) Bibelwissenschaft (samt Einleitungswissenschaften).

Die letzten Ausläufer fanden sich dann ca. 1790. Die Maxime war: „Nichts für wahr halten, als was nach klaren und unbezweifelbaren Vernunftgründen wirklich dafür gehalten werden kann“ und: „Die Lehre Christi und seiner Apostel wird nun als wahr angesehen, da sie in der vernünftig-sittlichen Natur des Menschen begründet ist.“ (Röhr).

Siehe auch

Literatur

  • Karl August Aner: Die Theologie der Lessingzeit, Halle/Saale 1929.
  • Dirk Fleischer: Zwischen Tradition und Fortschritt. Der Strukturwandel der protestantischen Kirchengeschichtsschreibung im deutschsprachigen Diskurs der Aufklärung, 2 Bde., Waltrop 2006, ISBN 3-89991-053-2
  • Wolfgang Gericke: Theologie und Kirche im Zeitalter der Aufklärung = Kirchengeschichte in Einzeldarstellungen, Bd. III/2, hrsg. von Gert Haendler u. a., Berlin 1989.
  • Friedrich Wilhelm Graf: Protestantische Theologie und die Formierung bürgerlicher Gesellschaft, in: F. W. G. (Hrsg.), Profile des neuzeitlichen Protestantismus, Bd. 1: Aufklärung, Idealismus, Vormärz, Gütersloh 1990, S. 11-54.
  • Gottfried Hornig, Neologie, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, hrsg. von Joachim Ritter und Karlfried Gründer, Basel / Darmstadt 1971ff., Bd. 6, Sp. 718-720.
  • Friedrich Wilhelm Kantzenbach, Protestantisches Christentum im Zeitalter der Aufklärung, Gütersloh 1965 (= Evangelische Enzyklopädie, hrsg. von Helmut Thielicke und Hans Thimme, Bde. 5 & 6).
  • Ulrich L. Lehner: Religion nach Kant. Texte aus dem Werk J.H. Tieftrunks, Nordhausen 2007 RFN
  • Ulrich L. Lehner: Kants Vorsehungskonzept auf dem Hintergrund der deutschen Schulphilosophie und -theologie, Leiden 2007
  • Andreas Urs Sommer: Neologische Geschichtsphilosophie. Johann Friedrich Wilhelm Jerusalems Betrachtungen über die vornehmsten Wahrheiten der Religion, in: Zeitschrift für neuere Theologiegeschichte, Bd. 9 (2002), S. 169-217.
  • Andreas Urs Sommer: Sinnstiftung durch Individualgeschichte. Johann Joachim Spaldings Bestimmung des Menschen, in: Zeitschrift für neuere Theologiegeschichte, Bd. 8 (2001), S. 163-200.
  • Walter Sparn: Vernünftiges Christentum. Über die geschichtliche Aufgabe der theologischen Wissenschaften im 18. Jahrhundert in Deutschland, in: Rudolf Vierhaus (Hrsg.), Wissenschaften im Zeitalter der Aufklärung, Göttingen 1985, S. 18-57.
  • Eduard Zeller: Geschichte der deutschen Philosophie seit Leibniz = Geschichte der Wissenschaften in Deutschland. Neuere Zeit, Bd. 13, München 1873.

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