Johann Joachim Spalding

Johann Joachim Spalding
Anton Graff: Johann Joachim Spalding im Hausrock, 1800
Johann Joachim Spalding

Johann Joachim Spalding (* 1. November 1714 in Tribsees, Vorpommern; † 25. Mai 1804 in Berlin) war ein deutscher protestantischer Theologe, Kirchenlieddichter, Popularphilosoph und der wichtigste Vertreter der Neologie.

Spalding hatte schottische Vorfahren und war der Sohn des Pastors von Tribsees. Nach erstem Unterricht zu Hause durch seinen Vater, besuchte er das Gymnasium in Stralsund. Anschließend studierte Spalding bis 1734 an den Universitäten Rostock und Greifswald Philosophie, Theologie und alte Sprachen.

Einige Zeit verdiente sich Spalding seinen Lebensunterhalt als Hauslehrer und bereitete sich auf seine Promotion vor. Nachdem er den Titel Dr. theol. verliehen bekommen hatte, bekam er 1735 eine Anstellung als Hilfsprediger in seiner Heimatstadt.

1745 avancierte Spalding in Berlin zum Sekretär des schwedischen Gesandten von Rudenskjöld. 1748 debütierte Spalding mit seinem Werk „Betrachtung über die Bestimmung des Menschen“. Dieses Büchlein erschien anonym in Greifswald und kann heute mit Recht als Manifest der deutschen Aufklärungstheologie angesehen werden. Spaldings Büchlein ist als innerer Monolog konzipiert und verzichtet völlig auf christliche Offenbarung und dogmatische Autorität. Es stellt dar, wie ein Individuum über „Sinnlichkeit“, „Vergnügen des Geistes“, „Tugend“ und „Religion“ schließlich selbst zur Einsicht gelangt, zur „Unsterblichkeit“ bestimmt zu sein.

1755 berief man Spalding als Pastor nach Lassan. Als solcher heiratete er Wilhelmine Gebhardi aus Stralsund. Mit ihr hatte er drei Söhne und drei Töchter: den späteren Juristen Karl August Wilhelm Spalding, den Philologen Georg Ludwig Spalding und Johanna Wilhemine Spalding die später den Theologen Friedrich Samuel Gottfried Sack heiratete. 1757 ließ sich Spalding als Prediger in Barth nieder. 1762 starb seine Ehefrau; nach einer angemessenen Trauerzeit heiratete er in zweiter Ehe Maria Dorothea von Sodenstern.

Zur Jahreswende 1763/64 hatte Spalding hohen Besuch aus Zürich: Johann Heinrich Füssli, Felix Hess und Johann Caspar Lavater waren einige Zeit bei ihm zu Gast.

1764 berief König Friedrich II. Spalding als Propst an die St. Nicolai-Kirche in Berlin und ernannte ihn zum Konsistorialrat. Dort und auch in der Kirche St. Marien gewann Spalding bald schon durch seine Predigten an Einfluss und wurde weit über die Stadtgrenzen hin bekannt. In dieser Zeit schloss Spalding auch Freundschaft mit den Schriftstellern Ewald Christian von Kleist und Johann Wilhelm Ludwig Gleim. Beruflich orientierte sich Spalding an den Theologen August Friedrich Sack und Siegmund Jacob Baumgarten und wurde dadurch ebenfalls für die Aufklärung gewonnen. Bedingt durch das Wöllnersche Religionsedikt von 1788 legte Spalding alle seine Ämter nieder und begann nun vermehrt, seine Ideen zu veröffentlichen.

1774 verstarb seine zweite Ehefrau, und im darauffolgenden Jahr heiratete Spalding als dritte Ehefrau Maria Charlotte Lieberkühn.

Bereits in Greifswald machte ihn Peter Ahlwardt mit den Werken des Philosophen Christian Wolff bekannt, dessen Theorien sich Spalding zu eigen machte und weiterentwickelte. Aber auch mit dem Werk der englischen Antideisten, unter ihnen Joseph Butler, Francis Hutcheson und Shaftesbury, setzte sich Spalding auseinander und übersetzte sie teilweise. Spaldings Zweifel an der Orthodoxie führten schließlich zur Neologie, deren wichtigster Vertreter er später wurde. Als solcher bekämpfte er auch vehement Julien Offray de La Mettrie und dessen Materialismus.

Im Alter von nahezu 90 Jahren starb Johann Joachim Spalding am 25. Mai 1804 in Berlin. Sein Sohn Georg Ludwig Spalding (1762-1811) war Professor am Grauen Kloster.

Zeitlebens praktischen Interessen verpflichtet, verwarf er in seiner 1772 erschienenen, von Johann Gottfried Herder heftig kritisierten „Nutzbarkeit des Predigtamts“ alle hierarchisch-sakramentalen Anschauungen von Kirche und geistlichem Amt, um stattdessen das „Predigtamt“ als Dienst an der öffentlichen Sittlichkeit zu kennzeichnen. Abschließend zusammengefasst hat Spalding sein bis zur Identifikation gehendes Verständnis von Religion und Moral 1797 unter dem Titel „Religion, eine Angelegenheit des Menschen“.

Werke

  • Albrecht Beutel (Hrsg.): Kritische Ausgabe: Erste Abteilung: Schriften. Tübingen 2001 ff.
  • Albrecht Beutel (Hrsg.): Kritische Ausgabe: Zweite Abteilung: Predigten. Tübingen 2008 ff.
  • Die Bestimmung des Menschen. Waltrop 1997. ISBN 3-927718-78-5 .
  • Georg L. Spalding (Hrsg.): Lebensbeschreibung von ihm selbst aufgesetzt. Halle: Buchhandlung des Waisenhauses 1804.

Literatur

  • Albrecht Beutel: Johann Joachim Spalding. Populartheologie und Kirchenreform im Zeitalter der Aufklärung. In: Peter Walter/ Martin H. Jung [Hg.]: Theologen des 17. und 18. Jahrhunderts. Konfessionelles Zeitalter – Pietismus – Aufklärung, Darmstadt 2003, 226-243.
  • Albrecht Beutel: Aufklärer höherer Ordnung? Die Bestimmung der Religion bei Schleiermacher (1799) und Spalding (1797). In: Ders.: Reflektierte Religion. Beiträge zur Geschichte des Protestantismus, Tübingen 2007, 266-298.
  • Albrecht Beutel: Herder und Spalding. Ein theologiegeschichtlicher Generationenkonflikt. In: Ders.: Reflektierte Religion. Beiträge zur Geschichte des Protestantismus, Tübingen 2007, 237-265.
  • Verena Look: Johann Joachim Spalding (1714-1804): Populartheologie im Zeitalter der Aufklärung. In: Albrecht Beutel [Hg.]: Protestantismus in Preussen. Vom 17. Jahrhundert bis zum Unionsaufruf 1817, Leipzig 2009, 207-226.
  • Hans Nordmann: Johann Joachim Spalding : Ein Bild aus dem geistigen Ringen der deutschen Aufklärung. Univ.Diss. Berlin 1929.
  • Josef Schollmeier: Johann Joachim Spalding : Ein Beitrag zur Theologie der Aufklärung. Bertelsmann 1967.
  • Andreas Urs Sommer: Sinnstiftung durch Individualgeschichte : Johann Joachim Spaldings Bestimmung des Menschen. In: Zeitschrift für neuere Theologiegeschichte, Bd. 8 (2001), S. 163-200.
  • Wolfgang E. Müller (Hrsg.): Religion : eine Angelegenheit des Menschen. Darmstadt 1997. ISBN 3-534-13641-1 .
  • Hermann PetrichSpalding, Johann Joachim. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 35, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 30 f.

Weblinks


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