Professionelle Zahnreinigung

Professionelle Zahnreinigung

Professionelle Zahnreinigung (PZR) ist ein Hauptbestandteil der zahnmedizinischen Prophylaxe. Man versteht darunter eine mechanische Reinigung der Zähne, die deutlich über das hinausgeht, was jeder Mensch selbst täglich erledigen kann.

Inhaltsverzeichnis

Indikation

In jedem Mund bildet sich nach ein bis zwei Tagen ein Belag auf den Zähnen, Plaque oder auch Biofilm genannt. Dieser Biofilm besteht aus Milliarden von Bakterien, die einen regen Stoffwechsel entwickeln. Dabei werden isolierte Kohlenhydrate verwertet und Säuren sowie Zellgifte ausgeschieden. Durch diese aggressiven Substanzen entstehen Zahnschäden (Zahnkaries) und Zahnfleischentzündungen (Gingivitis) bis hin zum Knochenabbau (Parodontitis). Vielen Patienten gelingt es auch durch eine gründliche Zahnpflege nicht, alle Zwischenräume und Nischen in der Mundhöhle zu erreichen und damit diese Bakterien zu entfernen.

Insbesondere bei älteren Patienten ist eine regelmäßige gründliche Reinigung des Gebisses unerlässlich, weil das Zahnfleisch zurückgeht. Dadurch werden die Zähne länger und die Flächen werden stark vergrößert. Außerdem lässt die Fingerfertigkeit im Alter nach, was sich auch auf die Qualität der Putztechnik auswirken kann. Drittens verändert sich der Stoffwechsel im Alter in vielen Fällen ungünstig (chronische Krankheiten, Medikamente usw.) und die Anfälligkeit für Karies und Parodontitis wächst.

Vorsorge

Die Vorsorge durch regelmäßige professionelle Zahnreinigung wird vom deutschen Zahnärzteverband empfohlen. Sie sollte alle sechs bis zwölf Monate durchgeführt werden. Die Häufigkeit der Vorsorge wird allerdings von vielen Faktoren bestimmt. So belegen Studien, dass Wohnort und Lebensgewohnheiten entscheidend die dentale Gesundheit beeinflussen und ein starrer 12-Monatsrhythmus keinesfalls für alle Patienten notwendig ist.[1] So zeigte zum Beispiel eine vergleichende Untersuchung deutscher Großstädte, dass die überdurchschnittlich hohe Wasserqualität Nürnbergs lediglich einen Zweijahres-Rhythmus in der professionellen Zahnreinigung verlangt.[2] Bei kariesaktivem Gebiss oder parodontaler Vorschädigung sollte eine PZR allerdings alle drei bis sechs Monate durchgeführt werden.

Wirksamkeit

In mehreren mittlerweile klassischen Studien hat unter anderem Per Axellson aus Schweden bereits in den achtziger Jahren nachgewiesen, dass durch die regelmäßige systematische Zahnreinigung das Parodontitis- und Kariesrisiko und damit die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung stark gesenkt werden kann.[3]

Die medizinisch-therapeutische Wirksamkeit der Professionellen Zahnreinigung wird von Lars Hendrickson, dänischem Arzt im Ruhestand und Mitautoren des Buches Zahnarztlügen, bestritten: „Eine professionelle Zahnreinigung schützt Patienten nicht vor Karies. Nur 24 Stunden nach der vermeintlichen Vorsorgemaßnahme bilden sich wieder bakterielle Beläge auf den Zahnoberflächen, die zu Karies führen.“ ...[4] Die Zahnärzte Dagmar Lühmann und Pantelis Petrakakis stufen „die wissenschaftliche Qualität von Studien, welche die Wirksamkeit der professionellen Zahnreinigung untersuchen“ als „nicht besonders hoch“ ein.[5]

Ausführung

Die PZR ist keine allgemeinverbindlich definierte Leistung. Normalerweise wird sie von fortgebildeten Fachkräften durchgeführt (Zahnmedizinische Prophylaxe-Assistentin ZMP, Zahnmedizinische Fachassistentin ZMF, oder Dental-Hygienikerin DH). In der Regel umfasst die PZR eine vollständige Entfernung versteckter weicher und auch mineralisierter Zahnbeläge oberhalb (Zahnstein) und unterhalb (Konkrement) des Zahnfleisches (soweit sie klinisch sichtbar und erreichbar sind) mit Handinstrumenten (Schleifpapier, Bürstchen, Zahnseide) und Ultraschallgeräten. Anschließend werden eventuell verbliebene Verfärbungen und Ablagerungen auf Zahnoberflächen (entsprechend Zahnersatz, Kronen) mittels Pulverstrahl entfernt und anschließend mit einem rotierenden Gummikelch und einer abrasiven Prophylaxepaste poliert, um ein Neuansetzen von Belägen zu erschweren. Abschließend sollten zum Schutz des Zahnschmelzes alle Zahnoberflächen mit einem speziellen Fluoridlack behandelt werden.

Kosten

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Die Kosten für eine PZR belaufen sich je nach Aufwand und Ausführung auf etwa 35 bis 150 Euro. Während private Krankenversicherungen diese Kosten in der Regel übernehmen, müssen gesetzlich Krankenversicherte diese Kosten selbst tragen. Einige Zahnzusatzversicherungen für gesetzlich Versicherte übernehmen die Kosten hingegen teilweise oder vollständig.[6] Auch sind mehrere gesetzliche Krankenversicherungen Kooperationen mit bestimmten Zahnarztpraxen eingegangen und bieten die PZR als Regelleistung alle 6 bzw. 12 Monate an.

Situation in anderen Ländern

Vereinigte Staaten

In den Vereinigten Staaten arbeiten niedergelassene Zahnärzte stets mit einem fest angestellten Zahnhygieniker (Dental hygienist) zusammen. Anstatt zur halbjährlichen Kontrolluntersuchung beim Zahnarzt gehen Amerikaner zweimal im Jahr zur Zahnreinigung. In deren Verlauf nimmt der Zahnhygieniker auch eine gründliche Untersuchung vor, so dass er bei einfach zu diagnostizierenden Problemen wie Karies oder Zahnfleischentzündungen üblicherweise der erste ist, der diese feststellt und den Zahnarzt darauf hinweist. In den meisten Praxen folgt auf die Untersuchung und Zahnreinigung in der Regel eine Untersuchung durch den Zahnarzt.

Die Kosten, die in den USA pro Behandlung etwa 100 US$ betragen, werden von den Zahnversicherungen meist weitgehend übernommen; allerdings verfügen viele Amerikaner über keinerlei Zahnversicherungsschutz.

Der Beruf des Dental hygienist wird in den USA mehrheitlich in Teilzeitarbeit und fast ausschließlich von Frauen ausgeübt. Berufsvoraussetzung ist ein mindestens zweijähriges Fachstudium am College; vereinzelt werden auch vier- und sechsjährige Studiengänge angeboten. In der größten Berufsvereinigung der amerikanischen Zahnhygieniker, der American Dental Hygienists' Association, sind mehr als 150.000 Mitglieder vertreten. Im Jahr 2006 waren landesweit 167.000 Dental hygienists beschäftigt, die meisten davon in den Praxen niedergelassener Zahnärzte.[7]

Einzelnachweise

  1. B. Curtis, RW. Evans, A. Sbaraini, E. Schwarz: Geographic location and indirect costs as a barrier to dental treatment: a patient perspective. In: Australian Dental Journal. Vol. 52, Nr. 4, 2007, S. 271–275, doi:10.1111/j.1834-7819.2007.tb00501.x, PMID 18265681.
  2. Ursula Schütte, Michael Walter: Zahnverlust und Zahnersatz vor dem Hintergrund des demographischen Wandels. In: Wilhelm Kirch, Bernhard Badura (Hrsg.): Prävention. Springer, Heidelberg 2006, ISBN 978-3-540-28953-1, S. 575–594, doi:10.1007/3-540-28954-2_32.
  3. P. Axelsson, J. Lindhe: Effect of controlled oral hygiene procedures on caries and periodontal disease in adults. In: Journal of Clinical Periodontology. 5, 1978, S. 133–151.
  4. Professionelle Zahnreinigung (PZR): Der große Etikettenschwindel. In: zahnarztluegen.de. 8. September 2010, abgerufen am 15. September 2010 (Pressemitteilung).
  5. Dagmar Lühmann/Pantelis Petrakakis: Worin besteht der Nutzen einer professionellen Zahnreinigung? In: tk-online.de. 24. September 2009, abgerufen am 15. September 2010 (Webseite der Techniker Krankenkasse).
  6. Erstattung PZR Zahnzusatzversicherung auf www.versicherung-online.net
  7. Website der American Dental Hygienists' Association; Berufsbild der Dental Hygienists

Literatur

  • Manfred Tacha: Zähne. Vorsorge, Behandlung, Kosten. 4. Auflage. Stiftung Warentest, Berlin 2005, ISBN 3-937880-01-1.
  • Erik Hahn: Bleaching, professionelle Zahnreinigung und Zahnschmuck. Ästhetisch motivierte Maßnahmen und der Begriff der „Zahnheilkunde“. In: Medizinrecht (MedR). Vol. 28, Nr. 7, C. H. Beck / Springer, 2010, ISSN 0723-8886, S. 485–491, doi:10.1007/s00350-010-2699-9.

Weblinks


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