Propositionaler Gehalt

Propositionaler Gehalt

Mit dem Ausdruck Proposition bezeichnet man in der Linguistik den Inhalt eines Satzes, also den durch einen Satz ausgedrückten Sachverhalt. Die Proposition ist genauer das, was in einem geäußerten Satz in einem bestimmten Kontext über bestimmte Gegenstände oder Sachverhalte der Welt ausgesagt wird.

In der Bedeutung von Satzinhalt impliziert die Proposition eine ontologische oder ontologie-offene Auffassung von Sprache und Logik.[1]

Inhaltsverzeichnis

Beispiele

Der gemeinte Begriff der Proposition wird am besten durch Beispiele deutlich:

  1. Der Satz „Ich behaupte, dass Hans vor dem Tisch steht.“ und der Satz „Ich befehle, dass Hans vor dem Tisch steht!“ drücken im dass-Satz denselben propositionalen Inhalt aus [2]
  2. Die Sprechakte Feststellung: "Katrin arbeitet fleißig.", Frage: "Arbeitet Katrin fleißig?" oder Aufforderung: "Katrin, arbeite fleißig!" haben eine unterschiedliche illokutive Rolle, jedoch dieselbe Referenz <Katrin>, Prädikation [fleißig arbeiten] und Proposition.[3]
  3. Die Proposition: {<Karl> [Tür öffnen]} ist identisch in den Sätzen: „Karl öffnet die Tür. - Karl öffnet nicht die Tür. - Die Tür wird von Karl geöffnet. - Öffnet Karl die Tür? - Karl, öffne die Tür! - Wenn Karl doch die Tür öffnete! - Wenn Karl die Tür öffnet, (...).“[4] (Dies gilt auch interlingual: Charles opens the door. ...)

Proposition im Sinne der Sprechakttheorie (Searle)

Proposition ist im Verständnis der Sprechakttheorie der eigentliche Satzinhalt, der mit einer jeweils unterschiedlichen illokutiven Kraft (auch illokutionäre Rolle genannt) versehen werden kann. Sie ist der Inhalt einer Sprechhandlung.

Statt von "Proposition" spricht man auch vom "propositionalem Gehalt" [5]. Der propositionale Akt ist dann "die Realisierung einer Proposition".[6]

Die Proposition ist zu unterscheiden von der Referenz, der Prädikation und der Illokution.[7]

"In der Sprechakttheorie wird davon ausgegangen, dass es verschiedene Modi gibt, durch die eine Proposition (bzw. ihr propositionaler Gehalt) zum Ausdruck gebracht werden kann“.[8]

Proposition im Sinne der Bedeutungslehre

Der Propositionsbegriff der Bedeutungstheorie soll sich von dem der Sprechakttheorie darin unterscheiden, dass die Bedeutungstheorie die Proposition für das Objekt eines Glaubensaktes verwendet[9].

Als weiteres Beispiel wird genannt: "Wenn x glaubt, dass M a, aber nicht M b, jedoch a = b, dann bezieht sich sein Glaube nicht auf eine Tatsache, sondern nur auf eine Proposition. „In diesem Sinn bezeichnet Proposition keinen Gegenstand, sondern gehört zur Klasse der abstrakten Entitäten."[10]

Dass die Gegenständlichkeit oder Abstraktheit der Proposition in der pragmatischen Sprechakttheorie nicht problematisiert wird, ändert nichts daran, dass es hier wie dort um den Satzinhalt geht.

Siehe auch

Proposition, Proposition (Psychologie), intensionale Logik, epistemische Logik

Quellen

  1. vgl. Tugendhat/Wolf, Logisch-semantische Propädeutik (1983), S.17
  2. Bräuer, Proposition, in: Rehfus, Handwörterbuch Philosophie (2003), S. 570
  3. Homberger, Sachwörterbuch zur Sprachwissenschaft (2000)/Proposition
  4. so Ulrich, Linguistische Grundbegriffe, 5. Aufl. (2002)/Proposition
  5. Ernst, Pragmalinguistik (2002), S. 97
  6. Ernst, Pragmalinguistik (2002), S. 97
  7. Homberger, Sachwörterbuch zur Sprachwissenschaft (2000)/Proposition
  8. Bräuer, Proposition, in: Rehfus, Handwörterbuch Philosophie (2003), S. 570
  9. so Bräuer, Proposition, in: Rehfus, Handwörterbuch Philosophie (2003), S. 570
  10. Bräuer, Proposition, in: Rehfus, Handwörterbuch Philosophie (2003), S. 571

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