Pépinière

Pépinière
Gebäude der Pépinière, heute Dienstgebäude des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie

Die Pépinière („Pflanzschule“) wurde am 2. August 1795 in Berlin als Anstalt zur Aus- und Weiterbildung von Militärärzten gegründet. Sie war somit neben der Charité die – eher handwerklich orientierte – zweite Chirurgenschule in Berlin. Ihr Gründer und erster Leiter war Johann Goercke.

Das Gebäude ist erhalten und beherbergt seit 1998 das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Johann Goercke, Erster General-Chirurg, Gründer der Pépinière (Kupferstich von Johann Friedrich Bolt, 1816)
Blick vom Invalidenpark: Früheres Hörsaalgebäude
Studierzimmer der Pepiniére (1900)

1795–1919

Nach der Kanonade von Valmy 1792 erkannte der preußische König Friedrich Wilhelm II., dass es um das Können der Wundärzte der Armee nicht zum Besten stand. Um dem abzuhelfen, befahl er, in Berlin eine chirurgische Pépinière, eine „Pflanzstätte“ für Militärärzte, zu errichten. Dort wurde ein volles medizinisches Studium geboten, ergänzt durch militärische Kenntnisse (z. B. Kartenkunde) und Sport. Das Studium war frei und die Studenten hatten Kost und Logis im Institut. Wer privat wohnte, bekam einen Zuschuss. Die Studenten nannten sich „Pfeifhähne“, was eine Verballhornung des Wortes Pépinière durch Berliner Gassenjungen war. Es wurden nur so viele Studenten angenommen wie Militärärzte gebraucht wurden. Der Andrang war groß: Von zehn Bewerbern konnte nur einer genommen werden.

Die Ausbildung an der Pépinière dauerte vier Jahre. Für Studenten, die sich verpflichteten, danach für acht Jahre Dienst als Militärchirurgen zu tun (so genannte „Eleven“), erfolgte die Ausbildung auf Staatskosten mit zusätzlichem Sold. Damit gab es erstmals auch für Kinder aus weniger begütertem Hause die Möglichkeit einer chirurgischen Ausbildung.

An der Pépinière wurden sämtliche preußischen Militärärzte ausgebildet. Sie wurde 1818 in „Medicinisch-chirurgisches Friedrich-Wilhelm-Institut“ und 1895 in „Kaiser-Wilhelm-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen“ umbenannt.

„1910 war für die gewachsene Akademie nach fünfjähriger Bauzeit ein repräsentativer, großzügiger Gebäudekomplex entstanden mit Zentralheizung und mit Brausebädern im Keller. Zur Einweihung kamen SM der Kaiser und IM die Kaiserin, rechts stand eine Ehrenkompanie des 2. Garde-Grenadierregiments mit der Regimentsmusik, links die drei Corps in Wichs bzw. Couleur mit Fahne. Der Kaiser schritt mit dem Generalstabsarzt der Armee, Professor Dr. med. v. Schjerning, Ehrenmitglied aller drei Corps, die Front ab und besichtigte das Haus: Die Hörsäle, die Festsäle, die Bibliothek, welche die größte Sammlung ärztlicher Literatur Europas beherbergte, Casinos für Studenten, Unterärzte (klinische Semester) und Sanitätsoffiziere, Turnsäle, in denen auch gepaukt werden durfte, und die Zimmer für Studenten, je ein Schlaf- und ein Wohnzimmer gemeinsam für zwei Studenten (die Examenssemester hatten ein Zimmer für sich). Es müssen 400 Studenten dort gewohnt haben. Am Portal stand: Scientiae Humanitati Patriae.“[1]

1919 wurde die Kaiser-Wilhelm-Akademie als Auflage des Versailler Vertrages aufgelöst.

1934–1945

Am 1. Oktober 1934 wurde sie als „Militärärztliche Akademie“ im Gebäude der Kaiser-Wilhelm-Akademie wiedereröffnet. Diese unterstand bis zu Verlegung 1944 nach Breslau dem Heeres-Sanitätsinspekteur direkt und gliederte sich in drei Lehrgruppen. In den Lehrgruppen A und B erfolgte die Ausbildung der Sanitätsoffizieranwärter, wobei in der Lehrgruppe A die Ausbildung der Vorkliniker und in der Lehrgruppe B die Ausbildung der Kliniker stattfand. In der Lehrgruppe C waren ab 1938 die medizinischen Forschungsinstitute der Akademie zusammengefasst.[2]

Kommandeure der Akademie
Generalarzt Dr. Rudolf Gunderloch (1885–1962), 1. Mai 1934 bis 25. August 1939
Generalstabsarzt Prof. Dr. Richard Hamann (1868–1956), 25. August 1939 bis 1. August 1944
Generalstabsarzt Dr. Walther Asal (1891–1987), 1. August 1944 bis 1. März 1945

Nutzung nach 1945

Nach 1945 wurde das Gebäude Sitz des obersten Gerichts und der Generalstaatsanwaltschaft der DDR. Heute finden im Eichensaal des Gebäudes, dem ehemaligen Fest- und Bankettsaal der Kaiser-Wilhelm-Akademie, Kammerkonzerte des Rundfunk-Sinfonie-Orchesters Berlin und andere Veranstaltungen statt.

Geschichtliche Übersicht

  • 2. August 1795: Gründung der Pépinière
  • 1809: Auflösung des Collegium medico-chirurgicum (Übernahme der Bücherei durch die Pépinière)
  • 1811: Gründung einer Medizinisch-Chirurgischen Akademie für das Militär
  • 1818: Umbenennung der Pépinière in Medicinisch-chirurgisches Friedrich-Wilhelm-Institut
  • 1895: Zusammenlegung des Friedrich-Wilhelm-Instituts und der 1811 gegründeten Medizinisch-Chirurgischen Akademie für das Militär zur Kaiser-Wilhelm-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen
  • 1919: Auflösung der Kaiser-Wilhelm-Akademie als Auflage des Versailler Vertrages
  • 1. Oktober 1934: Wiedereröffnung als Militärärztliche Akademie
  • 1944: Verlagerung der Militärärztlichen Akademie nach Breslau
  • 1945: Schließung der Akademie

Bekannte Pfeifhähne

Korporationen

Hauptartikel: Pépinière-Corps

Einzelnachweise

  1. Georg Bacmeister: Franconia und Saxonia. In: Geschichte des Corps Brunsviga, Teil II: 1924 - 1993
  2. Behrend, K. Ph.: Die Kriegschirurgie von 1939-1945 aus der Sicht der Beratenden Chriurgen des Deutschen Heeres im Zweiten Weltkrieg (PDF), Dissertation, Freiburg, 2003, S. 10-11.

Weblinks

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