Rabenmutter

Rabenmutter

Rabenmutter ist eine abwertende Bezeichnung für eine Mutter, die ihre Kinder vernachlässigt. Im übertragenen Sinne wird der Ausdruck gelegentlich auch auf Institutionen angewandt, die zum Beispiel ihre Klientel vernachlässigen.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft

Die Redensart geht (1) auf die Beobachtung zurück, dass junge Raben ähnlich wie junge Stare nach dem Verlassen des Nestes am Boden sehr unbeholfen erscheinen und als zu früh sich selbst überlassen beurteilt wurden. Junge Raben sind zwar Nesthocker, verlassen aber vor Erlangen der Flugfähigkeit aus eigenem Antrieb das Nest. Geläufig ist der Begriff seit Luther, der das Alte Testament (Buch Hiob, 38, 41) übersetzte und entsprechend interpretierte.[1] Auf diesen Hintergründen kam es zu den Begriffen "Rabeneltern" und "Rabenmutter"; es ist aber ein Trugschluss, dass Raben keine fürsorglichen Eltern seien. Die Elternvögel füttern die bettelnden Jungvögel tatsächlich einige Wochen lang und warnen und schützen ihre Jungen vor Feinden.

Das Gegenteil des weiblichen Stereotyps der Rabenmutter ist das der Gluckenmutter, einer bisweilen überfürsorglichen Mutter, die ihre Kinder mit intensiver Aufmerksamkeit eng umhegt (was wiederum beispielsweise bei den pubertären Identitätsfindungsprozessen zu Problemen führen kann).

Verwendung

Heinrich Heine verwendete den Begriff auf sein Vaterland: „Wir, ich meine Deutschland, die alte Rabenmutter“, (in: Reaktion auf den Tod Carl Leberecht Immermanns, Werke, Band IX, S. 162 f., Hg. Karpeles).

Heute wird der Begriff auch für Mütter verwendet, die sich auf andere Weise teilweise oder dauerhaft von ihren Kindern trennen, zum Beispiel sie zur Adoption frei geben. Nicht selten werden berufstätige Mütter polemisch als Rabenmütter bezeichnet.

Oft ist damit auch einer Frage nach Geschlechterrollen verbunden (vgl. Weiblichkeit, Männlichkeit). In der feministischen Linguistik wird der Begriff kritisiert, weil durch seine Verwendung alte Rollenbilder fortgeschrieben würden. Die SPÖ-Frauen Steiermark veranstalten seit 2002 einen „Rabenmuttertag“, auf dem atypische Frauenbeschäftigungen thematisiert werden. Metaphorisch wird Rabenmutter in den Medien und der Alltagssprache vielfältig benutzt. Beispiel: „Die Alma mater - eine Rabenmutter?“ (Überschrift des idw am 7. Januar 1999 zu einem „Tag des wissenschaftlichen Nachwuchses“ an der Universität Trier im Rahmen des Projektes Doktorandinnen-Zentrum)

Analoge und verwandte Bezeichnungen

Analog zur Rabenmutter existieren die Ausdrücke Rabenvater und Rabeneltern, die aber seltener benutzt werden, da unter den herkömmlichen Geschlechterrollen von den Vätern im Gegensatz zu Müttern nicht so stark erwartet wird, sich um die Kinder unmittelbar zu kümmern.

Rabenmutter gehört zu den Wörtern der deutschen Sprache, die in den meisten anderen Sprachen keine begriffliche Entsprechung haben. Das amerikanische Englisch kennt den pejorativen Ausdruck deadbeat dad bzw. deadbeat mom für Väter bzw. Mütter, die ohne wirtschaftliche Not und in voller Absicht für ihre Kinder keinen Unterhalt zahlen.[2]

Zitate

Die Unterstellung, eine berufstätige Mutter sei eine Rabenmutter, ist absurd. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für Arbeit und Soziales, 2009 [3]

Einzelnachweise und Weiterführendes

  1. Manfred Günther: Wörterbuch Jugend - Alter. S. 96; Berlin 2010
  2. siehe Quellen der engl. WP
  3. Die Zeit 51/2009 vom 10. Dezember 2009, Seite 5 (Politik)

Weblinks

  • www.sueddeutsche.de Adieu Rabenmutter: Zeitungsbericht, der den Begriff der Rabenmutter verwendet

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