Raffke

Raffke

Der umgangssprachliche Ausdruck Raffke mit der für den berlinischen Dialekt typischen Diminutiv-Endung -ke (wie in Steppke oder Piefke) bezeichnet einen raffgierigen Menschen. Es handelt sich um eine „in Berlin um 1920, vielleicht bereits in der Gründerzeit, gebildete Bezeichnung, die auf mhd. raffen „zupfen, eilig an sich reißen“ zurückgeht“.[1]

Raffke wurde und wird in abfälliger Manier für einen „Neureichen“ verwendet, also jemanden, der in kurzer Zeit zu viel Geld kam und damit prahlt. In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg waren damit insbesondere Menschen gemeint, die aus Krieg und Krisen Gewinn schöpften und es zu Wohlstand brachten. Der Filmregisseur Fritz Lang charakterisierte den Protagonisten seines Films Dr. Mabuse, der Spieler von 1922 expressionistisch überhöht als Prototypen des Raffke.

Heute wird der Ausdruck in der öffentlichen Diskussion manchmal im Sinne eines (meist populistisch gefärbten) Vorwurfs gegenüber Abgeordneten und Managern verwendet und taucht dabei auch in Form des zusammengesetzten Begriffs der „Raffke-Mentalität“ auf.

Der im Hochdeutschen geläufige Begriff des „Raffzahns“ ist mit dem Raffke nur in großen Teilen synonym. Zum Raffke gehört die neureiche Komponente des Prahlens.

Textbeispiel von 1924

Dieser (hier nur als kurzer Auszug zitierte) Text aus der Automobilzeitschrift Der Herrenfahrer stellt einen fiktiven, unsympathischen Herrn Frank Raffke vor, der mit Geld um sich wirft und beim Autokauf nur auf die äußere Wirkung, also vor allem die Karosserie Wert legt. Der Autor, Hanns Steiner, glossiert in dem Artikel den aus den USA kommenden Trend, auf schlecht konstruierte Antriebe und Chassis eindrucksvolle, auch farbenfrohe Bleche zu setzen - in dieser Häufung auf Berlins Straßen für Steiner ein Zeichen von „Protzerei, Großsprecherei, Ungeschmack“, Dekadenz:

Raffke und Auto
Luxusautomobilisten aller Länder vereinigt euch! Baut den Raffkes eurer Länder ein „Ehrenmal“ und haut in dessen Stein die Inschrift: „Raffke, unserem Förderer!“ ein. Ob der Typus nun nouveaux riches[2], ob Haifisch oder Goulaschbaron heißt, kurz, Raffke schuf, forderte, zahlte die Luxus-Karosserie. Hier ein Knöpfchen, da ein Scharnierchen, dort ein Spiegelchen. Hier Licht, da Licht. Vielleicht ist es überhaupt einer späteren Generation überlassen, die Philosophie des Raffkenismus zu schreiben, und so dieser Gattung Mensch gerecht zu werden. Raffke ist ein Kind und Tollpatsch, Raffke zeigt sein neues, mitgebrachtes Spielzeug. Welches Kind tut das nicht? Und wenn das Mitgebrachte auch ein Hundertpferdiger und reichlich grell und groß ist.
- „Ick will 'n Auto koofen.“
- „Was für eine Marke wünschen Herr Raffke?“
- „Det is doch piep ejal. Pieckfein muß er sin, loofen wie der Deibel und Pferdekräfte haben.“
Der Verkäufer lächelt: „Vielleicht dieser Mercedes, Herr Raffke?“
- „Ne, wissen se Männeken, den sih ick ja tausendmal am Tage. Ne, wissen se, so wat flottes, so wat, daß, wenn es de Linden runterperscht, der Portje bei Hillern gleich sagt, det ist Frank Raffke sener.“ “

Hanns Steiner: Der Herrenfahrer, Das Blatt vom Auto und anderen Annehmlichkeiten des Lebens. Almanach Kunstverlag, Berlin, 1. Ausgabe, 1924, S. 29

Weblinks

Berlinisch-Lexikon von Peter Schlobinski

Einzelnachweise

  1. Peter Schlobonski: Berliner Wörterbuch. Der aktuelle Sprachschatz des Berliners. Arani, Berlin 1992. ISBN 978-3760586403
  2. siehe auch Nouveau riche in der französischen Wikipedia

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