Realakt

Realakt

Ein Realakt ist eine rein faktisch wirkende Handlung, die eine Rechtsfolge kraft Gesetzes hervorrufen kann, also unabhängig vom Willen des Handelnden. Im Zivilrecht wird der Realakt zur Willenserklärung, im Verwaltungsrecht wird er zum Verwaltungsakt abgegrenzt.

Inhaltsverzeichnis

Zivilrecht

Obwohl nicht gewollt, kann der Realakt „Auto rammen“ die Rechtsfolge „Schadensersatz“ nach sich ziehen.

Auch wenn Realakte nicht willentlich auf eine Rechtsfolge gerichtet sind, können sie eine solche doch kraft Gesetzes auslösen. So wird im Zivilrecht die Verbindung und Vermischung zweier Sachen (mit Folgen für das Eigentum an diesen Sachen, §§ 946 ff. BGB), die Besitzerlangung und -aufgabe, der (Schatz-)Fund (§ 965, § 984 BGB), die Einbringung von Sachen in Mieträume und bei Gastwirten (§ 562, § 701, § 704 BGB), doch auch die Schaffung von urheberrechtlich geschützten Werken und die Kontobelastung als Realakt verstanden. Der zivilrechtliche Realakt muss nicht die Voraussetzungen einer Willenserklärung erfüllen. So muss der Handelnde nicht geschäftsfähig sein, um mit seiner Handlung die gesetzlich bestimmten Rechtsfolgen auszulösen.

Öffentliches Recht

Im Verwaltungsrecht ist der Realakt als Handlungsform der öffentlichen Verwaltung zum Verwaltungsakt dadurch abzugrenzen, dass ihm dessen Regelungswirkung fehlt. Hinweise und Belehrungen als solche sind lediglich Realakte, ebenso Handlungen, die nur auf einen Verwaltungsakt vorbereiten. Ein praktisch wichtiges Beispiel für eine solche vorbereitende Maßnahme ist die Anordnung der Fahrerlaubnisbehörde, eine medizinisch-psychologische Untersuchung (kurz: „MPU“, umgangssprachlich auch "Idiotentest" genannt) durchführen zu lassen. Diese Anordnung kann als nur vorbereitende Maßnahme nicht für sich gerichtlich überprüft werden, sondern erst der dann (vermutlich) folgende Entzug der Fahrerlaubnis.

Weiteres

Problematisch wird die Abgrenzung, wenn dem faktischen Handeln auch eine Regelungswirkung zugeschrieben werden kann, so dass eine Handlung mit Doppelcharakter vorliegt, die Realakt und Verwaltungsakt gleichzeitig ist. Ein Beispiel aus dem Bereich polizeilicher Standardmaßnahmen ist die faktische Durchsuchung, die auch als konkludente Verfügung, diese Maßnahme zu dulden, verstanden werden kann.

Da Realakte nur faktisch ausgeführt werden, ist ihre – für den Rechtsschutz wichtige – Einordnung in den Bereich des Verwaltungsrechts oder des Zivilrechts erschwert. So ist umstritten, ob und wann die Äußerung eines Behördenmitarbeiters dem öffentlichen Recht, und wann sie dem allgemeinen Zivilrecht zuzuordnen ist, vor welchem Gericht also ein etwaiger Anspruch auf Unterlassen oder Widerruf der Äußerung durchgesetzt werden muss.

Auch Realakte müssen als Handlungen der öffentlichen Verwaltung mit der Rechtsordnung übereinstimmen. So bedarf die Verwaltung für belastende Realakte einer Eingriffsermächtigung. Das kann ein Gesetz oder ein rechtmäßiger oder zumindest unanfechtbarer Verwaltungsakt sein.

Der Rechtsschutz gegen Realakte ist durch die allgemeine Leistungsklage oder die Feststellungsklage (§ 43 VwGO) vor den Verwaltungsgerichten zu erlangen. Wenn sowohl Realakt wie auch Verwaltungsakt vorliegen, sind das Vorverfahren sowie Fristen zu beachten. Ist der Realakt rechtswidrig, bestehen möglicherweise Beseitigungs- oder Schadensersatzansprüche.

Wichtigster Anwendungsfall der Realakte sind die Anwendung (nicht die Androhung) von Zwangsmitteln.

Literatur

  • Martin Schulte: Schlichtes Verwaltungshandeln, Tübingen 1995.
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