- Auswuchten
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Der Begriff Auswuchten bezeichnet das Verringern oder Beseitigen einer Unwucht.
Jeder um eine feststehende Achse rotierende starre Körper besitzt eine Unwucht, die zu Vibrationen (Schwingungen), Geräuschen und erhöhtem Verschleiß führen kann. Wenn die Fertigungstoleranz zu einer zu großen Unwucht führt, muss ein Ausgleich der Massenverteilung individuell an diesem Körper erfolgen. Der Ausgleich kann positiv oder negativ erfolgen:
- Beim positiven Ausgleich werden Ausgleichsmassen aufgetragen, wie z. B. durch Anschweißen, Ankleben oder Anschrauben von Gewichten.
- Beim negativen Ausgleich werden Massen abgetragen, z. B. durch Bohren, Schleifen oder Fräsen.
Eine Mischform ist das Verstellen durch Hinein- oder Herausschrauben einer Schraube.
Statt den Körper zu verändern, kann auch die Rotationsachse so korrigiert werden, dass die Unwucht minimiert wird. Diese Auswuchttechnik nennt man wuchtzentrieren[1].
Die Toleranzen für das Auswuchten sind in DIN ISO 1940 standardisiert.
Inhaltsverzeichnis
Auswuchten von Fahrzeugrädern
Beim Auswuchten von Fahrzeugrädern versetzt eine Maschine ("Radauswuchtmaschine") das Rad (Felge mit Reifen) in Rotation (Drehung). Die Achse, an der dies geschieht, ist mit Sensoren ausgestattet. Eine Auswert-Elektronik errechnet aus den gemessenen Werten der an der Achse auftretenden Kräfte die Unwucht. Anschließend werden Auswuchtgewichte an der Felge befestigt, um die Unwucht auszugleichen.
Unterschieden werden Auswuchtgewichte nach
- der Anwendung, d. h. Fahrzeugtyp (LKW, PKW, Motorrad)
- Befestigungsart (Schlaggewicht, Klebegewicht, Steckgewicht, Klemmgewicht)
- Material und
- Funktionsweise (statisch oder dynamisch).
Nach der Entscheidung der EU-Kommission vom 27. Juni 2002 zu Altfahrzeugen wurde der Einsatz von Blei in Auswuchtgewichten verboten.[2] Ersatzweise verwendet man seitdem verschiedene Materialien, hauptsächlich Zink und Stahl; außerdem Zinn, Wolfram und besondere Kunststoffe, die eine hohe Dichte haben.
Außerdem gibt es dynamische Auswuchtgewichte. Diese haben sich insbesondere wegen eingeschränkter Funktionalität bisher nicht durchgesetzt. Es handelt sich dabei um ein Klebegewicht, welches aus einem Thermoplastschlauch besteht, der mit frei beweglichen Stahlkügelchen gefüllt ist.
Ursachen der Unwucht sind ungleichmäßige Abnutzungen von Reifen bzw. Laufflächen und ungleichmäßige Dichteverteilungen des Radkörpers. Daher müssen Fahrzeugräder nach einem Reifenwechsel oder anderen Überarbeitungsvorgängen neu ausgewuchtet werden.
Ziel ist es nicht nur, den Schwerpunkt des auszuwuchtenden Rades so einzustellen, dass er mit dem Mittelpunkt der Drehachse zusammenfällt, sondern auch, dass sich die senkrecht zum Rotationskörper Rad stehende Hauptträgheitsachse nicht nur mit der Rotationsachse schneidet, sondern auf ihr liegt. Daher müssen oft an beiden Seiten der Felge Ausgleichsgewichte angebracht werden.
Auswuchtmaschinen bestimmen anhand einer Drehbewegung und einer dynamischen Kraftmessung an der Drehachse die Masse, den Winkel und die Seite der Felge, an der Ausgleichsgewichte angebracht werden müssen.
Rotierende Maschinen und Maschinenteile
Siehe auch: Massenausgleich bei Dampflokomotiven
Läufer bzw. Rotoren und Anker von Elektromotoren werden oft ausgewuchtet, indem das Blechpaket des fertigen Läufers in Form von Bohrungen, flächigem Abtrag oder Kerben abgetragen wird. Auch sie werden meist dynamisch gewuchtet, d. h. es muss möglicherweise an beiden Enden des Läufers Material abgetragen werden.
Um sie in beliebiger Lage betreiben zu können, müssen auch die Drehspulen von Drehspulmesswerken ausgewuchtet werden. Sie besitzen hierzu gegenüber dem Zeiger verschieb- oder verbiegbare Ausgleichsgewichte. Aus ähnlichem Grund muss die Unruh einer Uhr sorgfältig ausgewuchtet sein. Andernfalls ist der Uhrenfehler von der Ausrichtung der Uhr abhängig. Vibration und Lagerverschleiß spielen hier keine Rolle.
Die drehenden Massen von schleudernden Waschmaschinen, Wäscheschleudern und Zentrifugen für Reagenzgläser können nicht ausgewuchtet werden. Daher lagert man ihre Drehachsen beweglich in einer federnden und dämpfenden Aufhängung, um die Kräfte auf die Lager und die Umgebung zu verringern. Moderne Waschmaschinen führen oft zunächst einen Schleudergang mit geringer Drehzahl aus und versuchen dann, durch Vor- und Zurücklauf die Wäschestücke neu zu verteilen, bevor der Schleudergang mit voller Drehzahl beginnt. Sie besitzen einen Beschleunigungssensor an der Trommelaufhängung, um die Unwucht zu überwachen.
Rest-Unwuchten führen zu einer sogenannten kritischen Drehzahl, bei der die Kräfte das schwingungsfähige Gesamtsystem (Feder-Masse-System, bestehend aus Rotormasse und Welle oder aus Gesamtmasse und Aufhängung/Fundament) zu Resonanz anregen. Die kritische Drehzahl stellt eine Gefahr an schnelldrehenden Maschinen (Turbinen, Zentrifugen usw.) dar; sie wird durch gutes Wuchten, durch federnde, dämpfende Aufhängung oder durch ein besonders schnelles Durchfahren der kritischen Drehzahl beim Hochlauf verringert. „Aus der Unwuchtverteilung und der jeweiligen Biegelinie kann die modale Unwucht für jede Eigenform ausgerechnet werden. Sie ist die Summe der Produkte aus einer einzelnen Unwucht und dem Biegefeld der Eigenform in dieser Ebene. [3]“ (Hatto Schneider).
Literatur
- Adolf Lingener: Auswuchten. Theorie und Praxis. Verlag Technik, Berlin und München 1992, ISBN 3-341-00927-2
- Hatto Schneider: Auswuchttechnik. 7. Auflage. Springer, Berlin u. a. 2007, ISBN 978-3-540-49091-3
- Heftreihe „Auswuchtpraxis“ der Schenck RoTec GmbH
- Tewes, Olaf: Innovation bei Auswuchtgewichten. In: AutoRäderReifen – Gummibereifung. Nr. 6, 2006, ASIN: B00006LPUY, S. 113–114
Einzelnachweise
- ↑ Auswuchttechnik, Lehrbuch von Hatto Schneider
- ↑ EU-Altfahrzeug-Verordnung
- ↑ Auswuchttechnik (VDI-Buch) Chemische Technik Verfahrenstechnik, Hatto Schneider, 2007, ISBN 3540490914 Seite 56, Online
Weblinks
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