Reinkohlen

Reinkohlen
Die Kohlen einer Bogenlampe

Eine Kohlebogenlampe ist eine künstliche Lichtquelle, in der Licht von durch einen Lichtbogen erhitzte Graphit-Elektroden erzeugt wird.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Bogenlampe von Halle 1792

Bei der Geschichte der Bogenlampe gibt es Widersprüche, was nun als erster Vorreiter der Bogenlampe angesehen werden darf. In einem Buch von Professor Johann Samuel Halle aus dem Jahr 1792 wird eine Bogenlampe beschrieben, die aus einer fast luftleer gepumpten Glaskugel (A), einem gebogenen Messingdraht innerhalb der Kugel (C), sowie einem Messingdeckel besteht. Dabei sollen Funken aus dem Messingdraht die ganze Kugel und somit auch das ganze Zimmer erhellt haben. Allerdings ist es nicht erwiesen, ob diese Bogenlampe funktioniert hat und ob sie Halle selbst erfunden hat.

Deshalb wird in den meisten Quellen die Entdeckung von Lichterscheinungen zwischen zwei Kohlestäben, die der Brite Humphry Davy 1800 in einem Brief erwähnt, als Grundstein der Bogenlampe geschildert. Diese Lichtbögen waren die ersten elektrischen Lichtquellen. In den 1840er Jahren entwickelten William Edwards Staite und William Petrie eine Reihe verbesserter Bogenlampen. Die ersten systematischen Untersuchungen von Niederdruckentladungen (aus denen später Leuchtstofflampen hervorgingen) durch die Deutschen Plücker und Geißler begannen erst um 1856.

Am 1. März 1879 verwendete der Ingenieur Werner von Siemens die von ihm entwickelte elektrische Bogenlampe erstmals zum Zwecke der Straßenbeleuchtung an seinem Haus. Die Stadt Berlin ließ kurze Zeit später im Zentrum Unter den Linden und Friedrichstraße die Gasbeleuchtung durch Kohlebogenlampen ersetzen.[1]

Heinrich Beck aus Meiningen machte 1912 die Entdeckung, dass ab bestimmter Stromdichte von etwa 8 A/mm² die Lichtausbeute überproportional ansteigt. Zur Vermarktung seiner Erfindung des „überlasteten“ Bogens in den USA wurde er vom Industriellen Sperry betrogen: Beck konnte sich 1914 nicht einmal mehr zur Wehr setzen, weil da der Krieg ausbrach und er als Feindesperson nach Europa abgeschoben wurde. 1921 machte er den Überlastbogen im wissenschaftlichen Rahmen bekannt.

Der Beck- oder Hochintensität-Kohlenbogen war die Lichtquelle im Kino weltweit bis in die sechziger Jahre hinein. Die leuchtenden Farben von Technicolor hängen damit zusammen.

Aufbau und Funktionsweise

Bogenlampe in Suchscheinwerfer um 1915
Bogenlampen-Scheinwerfer bei Filmaufnahmen 1964

Bei der Kohlebogenlampe wird zwischen zwei Elektroden aus Kohle bzw. Graphit an Luft bei normalem Umgebungsdruck eine Gasentladung (Lichtbogen) betrieben. Die Kohlestäbe sind bei 1200 °C gebrannt aus Kohle und Bindemitteln gepresste Elektrodenstäbe. Bis in die 1920er Jahre gab es nur Reinkohlenlampen. Zwischen diesen brennt ein Lichtbogen bzw. eine Gasentladung.

Gezündet wird die Kohle-Bogenlampe durch kurzzeitiges Zusammenführen der Elektroden: durch die Erhitzung beim Kurzschluss und die hohe Feldstärke bei geringem Elektrodenabstand bildet sich ein Lichtbogen bzw. ein Plasma aus, wodurch die Elektroden bis zur Weißglut erhitzt werden. Die Kohleelektroden liefern den Großteil des Lichtes. Auch das Plasma zwischen den Elektroden leuchtet, es liefert jedoch im Gegensatz zu anderen Gasentladungslampen nur einen geringen Lichtanteil. Eine Bogenlampe ist daher ein Temperaturstrahler und hat ein entsprechend kontinuierliches elektromagnetisches Spektrum.

Kohlebogenlampen lassen sich sowohl mit Gleichspannung als auch mit Wechselspannung betreiben. Mit Gleichspannung brennen sie gleichmäßiger, allerdings brennen die Elektroden dann unterschiedlich schnell ab. Die Brennspannung beträgt etwa 40 Volt, Kohlebogenlampen waren daher auch am früher üblichen 110 Volt-Gleichstromnetz betreibbar. Der Elektronenbeschuss erzeugt auf der Anode (positive Elektrode) einen kleinen Krater, während die positiven Ionen die Kathode kegelförmig abtragen. Die Anode heizt sich stärker auf als die Kathode. Wegen der höheren Belastung ist sie oft massiver ausgeführt als die Kathode. Für größtmögliche Helligkeit sollte die Anode im Brennpunkt des Reflektors der Lampe angeordnet sein.

Bogenlampen erfordern, wie jede Gasentladungslampe, eine Strombegrenzung. Die Strombegrenzung wurde bei Gleichspannungsbetrieb mit einem Widerstand und bei Wechselspannung mit einer Drossel erreicht.

Die bei 1200 °C aus mit Bindemitteln gepresstem Graphit gebrannten Kohleelektroden erreichen beim Betrieb die Sublimationstemperatur von Kohlenstoff (etwa 3000 °C) und geben daher nach dem Plancksches Strahlungsgesetz ein leicht gelbliches Licht ab. Dieses wurde mit der Entwicklung der Beck-Kohlen verbessert: Durch einen Docht aus seltenen Erden (Yttrium, Cer-Fuorid u. ä.) in der Mitte der positiven Kohle und/oder durch Zusätze in der Kohleelektrode lässt sich nicht nur die Lichtausbeute steigern, sondern auch ein tageslichtähnlicheres Licht erzeugen. Das Plasma selbst hat eine Temperatur von etwa 10.000 °C es liefert einen erheblichen Ultraviolettanteil.

Anwendung

Kohlebogenlampen waren lange Zeit die intensivsten künstlichen Lichtquellen. Sie wurden in Scheinwerfern (z. B. als Projektionslampen, auch als Flak-Scheinwerfer und Show-Anwendungen; „Lichtdom“), in der Spektroskopie und der Mikroskopie, insbesondere der Mikrophotographie eingesetzt. Die sehr kleine Lichtquelle der Elektrode hilft den bestmöglichen Abbildungsstrahlengang herzustellen als Köhlersche Beleuchtung.

Die elektrischen Leistungen betrugen teilweise über 10 Kilowatt.

Kohlebogenlampen wurden aber nicht nur für Scheinwerfer eingesetzt, sondern sie waren in vielen Städten die erste elektrische Beleuchtung. Die Leipziger Firma Körting & Mathiesen entwickelte und produzierte ab 1889 Bogenlampen für Straßen- und Saalbeleuchtung, bevor sie ab 1897 auch Bogenlampen-Scheinwerfer baute.

Wegen des Abbrands ihrer Elektroden und der mechanischen Abstandsregulierung sind Kohle-Bogenlampen wartungsintensiv und werden, trotz ihrer einfachen Konstruktion, nur noch für Sonderaufgaben eingesetzt.

Nachstellen der Kohlen

Schematische Darstellung einer Differential-Bogenlampe (nach Hefner-Alteneck). Im oberen Teil ist der Nachstellmechanismus zu erkennen.

Weil die Kohlen während des Betriebs abbrennen, ist ein ständiges Aufeinander-Zubewegen der beiden Kohlestifte erforderlich. Ist dieses bei sogenannter „Reinkohle“ (Kohlematerial mit relativ wenigen Beimischungen von die Leuchtkraft verstärkenden Salzen) dem Bediener noch von Hand möglich (etwa zweimal pro Minute), muss bei Einsatz von sogenannter „Effektkohle“ (Kohlematerial mit relativ hohen Anteilen leuchtkraftverstärkender Salze) der Kohlevorschub automatisiert werden: Ein Uhrwerk- oder Schrittmotor bewegt die beiden Kohlestifte während des Lampenbetriebs kontinuierlich aufeinander zu.

Ein weiteres Beispiel für die automatische Nachführung der Kohlen zeigt das Bild eines FLAK-Scheinwerfers. Diese Nachstellung arbeitete derart, dass eine Linse das Leuchtzentrum bei fortschreitendem Abbrand auf einen Bimetallschalter abbildete, der einen Stellmotor steuerte.

Um eine gleichmäßige Ausleuchtung der Kino-Bildwand zu erreichen, musste der Vorführer die genaue Brennlage während der Vorführung überprüfen und nachregeln: Durch unterschiedliche Zugverhältnisse des Abzugkamins, der die entstehenden Rauchgase ins Freie leitet (Sommer/Winter), können die Kohlen schief abbrennen, was durch die Lageregelung der Achse der Minuskohle auszugleichen war. Ungleichmäßig schneller Abbrand der Kohlestifte, beispielsweise durch unterschiedliche Restfeuchte beim Lagern, lässt den Kohleabstand bei kontinuierlicher Nachsteuerung größer oder kleiner werden bzw. den Pluskrater aus dem Spiegelbrennpunkt auswandern, was ebenfalls von Hand nachgeregelt werden musste.

Zum Zünden des Lichtbogens fährt der Vorführer die Kohlestifte per Handrad auf Berührung zusammen und wieder auseinander.

Der Lichtbogen brennt nach 30 bis 60 Sekunden lichttechnisch stabil.

Literatur

  • Johannes Abele: Die Lichtbogenlampe. Deutsches Museum, München 1995, ISBN 3-924-18331-7

Einzelnachweise

  1. „Märkische Allgemeine“ vom 28. Februar 2009, abgefragt am 28. Februar 2009

Weblinks


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