Roberto Bolaño

Roberto Bolaño

Roberto Bolaño Ávalos (* 28. April 1953 in Santiago de Chile; † 14. Juli 2003 in Barcelona) war ein chilenischer Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

In seiner Kindheit reiste Roberto Bolaño wegen der vielen Umzüge seiner Eltern kreuz und quer durch Chile. Als Schüler litt er an Legasthenie. Mit 13 Jahren zog Bolaño mit seinen Eltern nach Mexiko-Stadt. Dort verbrachte er den größten Teil seiner Jugend. Mit dem mexikanischen Dichter Mario Santiago gründete er später die avantgardistische Gruppe der Infrarealisten, die gegen etablierte Schriftsteller rebellierten und deren Lesungen sabotierten. Roberto Bolaño führte das ausschweifende Leben eines wilden Poeten, mit Drogenkonsum und tiefer Leidenschaft für die Literatur.[1]

1973 kehrte er nach Chile zurück, um an der Aufbruchstimmung während der Regierung Salvador Allendes teilzuhaben. Nach dem Putsch in Chile 1973 vom 11. September 1973 wurde er acht Tage lang gefangen gehalten, konnte dann aber mit Hilfe von Freunden das Land verlassen. Er ging zunächst nach El Salvador und später zurück nach Mexiko. Nach dem Ende des Franco-Regimes verlegte er 1977 seinen Wohnsitz nach Spanien. Mit seiner Frau wohnte er in Blanes, einem Küstenort in der Nähe von Barcelona. Dort wurden seine beiden Kinder geboren. Seinen Lebensunterhalt verdiente er als Hilfsarbeiter, Tellerwäscher, Kellner, Nachtwächter und Hafenarbeiter.

Als er zwischen 1978 und 1981 auf einem Campingplatz in Castelldefells arbeitete, lernte er eine Hauptfigur aus Javier Cercas' Roman Soldaten von Salamis kennen: Miralles, der als Camping-Gast jedes Jahr von Frankreich nach Spanien kam. Während eines Gesprächs im Jahre 2000, das Cercas mit Bolaño führte, lieferte er ihm allen Stoff für Cercas’ Recherche und wurde selbst zu einer Gestalt des Romans.[2]

Roberto Bolaño begann als surrealistischer Lyriker. Er war ein unbekannter Schriftsteller, bis er 1998 für Los detectives salvajes den Premio Herralde de Novela und den Premio Rómulo Gallegos, einen der angesehensten lateinamerikanischen Literaturpreise bekam. Sein Ruhm währte nur kurz. Bolaño litt in seinen letzten Lebensjahren an einer Leberzirrhose. Während er auf eine Lebertransplantation wartete, starb Roberto Bolaño 50jährig in Barcelona.

In seinem von seiner Witwe Carolina López durchgesehenen Nachlass fand sich ein weiteres Werk: Los sinsabores del verdadero policía (Die Unannehmlichkeiten des echten Polizisten).[3] Sein letztes zu Lebzeiten veröffentlichtes Buch Lumpenroman und der posthum veröffentlichte Roman, 2666, der als sein literarisches Vermächtnis gilt, sind seinen Kindern gewidmet. [4]

Bolaño gilt als einer der begabtesten lateinamerikanischen Autoren der jüngeren Generation. Seine Werke werden bisweilen mit denen von Julio Cortázar verglichen. Den stärksten Einfluss auf sein Werk dürfte aber Jorge Luis Borges gehabt haben, an dessen bibliomane Fantasien viele von Bolaños Werken erinnern. Bemerkenswert ist bei Bolaño das gespaltene Verhältnis zu seinem Heimatland Chile und zur lateinamerikanischen literarischen Tradition generell sowie seine ausgeprägt satirische Ader. Erst postum wurde er einem breiteren Publikum durch Übersetzungen in den USA und Deutschland bekannt.

Preise

  • Premio Ámbito Literario de Narrativa (Roman)
  • Premio municipal de Santiago de Chile (Roman)
  • Premio Herralde (Roman)
  • Premio Rómulo Gallegos (Roman)
  • Premio Ciudad de Barcelona
  • Premio Salambó
  • Premio Fundación Lara
  • Premio Altazor
  • National Book Critics Circle Award (2008, USA)

Werke (Auswahl)

in spanischer Sprache
übersetzt ins Deutsche
  • Die Naziliteratur in Amerika (La literatura nazi en América). Kunstmann Verlag, München 1999, ISBN 3-88897-212-4 (übers. von Heinrich von Berenberg).
  • Stern in der Ferne. Roman (Estrella distante). Verlag Antje Kunstmann, München 2000, ISBN 3-453-19606-6 (übers. von Christian Hansen).
  • Die wilden Detektive. Roman (Los detectives salvajes). Dtv, München 2009, ISBN 978-3-423-13182-7 (übers. von Heinrich von Berenberg).
  • Amuleto. Roman (Amuleto). Verlag Antje Kunstmann, München 2002, ISBN 3-88897-307-4 (übers. von Heinrich von Berenberg).
  • Telefongespräche. Erzählungen (Llamadas telefónicas). Übersetzt von Christian Hansen. Hanser Verlag, München 2004, TB: München (dtv) 2008, ISBN 978-3-423-13669-3
  • Der unerträgliche Gaucho. Roman (El gaucho insufrible). Kunstmann Verlag, München 2006, ISBN 978-3-88897-446-5 (übers. von Hanna Grzimek und Peter Kultzen).
  • Chilenisches Nachtstück. Roman (Nocturno de Chile). Dtv, München 2010, ISBN 978-3-423-13880-2 (übers. von Heinrich von Berenberg).
  • Exil im Niemandsland. Fragmente eine Autobiografie (Entre paréntesis und Tres). Berenberg Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-937834-26-9 (übers. von Kirsten Brandt und Heinrich von Berenberg).
  • Labyrinth. Erzählung. Septime Verlag, Wien 2009 (übers. von Christiane Barnaházi und Elisabeth Schöberl). ISBN 978-3-902711-00-7
  • 2666. Roman. Hanser Verlag, München 2009, ISBN 978-3-446-23396-6 (übers. von Christian Hansen).
  • Das Dritte Reich. Roman. Aus d. Span. v. Christian Hansen. Hanser Verlag, München 2011, ISBN 978-3-446-23610-3.

Literatur

  • Patricia Espinosa H.: Territorios en fuga. Estudios críticos sobre la obra de Roberto Bolaño. Frasis, Providencia Santiago 2003, ISBN 956-817-003-0, (Colección ensayos).
  • Durán-Merk, Alma: Representaciones de la experiencia migratoria en la literatura: LOS DETECTIVES SALVAJES de Roberto Bolaño. OPUS: Augsburg, 2010. (PDF-Datei)

Einzelnachweise

  1. Das wilde Leben des Roberto Bolaño. In: 2666, S. 1198
  2. Javier Cercas, Soldaten von Salamis. Aus dem Spanischen von Willi Zurbrüggen, Berlin (Berlin Verlag) 2002, ISBN 3-8270-0464-0, S. 153-177.
  3. Julia Encke am 28. November 2010 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
  4. Vgl. sein letztes Interview (englisch).

Weblinks


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