Lebertransplantation

Lebertransplantation

Eine Lebertransplantation (LTX) ist die Verpflanzung (Transplantation) einer gesunden Leber eines Verstorbenen oder eines Teils einer Leber eines Gesunden in den Körper eines leberkranken Patienten. Bei Kindern sind meist Gallenwegsmissbildungen, bei Jugendlichen meist Stoffwechselerkrankungen und bei Erwachsenen eine endgradige Zirrhose der Grund für eine Transplantation.[1]

Inhaltsverzeichnis

Indikationen

Faktoren, die eine Transplantation erforderlich machen können, sind beispielsweise:

Im Gegensatz zu anderen Organen wie Niere, Herz oder Lunge ist eine Ersatztherapie wie Dialyse, Herz-Lungen-Maschine oder ECMO für die Leber heute noch nicht möglich. Somit bedeutet endgültiges Leberversagen ohne Transplantation schnell den Tod des Patienten. Aus diesem Grund können Menschen mit hochakuten Erkrankungen auf der Warteliste vorgezogen werden.

Aufgrund des Spendermangels sterben heute nicht wenige Patienten auf der Warteliste (siehe Organspende, Deutsche Stiftung Organspende, DSO). Aus diesem Grund werden Verfahren wie die Leberlebendspende und Split-Lebern durchgeführt.

Durchführung

Nachdem ein passendes Spenderorgan für den Wartenden gefunden wurde, ist Zeit der wichtigste Faktor. Das Organ muss innerhalb von 16–24 Stunden nach der Entnahme in den Körper des Empfängers verpflanzt werden, da sich die Funktionsfähigkeit schnell verschlechtert. In dieser Zeit wird das Organ auf seine Transplantationsfähigkeit überprüft und in das Transplantationszentrum des Organempfängers gebracht. Sollte der Empfänger nicht vor Ort sein, wird er abgeholt. Dieses Zeitfenster wird zudem durch die Dauer der eigentlichen Operation verkürzt, welche sich oftmals auf über 8 Stunden beläuft.

Im Gegensatz zu anderen Organen wie Niere oder Pankreas handelt es sich bei der Lebertransplantation um eine orthotope Transplantation. Das heißt, dass das neue Organ an der gleichen Stelle im Körper implantiert wird wie das zuvor entnommene alte (engl. Abkürzung OLT = Orthotopic Liver Transplant). Diese kompliziertere Vorgehensweise ist notwendig, da die Gefäßversorgung der Leber mit ihren drei Gefäßen (untere Hohlvene, Pfortader, Leberarterie) und dem Gallengang nur an dieser Stelle im Körper gewährleistet werden kann.

Durch einen großen Oberbauchschnitt werden zunächst die Blutgefäße offengelegt, die direkt mit der Leber verbunden sind. Oftmals verursacht die zirrhotische Erkrankung eine portale Hypertension, die sich, ebenso wie die bei Lebererkrankung häufig auftretenden Gerinnungsstörungen, erschwerend auf die dann folgende Explantation des alten Organs auswirken kann.

Zunächst wird ein portocavaler Shunt angelegt, bei dem das Blut, welches normalerweise von der Pfortader in die Leber fließt, in die untere Hohlvene (Vena cava inferior) umgeleitet wird. Danach werden die Leberarterie, der Gallengang und schließlich die Lebervene durchtrennt, die Leber wird in diesem Moment entnommen. Noch während der Entnahme wird die Spenderleber auf die Implantation vorbereitet. Die vier zentralen Schritte nach Einsetzen des neuen Organs sind die Verbindung der oberen Vena Cava des Spenders mit der Cava des Empfängers, danach findet die Rekonstruktion der Pfortader statt. Nach dieser Anastomose wird die Pfortader geöffnet. In diesem Moment fließt das Blut durch den geöffneten Schenkel der unteren Hohlvene des Spenders in den Bauchraum, dies dient dazu die Konservierungslösung aus dem Organ zu entfernen. Nachdem die Konservierungslösung entfernt worden ist, wird die untere Spenderhohlvene verschlossen. Jetzt finden die Anastomosen zwischen Leberarterie des Spenders und der Arterie Gastroduodenalis statt, als letztes wird der Gallengang rekonstruiert.

Komplikationen

Bei der Lebertransplantation treten etliche Risiken auf, die diesen Eingriff zu einer der schwierigsten Organverpflanzungen machen, wie zum Beispiel:

  • Infektionen (von den Patienten, die nach einer Lebertransplantation versterben ist in ca. 70 % der Fälle eine Infektionserkrankung die Ursache)
  • erhöhte Blutungsneigung (durch Stoffwechselstörungen)
  • initiale Nichtfunktion und schwere Dysfunktion des Transplantates
  • Thrombosebildung
  • Undichtigkeiten in der Gallengangsverbindung
  • Abstoßungsreaktionen
  • Biliom (eine mit Galle gefüllte echte oder falsche Zyste bzw. ein Galleleck mit intraabdomineller Gallenansammlung)
  • Ischemic Type Biliary Lesion (ITBL)
  • Reinfektionen von Hepatitis C
  • Fibrosing Cholestatic Hepatitis (FCH)

Manche dieser Komplikationen können eine Retransplantation notwendig machen.

Nachsorge

Postoperative Überwachung ist bei einer Lebertransplantation essentiell, die durchschnittliche postoperative Verweildauer in Akuteinrichtungen beträgt etwa einen Monat. Enorm wichtig ist die medikamentöse Unterdrückung des Immunsystems, da ansonsten schnell Abstoßungsreaktionen auftreten können. Allerdings ist die Lebertransplantation in Bezug auf die Immunsuppression etwas weniger kritisch als andere Transplantationen. Auch eine intensive psychologische Betreuung ist nahezu unverzichtbar.

Die vorher bestehenden Symptome der Leberkrankheit wie Müdigkeit, Schwäche und Gelbfärbung gehen in der Regel zurück, was dem Patienten ein neues Leben ermöglicht. Nach der Transplantation können die Organempfänger unter Berücksichtigung der erhöhten Infektanfälligkeit durch die Immunsuppression oft ein normales Leben führen.

Erfolgsquote

Die Lebertransplantation ist bei den oben genannten Erkrankungen die Therapie der Wahl. Durch ständige Verbesserung der Technik und Forschung auf dem Gebiet der Immuntherapie (Immunsuppression) steigt die Überlebensrate stetig an. Im Jahr 2005 wurden bereits Einjahres-Überlebensraten von über 90 %, 5-Jahres-Überlebensraten von über 80 % und 10-Jahres-Überlebensraten von über 70 % erreicht.[2] Die Überlebensquoten sind jedoch stark abhängig von der Grunderkrankung sowie dem Gesamtzustand, Folge- und Begleiterkrankungen des Patienten. Die mit einem Langzeitüberleben von über 90 % beste Prognose haben Patienten, die aufgrund einer Primär Biliären Zirrhose transplantiert wurden.

Aus verschiedenen Gründen kann es zu Versagen des Transplantates und erneuter Transplantation („Retransplantation“) kommen.

Spendermangel / Leberlebendspende / Split-Leber

Das größte Problem ist jedoch wie bei allen Transplantationen das Ungleichgewicht zwischen Patienten, die auf einer Warteliste stehen, und potentiellen Organspendern.

Da die Leber in der Lage ist, sich zu regenerieren, also nachzuwachsen, kommen wie bei der Nierentransplantation auch Lebendspenden von passenden Spendern in Frage. Hier spielen jedoch ethische Überlegungen eine große Rolle, so dass nur Spender aus dem engsten Verwandtenkreis in Frage kommen. Zudem muss der Spender zu 100% gesund sein, sodass gewährleistet werden kann, dass er keine Schäden von dem Eingriff davonträgt. In jedem Fall soll verhindert werden, dass es zu illegalem Organhandel kommt (Siehe Transplantation).

Die Fähigkeit der Leber, sich zu regenerieren, macht sich auch das Verfahren der Split-Leber zunutze. Dabei wird ein Spenderorgan auf zwei Empfänger aufgeteilt. Dieses Verfahren wird sehr gerne bei Kindern angewandt, da es für Kinder nicht viele passende Organe (Größentechnisch) gibt.

Geschichte

Die erste Lebertransplantation weltweit am Menschen wagte am 1. März 1963 der US-Chirurg Thomas Starzl in Denver.[3] Am 19. Juni 1969 nahm Alfred Gütgemann am Universitätsklinikum Bonn erstmals eine solche Operation in Deutschland vor.[4] 1989 hat Christoph Broelsch die erste erfolgreiche Lebendtransplantation einer Leber durchgeführt.

Einzelnachweise

  1. Siewert: Chirurgie. 8. Auflage.
  2. P. Neuhaus u. a.: Aktuelle Aspekte der Lebertransplantation. Uni-Med-Verlag, Bremen u. a. 2005, ISBN 3-89599-774-9.
  3. Nadey S. Hakim, Gabriel M. Danovitch, J. Dausset: Transplantation Surgery. Springer, London u. a. 2001, ISBN 1-85233-286-7, (englisch), Google Books, abgefragt am 5. Mai 2009
  4. WDR-Kalenderblatt vom 19. Juni 2004, abgefragt am 5. Mai 2009

Weblinks

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