- Rolling-Shutter-Effekt
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Der Rolling-Shutter-Effekt ist ein Lagefehler in Abbildungen, der durch ein technisches Phänomen bei der zeilen- oder spaltenweisen fotografischen Aufnahme von bewegten Bildern auftreten kann. Der Begriff stammt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt so viel wie „rollender Verschluss“.
Inhaltsverzeichnis
Erklärung
Es erscheint zunächst selbstverständlich, dass die Belichtung aller Punkte des lichtempfindlichen Elements (Film oder Sensor) einer Kamera zum exakt gleichen Zeitpunkt beginnt. Es gibt aber Kameras, bei denen das bauartbedingt nicht für die gesamte Fläche zutrifft; dort muss man sich vielmehr eine "Linie gleichzeitigen Belichtungsstarts" vorstellen, die entweder zeilenweise oder spaltenweise über das Element wandert, wofür sie eine zwar nur kurze, aber doch nicht zu vernachlässigende Zeit benötigt.
Solange das Motiv unbewegt ist, werden auch bei solchen Kameras alle Bildpunkte an ihrer korrekten Position belichtet, unabhängig davon, wann die entsprechenden Punkte belichtet wurden. Werden jedoch Aufnahmen eines bewegten Motivs, oder mit bewegter Kamera, mit nacheinander belichteten Zeilen aufgenommen, werden Objekte an ihrem momentanen Ort abgebildet - und da die Abbildung zeilenweise erfolgt, hat sich das Objekt von einer zur nächsten Zeile schon so weit bewegt, dass bei Zusammensetzung aller Zeilen ein Objekt zur Darstellung kommt, das nicht als Ganzes auf einmal abgebildet wurde, sondern zeilenweise zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Eine gerade Linie des Motivs kann bei einem Kameraschwenk oder einem bewegten Motiv (entsprechend der nacheinander folgenden einzelnen Zeilen) krumm oder verzerrt abgebildet werden.
Dieser Rolling-Shutter-Effekt tritt bei Digitalkameras typischerweise bei Bildwandlern in CMOS-Technik auf, da diese in der Regel nur eine zeilen- beziehungsweise spaltenweise Signalauswertung zulassen. Aber auch Kameras auf Filmbasis, deren Belichtungstechnik auf einem Schlitzverschluss basiert, zeigen den Effekt. Er tritt hierbei besonders deutlich zu Tage, wenn das Motiv mit einem Stroboskop beleuchtet wird.
Hochauflösende Camcorder und videotaugliche Digitalkameras werden zunehmend mit CMOS-Bildwandlern ausgestattet, die die früher üblichen CCD-Sensoren ersetzen. Durch die CMOS-Bildwandler kann es bei diesen Geräten zum Auftreten des Rolling-Shutter-Effektes kommen. Wie bei der Fotografie tritt dieser Effekt durch diagonale Verzerrung bei der Aufnahme von schnell bewegten Motiven in Erscheinung, darüber hinaus führen stärkere Vibrationen des Aufnahmegerätes, wie sie zum Beispiel bei Aufnahmen aus einem Fahrzeug vorkommen, zu einer starken Verzeichnung des gesamten Bildes, wodurch die Aufnahmen unter Umständen unbrauchbar werden.
Beispiele zur Veranschaulichung
Simulation
In den folgenden Bildern wird ein Kameraschwenk nach links (das Motiv wandert nach rechts) bei der Aufnahme einer senkrechten, grünen Linie mit drei von unten nach oben aufeinanderfolgenden Zeilen schematisch dargestellt:
Rolling-Shutter-Effekt Bei höherer Zeilenanzahl werden die Stufen und Sprünge entsprechend kleiner, so dass im Grenzfall eine kontinuierliche schräge Linie entstehen würde.
Flachbettscanner
Die folgenden beiden Bilder sind nacheinander mit demselben Flachbettscanner mit Zeilensensor aufgenommen worden. Beim ersten Bild war die Papiervorlage unbewegt, beim zweiten Bild wurde die Vorlage mit gleichmäßiger Geschwindigkeit senkrecht zur Bewegungsrichtung der Scan-Einheit bewegt, so dass der Rolling-Shutter-Effekt sichtbar wird.
Rolling-Shutter-Effekt beim Zeilenscanner Rotierende Sektorscheibe mit Skizzen theoretischer Fotos
Die Scheibe hat 12 schwarze und 12 weiße Sektoren. Der Schlitz läuft beschleunigt von rechts nach links, die Sektorscheibe dreht gegen den Uhrzeiger. Auf dem realen Foto sind die Sektorgrenzen selbst bei kürzester Belichtungszeit unscharf. Im unteren Bereich laufen Schlitz und Scheibe gegeneinander: Die Sektoren werden gestaucht. Im oberen Bereich spielt sich ein komplizierter Überholvorgang ab (komplizierter als auf den Planetenbahnen). Wenn der Schlitz den Drehpunkt überquert, hat ein Punkt der Scheibe dieselbe Geschwindigkeit (in Skizze 2 deutlich zu sehen). Der Zufall des Auslösezeitpunkts bestimmt die Lage dieses Punktes. Liegt er mitten im schwarzen Sektor, ist die große schwarze Figur in Skizze 1 (abgesehen von der zunehmenden Schlitzgeschwindigkeit) symmetrisch: beide "Arme" liegen gleich hoch. Wandert dieser Punkt durch einen anderen Auslösezeitpunkt an den Sektorrand, sinkt der linke Arm und der rechte steigt, die Figur schnürt sich weiter ein, bis die beiden weißen Flächen sich berühren (Skizze 2) und die schwarze Figur in 2 Teile teilen.
Ein Flugzeugpropeller erleidet dasselbe Schicksal wie die Sektoren: Er wird zu einer Banane verbogen.
Rollende Räder werden zu Ellipsen verformt, wenn die Kamera nicht mitgezogen wird.
Ein Baseball-Spieler schlägt einen Ball. Das Foto zeigt den Ball, der sich um den Schläger "wickelt". Auf der Erde sind Schläger und Ball als Schatten zu sehen: Beide sind getrennt, weil das Schattenbild etwas früher abgebildet wurde als das Original.
Beim Fernsehbild sind ganz ähnliche Skizzen zu sehen, wenn die Scheibe exakt so schnell dreht, dass zwischen 2 Halbbildern 2 Sektoren (oder 4 oder 6) durchgewandert sind (Stroboskop): Das Bild steht und kann in Ruhe studiert werden. Dreht die Scheibe etwas langsamer (oder schneller), dann verformt sich die Skizze in der oben beschriebenen Weise: Die gestauchten Sektoren drehen sich etwas zu langsam, der überholte Sektor springt blitzschnell zur anderen Seite, wie wenn eine Seite im Buch umgeblättert wird.
Kategorien:- Bildfehler
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