- Rollwiderstand
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Der Rollwiderstand (auch: Rollreibung oder rollende Reibung) ist die Kraft, die beim Abrollen eines Rades oder Wälzkörpers entsteht und der Bewegung entgegen gerichtet ist. Da der Rollwiderstand etwa proportional zur Normalkraft ist, wird als Kennwert der Rollwiderstandskoeffizient cR (auch: Rollwiderstandsbeiwert, Rollreibungsbeiwert usw.) gebildet.
- – Rollwiderstand ist Rollwiderstandskoeffizient mal Normalkraft
Die Werte für die Rollwiderstandskoeffizienten sind verglichen mit den passenden Werten für Gleitreibung erheblich kleiner. Daher haben Wälzlager (z. B. Kugellager) gegenüber Gleitlagern in Bezug auf Reibung Vorteile.
Der Rollwiderstandskoeffizient cR hängt neben der Material-Paarung auch von der Geometrie (Radius des Rollkörpers) ab.
Die Kraft, die überwunden werden muss, um einen Körper (beispielsweise ein Rad) aus dem Stillstand in rotierende Bewegung zu versetzen, wird als Anfahrwiderstand bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Grundlagen
Beim Abrollen werden sowohl der rollende Körper als auch die Unterlage (die Fahrbahn) verformt. Die Verformung erfolgt sowohl an dem Wälzkörper selbst als auch an der Wälzkörperbahn und zwar am Berührungspunkt oder an der Berührungslinie. Im Wesentlichen ist dies zwar eine elastische Verformung, es kommen jedoch Vorgänge hinzu, die einen Energieverlust verursachen. Das sind beispielsweise Gleitreibungsanteile beim Abrollen der außermittigen Reifenteile oder bei Kurvenfahrt, die Walkarbeit im Reifengummi oder plastische Vorgänge im Untergrund (Fahren auf Sand, Splitt oder Vorgänge im Schotter des Gleisbettes). Beispiele:
- Kombination Stahlrad-Schiene bei der Eisenbahn, bei dem die Schiene auf Schwellen dämpfend in einem Schotterbett liegt. Damit das Rad wieder aus dem „Tal“ der Eindruckstelle herauskommt, muss der Zug daher auch bei horizontaler Strecke ständig leicht "bergauf fahren". Hinzu kommt Reibung bei Kurvenfahrt aufgrund der starren Achsen. Auch wenn ein gummibereiftes Fahrzeug auf weichem Untergrund, z.B. lockerem Sand, fährt, wird das Fahren umso beschwerlicher, je schmaler die Reifen sind, d.h. je tiefer sie dadurch in den Sand einsinken. Geländegängige Fahrzeuge wie Mountainbikes usw. besitzen daher eher breite Reifen.
- Kombination Reifen-Fahrbahnbelag, bei der umgekehrt die Verformung des Reifens meist sichtbar größer ist als die der (befestigten) Straße. Ein erhöhter Luftdruck im Reifen mindert den Rollwiderstand, weil er die Walkarbeit und die Berührungsfläche herabsetzt. Das erleichtert auch die Kurvenfahrt, hat jedoch negative Auswirkungen auf die Straßenlage und den Fahrkomfort, sodass meist ein Kompromiss nötig ist. Auch bei Fahrrädern ist der Rollwiderstand auf einer harten Unterlage, z.B. Asphalt, umso geringer, je härter man die Reifen aufpumpt. Fahrräder für feste Untergründe, z.B. Rennräder, besitzen daher eher schmale Reifen und fahren mit ähnlich hohem Reifeninnnendruck wie LKW.
- Das Rollen sogenannter Medizinbälle erfordert extra große Kraft. Das wird dadurch erreicht, dass diese eine nicht nur relativ schwere, sondern auch in gewissen Grenzen plastische Füllung besitzen, die sich beim Abrollen beständig verformt und dazu zusätzlicher Energie bedarf. Häufig kommt es infolge der Dauerbelastung zu einer Materialermüdung und Teile werden herausgelöst. Das ist die sogenannte Grübchenbildung (englisch: Pitting).
Rollwiderstandskoeffizient
Durch die Verformung beim Abrollen wird die Kontaktkraft zwischen Körper und Unterlage asymmetrisch (Fig.1). Der Ersatz der Kontaktkräfte durch statisch äquivalente Einzelkräfte ergibt eine Normalkraft FN, welche um die Strecke d nach vorne verschoben ist, und eine Reibungskraft FR entgegen der Bewegungsrichtung (Fig.2).
Aus den Gleichgewichtsbedingungen folgt für Rollen bei konstanter Geschwindigkeit
Der Quotient ist der Rollwiderstandskoeffizient cR (veraltet auch: Rollwiderstandsbeiwert, Rollreibungsbeiwert):
Damit bekommt der Ausdruck für die Rollreibung FR die Form
Der Rollwiderstandskoeffizient ist eine dimensionslose (einheitenfreie) Zahl, die von Materialeigenschaften und Geometrie des abrollenden Körpers abhängt (Bei Reifen stark vom Luftdruck). Typische Zahlenwerte des Rollwiderstandskoeffizienten liegen um ein bis über zwei Größenordnungen unter denen des Gleitreibungskoeffizienten.
Typische Rollwiderstandskoeffizienten cR
cR Wälzkörper/Wälzkörperbahn 0,0005–0,001 Kugellager, Kugel und Lager aus gehärtetem Stahl4 0,001–0,002 Eisenbahnrad auf Schiene1 0,0035 Fahrradreifen auf Asphalt 5 0,006–0,010 Autoreifen auf Asphalt, Lkw 0,011–0,015 Autoreifen auf Asphalt, Pkw 0,01–0,02 Autoreifen auf Beton2 0,020 Autoreifen auf Schotter 0,015–0,03 Autoreifen auf Kopfsteinpflaster2 0,03–0,06 Autoreifen auf Schlaglochstrecke2 0,045 Verbinderkette (Raupenfahrwerk, Leopard 2) auf fester Fahrbahn 0,050 Autoreifen auf Erdweg 0,04–0,08 Autoreifen auf festgefahrenem Sand2 0,035–0,08 Gurtband (Raupenfahrwerk, Caterpillar Challenger und John Deere 8000T) auf Asphalt 0,2–0,4 Autoreifen auf losem Sand2/3 - Gustav Niemann gibt für Eisenbahnräder folgende (aus Versuchen ermittelte) Formel an: ; d und D in mm. Bei 800 mm Raddurchmesser ergibt sich ca. 0,4 mm, was einem Koeffizienten von 0,001 entspricht.
- Quelle: Schmidt, Schlender 2003
- Wer schon einmal versucht hat, am Strand Fahrrad zu fahren, kann diese hohen Zahlenwerte aus eigener Anschauung bestätigen
- Quelle: Dubbel: Taschenbuch für den Maschinenbau
- Quelle: http://adelmo.de/Studium/PDF/Moussa,%20Adel.%20Rollwiderstand%20beim%20Fahrrad.%20WWU%20Muenster.%202007.%20www.adelmo.de.pdf
Grenzen der Theorie
Die oben beschriebene Beziehung ist ein vereinfachtes Modell, welches für die meisten Berechnungen in der Technik ausreichend ist. Die Abhängigkeit der Reibung von weiteren Größen (Kontaktkraft, Geschwindigkeit, etc.) wird hierbei nicht berücksichtigt.
Ferner betrachtet das beschriebene Modell nicht den möglichen Einfluss eines dritten Stoffes, der an der Grenzschicht zwischen Wälzkörper und Wälzkörperbahn vorhanden sein kann (Flüssigkeit oder Schmierstoff). Beispiele sind Schmierfett auf der Schiene oder Glatteis auf der Straße. In einem solchen Fall wird von Mischreibung gesprochen.
Extreme Werte für Geschwindigkeiten und Temperaturen sowie eventuell chemische Einflüsse an den Kontaktstellen können mit diesem Modell nicht erfasst werden.
Weiterführende Informationen
- T. Schmidt, D.Schlender (2003): Untersuchung zum saisonalen Reifenwechsel unter Berücksichtigung technischer und klimatischer Aspekte
- Popov, Valentin L.: Kontaktmechanik und Reibung. Ein Lehr- und Anwendungsbuch von der Nanotribologie bis zur numerischen Simulation, Springer-Verlag, 2009, 328 S., ISBN 978-3-540-88836-9.
Weblinks
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