Roop Kanwar

Roop Kanwar

Roop Kanwar (* 1969; † 4. September 1987 in Deorala, Rajasthan) ist ein Opfer der Witwenverbrennung in Indien.[1] Die Verbrennung wurde von vielen Zuschauern verfolgt und in aller Welt durch Medien und Wissenschaft rezipiert. Tausende Anhänger der Witwenverbrennung pilgerten anschließend zu dem Ort. Der Tod von Roop Kanwar führte zu heftigen öffentlichen Auseinandersetzungen und einer weiteren Verschärfung des Verbots der Witwenverbrennung.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kanwar wuchs in der Metropole Jaipur im Wüstenstaat Rajasthan auf und hatte 10 Jahre Schulbildung genossen. Sie heiratete den Lehrer Maal Singh und zog zu ihm in sein kleines Heimatdorf Deorala. Das Paar war kinderlos. Zum Zeitpunkt ihres Todes war sie seit acht Monaten verheiratet.

Verbrennung

Kanwar verbrannte im Alter von 18 Jahren auf dem Scheiterhaufen ihres Mannes. Ihr 24-jähriger Mann war am Vortag an Gastroenteritis verstorben. Die Berichte über die Verbrennung sind, bezüglich der Freiwilligkeit von Kanwars Tod, widersprüchlich.

So soll Kanwar beim Anblick der Leiche ihres Mannes nicht geweint und geäußert haben, sie wolle ihm folgen. Nachbarn und Verwandte, die sie von diesem Vorhaben abbringen wollten, habe sie mit besonderen Flüchen, den „Sati-Flüchen“, belegt. Das Vorhaben sei im Voraus bekannt gewesen und ihr Entschluss wurde von Dorfältesten und heiligen Männern geprüft. Kanwar habe sich auf den Scheiterhaufen gesetzt, den Kopf ihres toten Mannes auf den Schoss genommen und ihren 15-jährigen Schwager gebeten, den Scheiterhaufen anzuzünden.[2]

Andere Quellen berichten Kanwar sei auf den Scheiterhaufen gezwungen worden.[1] Der Verbrennung haben 900 Zuschauer von Beginn an beigewohnt, später ist die Menschenmenge noch stark angewachsen.

Geschehen nach der Verbrennung

Das Ereignis verursachte einen Aufschrei des Entsetzens in den städtischen Zentren Indiens und zeigte die Gegensätze zwischen traditionellen und modernen indischen Ansichten.[3]

Nach ihrem Tod wurde Kanwar als eine satimata verehrt, als „Sati-Mutter“ mit angeblich göttlichen Eigenschaften. Tausende von Pilgern besuchten das Dorf Deorala, ungefähr 200 km südwestlich von Neu-Delhi, um Kanwar zu verehren. Drei Monate nach der Verbrennung hatten die Bewohner von Rajasthan bereits 230.000 US-$ gesammelt, um einen in Planung befindlichen Tempel für Kanwar zu bauen.[2] Ein Jahr nach Kanwars Tod, im Jahr 1988, wurde ein Fest mit rund 3000 Teilnehmern zu Ehren der Sati Roop Kanwar gefeiert.[4] Auch wurden Fotografien von Kanwar auf dem Scheiterhaufen in großen Stückzahlen verkauft.[5]

Der Vorfall führte, vor allem auf Druck von Frauenorganisationen, zu einem neuem Gesetz. Die Zentralregierung erließ den „The Commission of Sati (Prevention) Act“, welcher Witwenverbrennungen und die Verehrung von verbrannten Witwen unter Strafe stellte.[6][7]

Prozesse

Im Zusammenhang mit Kanwars Verbrennung wurden mehrere umstrittene Prozesse geführt, die sich jeweils über mehrere Jahre hinzogen. Es wurden alle zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung noch lebenden Angeklagten freigesprochen. Die Urteile wurden kontrovers aufgenommen.[8][9]

Mordprozess

32 Personen wurden wegen Mordes an Kanwar angeklagt. Unter den Angeklagten befanden sich ihr Schwiegervater und ihr Schwager. Jedoch war die Anklage nicht imstande, Zeugen vorzuladen, die bereit waren den Vorfall vor Gericht zu bezeugen. Auch konnte sie die Filme, welche mehrere Zuschauer von der Verbrennung gedreht hatten, dem Gericht nicht vorlegen. Der Mordhergang, der laut Anklage darin bestanden haben soll, dass der Scheiterhaufen zusammen mit der lebendigen Kanwar entzündet wurde, konnte somit nicht bewiesen werden. Daher wurden alle Angeklagten am 11. Oktober 1996 freigesprochen, auch der Schwager, der beschuldigt worden war, den Scheiterhaufen angezündet zu haben.[3]

Prozess wegen Verherrlichung der Witwenverbrennung

16 Personen wurden wegen Verherrlichung der Witwenverbrennung von Kanwar angeklagt. Unter den Angeklagten befanden sich ihr Schwiegervater, ihr Schwager, Bewohner von Deorala sowie hochgestellte Persönlichkeiten, die an dem Fest 1988 teilnahmen, beispielsweise der vorherige Minister und Vize-Präsident der BJP in Rajasthan, einer hindunationalistischen Partei, Rajendra Singh Rathore. Am 31. Januar 2004 wurden alle 11 Angeklagten, die zu diesem Zeitpunkt noch lebten, freigesprochen. Das Gericht in Jaipur begründete das Urteil damit, dass nicht bewiesen werden konnte, dass Kanwar den Sati-Tod gestorben sei. Wenn jedoch kein Sati begangen wurde, kann laut Urteilsspruch dieser auch nicht verherrlicht werden und daraus keine Straftat resultieren.[10][11]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b India seizes four after immolation Nach Witwenverbrennung vier Personen festgenommen, The New York Times, 1987
  2. a b Wife Emolates Herself On Husband's Funeral Pyre, Hinduismus Today, Dezember 1987
  3. a b „Sati“ and the verdict. In: Frontline Magazine. Vol. 21, Nr. 5, 2004 (online).
  4. 'Glorification of Sati' Outlawed in India, Hinduism Today, Dezember 1988.
  5. The burning of Roop Kanwar, Madhu Kishwar and Ruth Vanita, Race & Class, July 1988, 30: 59-67
  6. The Commission of Sati (Prevention) Act, genauer Gesetzestext von 1987.
  7. Vgl.: Maja Daruwala, Central Sati Act - An analysis, 1988.
  8. Sati glorification: Crime, Society And The Wheels Of Injustice, Countercurrents, 2004.
  9. Trial by fire, Commmunalism Combat, Special Report, Februar/März 2004, Vol. 10, Nr. 96.
  10. All accused in Roop Kanwar case acquitted, The Times of India, 31. Januar 2004.
  11. Rajasthan High Court Accepts Sati Writ Petitions, South Asia Citizens Web, 4. August 2004.

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