Römisch-Germanisches Zentralmuseum

Römisch-Germanisches Zentralmuseum

Das Römisch-Germanische Zentralmuseum (RGZM) in Mainz ist ein weltweit tätiges Forschungsinstitut für Vor- und Frühgeschichte, das von Bund und Ländern getragen wird und zur Leibniz-Gemeinschaft deutscher Forschungseinrichtungen gehört.

Gegliedert in mehrere Abteilungen, arbeitet das Institut im Bereich der Alten Welt sowie seiner Kontaktzonen von der Altsteinzeit bis ins Mittelalter. Daneben unterhält es eine ständige Schausammlung und wendet sich auch durch seine zahlreichen Publikationen und Veranstaltungen der anschaulichen Vermittlung neuester Forschungsergebnisse an eine breite Öffentlichkeit.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Museum wurde von Ludwig Lindenschmit dem Älteren 1852 gegründet, nachdem auf der „Versammlung deutscher Geschichts- und Alterthumsforscher“ am 16. bis 19. August 1852 in Dresden die Gründung eines „Centralmuseum für germanische und römische Altertümer“ in Mainz und eines „Germanischen Museums“ in Nürnberg (Germanisches Nationalmuseum Nürnberg) beschlossen wurde. Die Ansiedlung des Zentralmuseums in der im Mittelalter bedeutenden Stadt Mainz und seine Unterbringung im kurfürstlichen Schloss sind nicht zufällig, sondern symbolisch für den nationalen Anspruch des Museums zu Zeiten des Deutschen Bundes.

In den ersten Jahren seines Bestehens war das RGZM mit großen finanziellen und strukturellen Schwierigkeiten konfrontiert, da einerseits die vom Gesamtverein in Aussicht gestellte Unterstützung ausblieb und das Nürnberger Germanische Museum einen Alleinvertretungsanspruch aufstellte und den Vorstand des Mainzer Museums bedrängte, sich dem Germanischen Museum anzuschließen. Erst mit der Reichsgründung 1871 erhielt das RGZM einen jährlichen Etat, der es auch Ludwig Lindenschmit ermöglichte, die Museumsarbeit hauptamtlich auszuüben (bis dahin arbeitete er noch als Zeichenlehrer). Ludwig Lindenschmit der Ältere prägte den Charakter des Museums als wissenschaftliche Kopiensammlung, die alle wesentlichen Funde aus Deutschland bzw. Europa zusammenführen und damit vergleichendes Arbeiten ermöglichen sollte. Nach seinem Tod übernahm sein Sohn Ludwig Lindenschmit der Jüngere die Leitung des Museums.

1900 wurde Karl Schumacher erster Direktor des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, für das er 25 Jahre tätig sein würde. Er erweiterte den Umfang des Museums von vier auf 27 Ausstellungsräume, ließ weitere Kopien und Rekonstruktionen in der museumseigenen Werkstatt herstellen und gab 297 Werke unter seinem Namen heraus, neben vielen Katalogen insbesondere das dreibändige Werk Siedlungs- und Kulturgeschichte der Rheinlande.

Die heutige Präsentation in Mainz führt den Charakter einer Studiensammlung fort, die sich mehr an Fachleute und fachinteressierte Laien als an ein breites Publikum wendet. Neuerdings werden auch "Wissenschaftspädagogische Programme" angeboten und Sonderausstellungen präsentiert, die aktuelle Forschungsarbeiten aufgreifen. Obwohl das RGZM zeitweise für Rheinhessen auch die Aufgaben der Denkmalpflege wahrgenommen und dabei auch eigene Ausgrabungen durchgeführt hat, bilden auch heute die Restaurierungswerkstätten des Museums die Grundlage seiner wissenschaftlichen Arbeiten, während Feldforschungsprojekte vorwiegend in den Außenstellen in Neuwied und Mayen betrieben werden.

Anfang Dezember 2007 wurde ein Neubau für das RGZM am Südrand der Stadt Mainz benachbart zum Schiffahrtsmuseum beschlossen.[1]

Am RGZM waren und sind einige bedeutende deutsche Archäologen tätig: z.B. Ludwig Lindenschmit der Jüngere, Paul Reinecke, Friedrich Behn, Kurt Böhner, Konrad Weidemann und Markus Egg. Derzeit ist Falko Daim Generaldirektor des RGZM.

Forschungsschwerpunkte

Abteilungs- und zeitübergreifend werden zeitlich befristete Forschungsschwerpunkte gebildet, an denen Wissenschaftler der verschiedenen Abteilungen gemeinsam an kulturhistorischen Fragestellungen arbeiten. Es handelt sich dabei um folgende Themen:

  • Frühmenschliche Expansionen und die Kolonisation Westeurasiens (z.b. die Erforschung des Homininenfundplatzes Dmanissi in Georgien),
  • Studien zum Aufkommen und zur Entwicklung der Großwildjagd,
  • Siedlungssysteme und interne Siedlungsorganisation im Paläolithikum und Mesolithikum,
  • Mediterrane Traditionen im Schiffbau in West-, Mittel- und Nordeuropa,
  • Formen der Romanisierung in den nördlichen Grenzprovinzen des Römischen Reiches von Britannien bis zum Schwarzen Meer,
  • Studien zur Struktur und Genese von Eliten in vor- und frühgeschichtlichen Gesellschaften,
  • Deponierungen in der Vor- und Frühgeschichte,
  • Entstehung einer Industrielandschaft,
  • das antike Steinbruch- und Bergwerkrevier zwischen Eifel und Rhein,
  • Transformation und Kulturaustausch am Rand der mediterranen Welt.

Die Präsentation der Forschungen ist eng mit dem Vulkanpark im Landkreis Mayen-Koblenz verbunden. Ein Schwerpunkt der Arbeiten liegt in der Erforschung der Nutzung der vulkanischen Gesteine als Baumaterial und als Mühlsteine insbesondere in römischer Zeit. Baumaterial aus der Osteifel wurde zum Bau der römischen Colonia Ulpia Traiana bei Xanten verwendet und gelangte bis ins südliche Skandinavien.

Das Forschungsmuseum ist Teil des 2008 gegründeten Forschungszentrums Erdwissenschaften an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie der Byzantinischen Archäologie Mainz, die Themen einer modernen interdisziplinären Auseinandersetzung mit den archäologischen Hinterlassenschaften des Byzantinischen Reiches aufgreift.

Forschungsabteilungen

Das RGZM besitzt mehrere Abteilungen und Außenstellen. Im Schloss in Mainz sind die drei Abteilungen angesiedelt:

  • Vorgeschichte
  • Provinzialrömische Archäologie
  • Frühmittelalter

Diesen Abteilungen sind mehrere Forschungsbereiche zugeordnet in Mainz, Museum für Antike Schifffahrt

  • Forschungsbereich Antike Schifffahrt

in Neuwied, Schloss Monrepos, Museum für die Archäologie des Eiszeitalters

  • Forschungsbereich Altsteinzeit

in Mayen

  • Forschungsbereich Vulkanologie, Archäologie, Technikgeschichte (VAT)

Temporär unterhält das RGZM Exposituren in China und Ägypten.

Restaurierungswerkstätten

Ein Schwerpunkt der Arbeiten des RGZM liegt in der Bearbeitung von Fundgegenständen, weniger in eigener Feldarbeit. Den Hintergrund dazu bilden die traditionsreichen und bedeutenden Restaurationswerkstätten des RGZM, in denen unter anderem die Ausrüstung der Gletscherleiche „Ötzi“ oder auch der aus Messing gearbeitete Eber von Soulac-sur-Mer bearbeitet wurde. Hier werden auch Restauratoren ausgebildet - künftig im Rahmen eines BA-Studienganges, der gemeinsam mit der Universität Mainz angeboten wird. Gemeinsam mit der Universität Mainz wird ein Kompetenzzentrum "mineralogische Archäometrie und Konservierungsforschung" gebildet

Publikationen

Das RGZM ist Herausgeber archäologischer Fachzeitschriften, ab 2006 in Kooperation mit dem Verlag Schnell und Steiner Regensburg. Die Historie der Publikationen reicht bis in das 19. Jahrhundert zurück (1852).

sowie zahlreicher monographischer Fachpublikationen und künftig auch einer populärwissenschaftlichen Publikationsreihe.

Ausstellungen

Daneben beteiligt sich das RGZM an internationalen Ausstellungen, die aus Raumgründen aber meist nicht am Standort Mainz gezeigt werden können.

Literatur

  • Thomas Zimmermann: Die bronze- und früheisenzeitlichen Troiafunde der Sammlung Heinrich Schliemann im Römisch-Germanischen Zentralmuseum (Kataloge Vor- und Frühgeschichtlicher Altertümer Band 40), Verlag des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz, Mainz 2007, ISBN 978-3-7954-2007-9

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://web.rgzm.de/599.html
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