- SS-21 Scarab
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Die SS-21 Scarab ist eine taktische ballistische Boden-Boden-Rakete aus sowjetischer/russischer Produktion und gehört zur Klasse der Gefechtsfeld-Kurzstreckenraketen (BSRBM). Der Systemindex (GRAU-Index) der russischen Streitkräfte lautet 9K79 Totschka (kyrillisch Точка; russisch ‘Punkt’). Die Lenkwaffe trägt die Bezeichnung 9M79.
Inhaltsverzeichnis
Entwicklung
Die SS-21 wurde als Nachfolgemodell der FROG-7 (R-65 Luna) konzipiert. In den 1960er-Jahren wurde im Konstruktionsbüro Kolomna KBM mit der Systementwicklung begonnen. Die SS-21 wurde im Jahr 1976 bei den sowjetischen Streitkräften eingeführt. In den darauf folgenden Jahren wurden über 1.200 Lenkwaffen hergestellt.
Varianten
Im Herstellerwerk Kolomna KBM werden vier Lenkwaffentypen produziert:
- 9K79 Totschka: 1. Serienversion.
- mit Rakete 9M79 mit einer Reichweite von 70 km.
- 9K79M Totschka-M: Die verbesserte 2. Serienversion
- mit Rakete 9M79M mit einer Reichweite von 120 km.
- mit Rakete 9M79MP mit passiver Radarlenkung zur Bekämpfung von Radaranlagen.
- mit Rakete 9M79MKU mit selbstzielsuchender (intelligenter) SPBE-D-Submunition zur Bekämpfung von Kampfpanzern. Reichweite 120-185 km. Nur Prototyp, Entwicklung eingestellt
- NK-02 Toksa: Nachbau mittels Reverse-Engineering aus Nordkorea.
Technik
Das System ist auf dem geländegängigen BAZ-5921-Lkw untergebracht. Dabei handelt es sich um eine modifizierte Version des BAZ-5937-Lkws. Der Systemindex der russischen Streitkräfte für dieses Fahrzeug lautet 9P129. Das System ist hochmobil und schnell verlegbar. Es wird eine minimale Reaktionszeit aus voller Fahrt bis zum Raketenstart von fünf Minuten erreicht. Jedes Fahrzeug ist mit einer 9M79-Rakete bestückt.
Nach dem Start beschreibt die Flugbahn der Raketen eine semi-ballistische Kurve mit einem Apogäum von rund 26 km. Die max. Schussdistanz von 120 km wird in 136 Sekunden zurückgelegt. Die Steuerung der Rakete erfolgt mittels einer Trägheitsnavigationsplattform. Damit wird eine Präzision (CEP) von 50 bis 160 m erreicht. Damit ist sie deutlich Treffsicherer als das Vorgängermodell.
Die Raketen können mit unterschiedlichen Gefechtsköpfen bestückt werden:
- 9N39: mit AA-60 Nuklearsprengkopf mit einer Sprengleistung von 10 kT
- 9N65: mi AA-86 Nuklearsprengkopf mit einer selektierbaren Sprengleistung von 10-50 kT
- 9N123F: mit 482 Kilogramm schweren konventionellen Splittergefechtskopf.
- 9N123K: Gefechtskopf für 50 Stk. 9N24 Bomblets (Submunition).
Der Splittergefechtskopf wird durch einen Laser-Näherungszünder in einer Höhe von 20 m zur Detonation gebracht. Der Sprengkopf hat einen Splitterwirkungskreis von 100-150 m und erzeugt 14.500 Splitter. Der Bomblet-Gefechtskopf öffnet sich in einer Höhe von 2.250 Metern und die verteilt die Bomblets in einem kreisförmigen Gebiet von 20.000–30.000 Quadratmetern.
Einsatz
Die SS-21 löste bei den sowjetischen Streitkräften die FROG-7-Systeme ab. Das System wurde in großem Umfang exportiert. Neben den sowjetischen Streitkräften beschafften sich elf Staaten das System. In der Folge kam die SS-21 bei verschiedenen kriegerischen Auseinandersetzungen zum Einsatz. Die sowjetischen und später die russischen Streitkräfte setzten die SS-21 in Afghanistan, Tschetschenien und im Kaukasuskrieg 2008[1] [2] ein.
Technische Daten der SS-21 Scarab
System OTR-21 Totschka OTR-21 Totschka OTR-21 Totschka OTR-21 Totschka NATO-Code SS-21 Scarab-A SS-21 Scarab-B SS-21 Scarab-C SS-21 Scarab-B Lenkwaffe 9M79 9M79M 9M79MKU 9M79MP Einführungsjahr 1976 1980er-Jahre 1990er-Jahre 1983 Antrieb einstufig, Feststoff einstufig, Feststoff einstufig, Feststoff einstufig, Feststoff Länge 6,40 m 6,40 m 6,40 m 6,40 m Rumpfdurchmesser 650 mm 650 mm 650 mm 650 mm Flügelspannweite 1.448 mm 1.448 mm 1.448 mm 1.448 mm Gewicht 2.000 kg 2.010 kg 1.800 kg unbekannt Sprengkopf nuklear 10–50 kT,
Splitter,
50 Splitter-Bombletsnuklear 10–50 kT,
Splitter,FAE,
50 Splitter-BombletsSPBE-E, zielsuchende Tochtermuniton nuklear 10–50 kT,
Splitter,
50 Splitter-BombletsEinsatzreichweite 70 km 120 km 120–185 km 120 km Lenksystem Trägheitsnavigation Trägheitsnavigation Trägheitsnavigation Trägheitsnavigation plus passiver Radarempfänger Treffergenauigkeit (CEP) 160 m 95 m 50–100 m 45 m Verbreitung
Aserbaidschan – 9 Systeme
Bulgarien – 8 Fahrzeuge mit 21 Raketen
Deutsche Demokratische Republik – 8 Fahrzeuge mit 70 Raketen (ausgemustert)
Jemen – 4 Fahrzeuge mit 115 Raketen
Nordkorea – Unbekannte Anzahl
Polen – 4 Fahrzeuge mit 40 Raketen (ausgemustert)
Russland – Unbekannte Anzahl
Slowakei – 8 Fahrzeuge mit 70 Raketen (ausgemustert)
Syrien – 12 Fahrzeuge mit 100 Raketen
Tschechien – 4 Fahrzeuge mit 70 Raketen (ausgemustert)
Ungarn – 4 Fahrzeuge mit 40 Raketen (ausgemustert)
Weißrussland – 36 Systeme
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ http://de.rian.ru/analysis/20080909/116648987.html
- ↑ http://kavkaz-uzel.ru/analyticstext/analytics/id/1227276.html
Quellen
- JANE'S STRATEGIC WEAPON SYSTEMS Edition 2003 Jane's Verlag
- Landgestützte sowjetische/russische ballistische Lenkwaffen DTIG – Defense Threat Informations Group, Juli 2005
- RUSSIA'S ARMS 2004 CATALOG, Military Parade Publishing House
- Michal Fiszer, Jerzy Gruszczynski: Bolt From the Blue – Russian land-based precision-strike missiles, März 2003
Weblinks
- Globalsecurity.org
- www.dtig.org Übersicht ballistischer Lenkwaffen aus russischer Produktion (deutsch)
- Raketen- und Waffentechnischer Dienst (deutsch)
- www.peterhall.de Aufbau SS-21 (deutsch)
- 9K79 Totschka: 1. Serienversion.
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