Salamander (Ritual)

Salamander (Ritual)

Der Salamander (auch Schoppensalamander) ist eine noch heute bei Studentenverbindungen übliche, besonders feierliche Form des Zutrinkens als Teil der akademischen Trinkkultur. Praktiziert wird dieses Ritual hauptsächlich bei Kneipen und Kommersen, um Gäste, zu denen eine besonders enge Beziehung besteht, im Rahmen der Begrüßung zu ehren. Das können die eigenen Alten Herren sein, aber auch Vertreter besonders eng befreundeter Verbindungen aus anderen Universitätsorten. Weiterhin kann ein Salamander etwa auch im Rahmen eines Stiftungsfestes zur Ehre der feiernden Verbindung gerieben werden.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Salomon im Bonner Karzer

Zur Entstehungsgeschichte des Salamanders gibt es eine Vielzahl bunter und kurioser Erklärungsansätze. Historisch erwiesen ist, dass Salamander nach antiken und mittelalterlichen Vorstellungen – durchformuliert von Paracelsus – zu den Elementarwesen gehören und im Element Feuer wohnen. In der Literatur gibt es zudem mehrere Hinweise auf ein synchron durchgeführtes, Salamander genanntes Trinkritual mit brennendem Schnaps, das wohl im 18. Jahrhundert aufgekommen ist. Später ist dieses Ritual im Zusammenhang mit Bier belegt. Der Bezug zu den Elementargeistern des Feuers ging dadurch natürlich verloren.

Das hörbare Aufsetzen der Gläser stammt von einer freimaurerischen Trinksitte auf der Tafelloge, bei denen auf die Gesundheit getrunken wird. Zur Vermeidung von Glasbruch entstand im Umfeld der Freimaurer eine besondere Trinkgefäßform mit verstärktem Glasboden, die so genannte „Kanone“.

Nach F. A. Lichterfeld [1] habe der Salamander seine Wurzeln nicht im griechischen oder germanischen Altertum (Theokrit, Viktor von Scheffel), weder beim Bonner Universitätsrichter von Salomon noch in alten Handwerks- oder Freimaurerbräuchen, sondern bei den Sachsen-Preußen in Heidelberg, nämlich in der Verkürzung ihres Wunsches „Sauft alle miteinander!“.

Der Wunsch findet sich auch im Allgemeinen Reichskommersbuch vom Jahre 1875: Das war einst in der Schänke/Zum Faß in Heidelberg;/Es schlürft das Gottgetränke/Der Riese wie ein Zwerg./Der Präses sprach: „Selbander/Sollt heut ihr trinken nicht,/Sauft alle miteinander!“ /Und so geschah’s nach Pflicht.

Durchführung

Ein Salamander wird auf Kommando „gerieben“. Dazu stehen alle Teilnehmer auf und trinken auf das Kommando „ad exercitium salamandri“ (deutsch: „zur Ausführung des Salamanders“) mit dem Zuruf „Prost“ ihr Glas Bier aus. Die weitere Vorgehensweise ist von Ort und Verbindung abhängig. Gemeinsam ist, dass nach dem (möglichst restlosen) Austrinken die Gläser gemeinsam auf dem Tisch gerieben oder geklappert und auf ein bestimmtes Kommando gleichzeitig deutlich hörbar (einmal oder dreimal) auf dem Tisch abgesetzt werden.

Die besondere Wirkung des Vorgangs entsteht aus dem lauten Geräusch des Klapperns, dem kurzen lauten Schlag des gleichzeitigen Absetzens der Gläser und dem darauf entstehenden Moment völliger Stille. Dieser Effekt wird nur bei koordiniertem Verhalten aller Beteiligten hervorgerufen und gilt als ein Ausdruck des Gemeinschaftsgefühls der Trinkenden und der Wertschätzung gegenüber den Begrüßten. In der Regel revanchieren sich die so Begrüßten bei den Gastgebern ebenfalls mit einem Schoppensalamander.

Beim „flämischen“ Salamander wird vor der eigentlichen Ausführung eine mitunter ausgesprochen lange Ankündigung über die Wirkung des „urkräftigen“ Salamanders gemacht, bevor die Teilnehmer endlich trinken dürfen.

Heute nur noch selten durchgeführt wird der „Trauersalamander“ (in der Schweiz Totensalamander genannt), meistens anlässlich von „Trauerkneipen“. Anlass ist in der Regel ein aktueller Todesfall. Gerieben wird auf das Andenken des oder der Verstorbenen. Der Unterschied in der Durchführung besteht in der – mit Ausnahme der Kommandos – völligen Geräuschlosigkeit des Vorgangs. In Österreich wird bei einigen Verbindungen der Trauersalamander zu Ehren von jedem verstorbenen Verbindungsbruder zelebriert (nicht gerieben). Das Kommando hierzu lautet wie folgt: „Ad exercicium salamandri in honorem et pro laude nach unserem lieben verstorbenen … 1-2-3 bibite ex“. Alle trinken ihr Glas aus – der Senior jedoch trinkt sein Glas aus und zerschellt es am Boden der Kneipe als Zeichen, dass dieser Corpsbruder nie mehr aus diesem Glase trinken wird und wünscht „fiducit“.

Bierkordeln, die zum Abknoten des Knotensalamanders genutzt werden

Bei christlichen Verbindungen in Österreich hingegen (wie z. B. ÖCV) werden Salamander praktisch nie zelebriert, abgesehen vom traditionellen Trauersalamander einmal im Jahr beim Totengedenken zu Allerheiligen und bei einigen Verbindungen bei den „Trauerkneipen“. Salamander auf Stiftungsfesten sind hier selten, Salamander während Kneipen eine Rarität.

In Österreich wird hauptsächlich eine Spezialform des Salamanders, der sogenannte „Festsalamander“ gerieben, der rein zur Ehrung von Mitgliedern dient.

Knotensalamander

In der DDR entwickelten couleurinteressierte Studenten, zum Teil aus Unkenntnis der studentischen Tradition, aus dem Ehrensalamander die eigenständige Form des Knotensalamanders. Dieser wurde anlässlich einer Salamanderkneipe mehrmals vollzogen. Manche Verbindung bestritt, wiederum mangels Kenntnis tradierter Kneipformen, den gesamten Ablauf einer Kneipe mit Knotensalamandern. Dazu wurde jedem Teilnehmer eine Bierkordel (ca. 30 cm lang) ausgehändigt. Nach jedem Knotensalamander wurde ein Knoten in die Bierkordel eingefügt. Aus den Bierkordeln wurden bei manchem Couleurstudenten Bünde, die an Stelle traditioneller Zipfe am Gürtel getragen wurden. Auch heute feiern einige Verbindungen der Rudelsburger Allianz noch Salamanderkneipen. Im Gedächtnis an das Farbenstudententum in der DDR feiert der Hallenser Wingolf seine Semesterabkneipen als Salamanderkneipen.

Literatur

  • Erich Bauer: Unser Salamander. Eine Übersicht über die hauptsächlichsten Erklärungsversuche. In: Einst und Jetzt. 5, 1960, S. 142–155.
  • A. J. Uhrig: De exercitio salamandri. Würzburg 1885.
  • Friedhelm Golücke: Studentenwörterbuch. Graz, Wien, Köln 1987 S. 378ff.
  • Robert Paschke: Studentenhistorisches Lexikon. GDS-Archiv Band 9, Köln 1999 S. 227f.

Weblinks

 Commons: Salamander (Ritual) – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Salamander – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Westermann’s illustrirte deutsche Monats-Hefte, Januar 1875 und Juni 1876

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