- Samuel Hirsch
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Samuel Hirsch (* 8. Juni 1815 in Thalfang bei Trier; † 14. Mai 1889 in Chicago) war Rabbiner, Religionsphilosoph und Vertreter des Reformjudentums zunächst in Deutschland, dann in den USA.
Er studierte an den Universitäten Bonn, Berlin und Leipzig, erhielt seine rabbinische Ausbildung in Metz und war seit 1838 Rabbiner in Dessau, bis er wegen der seinen Gegnern zu radikal erscheinenden reformerischen Ansätze 1841 aus dem Amt gedrängt wurde. Von 1843-1866 war er Großrabbiner des Großherzogtums Luxemburg (ernannt durch den holländischen König). Auf den deutschen Rabbinerversammlungen der Jahre 1844/45 vertrat er eine radikale Reform des Judentums, womit er in Deutschland nicht durchdringen konnte.
Hirsch wanderte nach Amerika aus und gründete dort die Orphan’s Guardian Society und den ersten amerikanischen Zweig der Alliance Israélite Universelle, wurde als Nachfolger David Einhorns 1866 Rabbiner der Reformgemeinde in Philadelphia, Pennsylvania, und Vorsitzender der ersten Konferenz der amerikanischen (de facto Reform-) Rabbiner (Philadelphia 1869). Als solcher hatte er großen Anteil an der Ausformulierung der Grundsätze des Reformjudentums. Er blieb 22 Jahre Rabbiner in Philadelphia, retirierte 1888 und zog mit seinem Sohn, Emil Gustav Hirsch, der ebenfalls Philosoph und Rabbiner war, nach Chicago, wo er bald darauf verstarb.
Samuel Hirsch unternahm den Versuch, zwischen einem „bleibenden ideellen Kern“ und einem der Tagesnotwendigkeit unterliegenden bloß „äusserlichen Ritus“ des Judentums zu unterscheiden, so in seinem Katechismus der israelitischen Religion. Er nahm auf Basis dieser Lossprechungsformel radikalste Änderungen vor, z. B. die eifrig verfochtene Einführung des Sonntagsgottesdienstes.
In seinen philosophischen Schriften argumentierte er gegen Hegel, der das Judentum in seiner Hierarchie der Religionen noch unterhalb der heidnischen Naturreligionen angesiedelt hatte, dass das Judentum und das (Ur-) Christentum als Religionen der Freiheit jeglicher Naturreligion absolut überlegen seien (Die Religionsphilosophie der Juden, 1842, 2 Bände, Hirschs unvollendet gebliebenes Hauptwerk). Das Judentum selbst sei bis zur Überwindung der von Paulus herrührenden „Verknüpfung von Judentum und Heidentum“ ein auf Absonderung angelegtes „Vorbild der neuen Menschheit“.
Weitere Werke
- Friede, Freiheit und Einheit. Sechs Predigten, gehalten in der Synagoge zu Dessau, 1839.
- Das Judentum, der christliche Staat und die moderne Kritik, 1843
- Die Messiaslehre der Juden in Kanzelvorträgen, 1843
- Die Reform des Judentums und dessen Beruf in der gegenwärtigen Zeit, 1844
- Die Humanität als Religion, 1858
Literatur
- Jewish Encyclopedia; 1901–1906; Band 6, S. 417.
- Jüdisches Lexikon; Berlin 1927; Bd. 2, Sp. 1623.
- E. J. Fackenheim, Samuel Hirsch und Hegel; Cambridge (Mass.) 1964.
- Julius H. Schoeps (Hrsg.): Neues Lexikon des Judentums; Gütersloh/München 1992; S. 199.
- Heinz Monz, Samuel Hirsch (1815-1889). Ein jüdischer Reformer aus dem Hunsrück, in: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte, 17 (1991).
- Christian Wiese, Von Dessau nach Philadelphia: Samuel Hirsch als Philosoph, Apologet und radikaler Reformer, in: Jüdische Bildung und Kultur in Sachsen-Anhalt von der Aufklärung bis zum Nationalsozialismus, ed. Giuseppe Veltri und Christian Wiese, Berlin 2009, S. 363-410.
- Bernd Gerhard Ulbrich, Samuel Hirsch als Rabbiner in Dessau, in: Mitteilungen des Vereins für Anhaltische Landeskunde, 16 (2007), S. 104-132.
Weblinks
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