- Saturiertheit
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Das Wort Saturiertheit (v. lat.: saturare sättigen) bezeichnete eine individuelle Übersättigung des Wohlstandsbürgers, der wenige eigene Bedürfnisse, Reaktionen und Willensäußerungen an den Tag legt. Vielmehr erzeugen Medien, Werbung und Propaganda gleichsam von außen künstlich Bedürfnisse. An Kreativität, Spontanität oder Engagement hat der Saturierte nur bedingt Interesse und zeigt sich dazu kaum in der Lage.
In der deutschen Politikgeschichte des ausgehenden 19. Jh. bezeichnete Saturiertheit das Bild, das Otto von Bismarck im Ausland von Deutschland unmittelbar nach der Reichsgründung zeichnen wollte. Er wollte zum Ausdruck bringen, dass das Reich ein mit dem Status quo zufriedener und keineswegs aggressiver gebietshungriger Staat sei, und damit die Expansionsängste bei den europäischen Großmächten Großbritannien und Russland zerstreuen. Der Begriff richtete sich dabei aber kaum in Richtung Frankreich, denn hier war ein Ausgleich mit dem neuen deutschen Reich nach dem Ende des deutsch-französischen Krieges von 1871 und der deutschen Annexion Elsaß-Lothringens innenpolitisch nicht durchsetzbar. Ohnehin bestimmten hier die Forderungen nach Revision die innenpolitischen Diskurse. Das Wort Saturiertheit kann als bismarckscher Neologismus angesehen werden.
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