- Schachtdeckel
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Schachtdeckel, auch Kanaldeckel (umgangssprachlich oft Gullydeckel genannt), sind vorwiegend aus Gusseisen bestehende Verschlüsse für Wartungsschächte von unterirdischen Versorgungsleitungen, größtenteils für Abwasserkänale.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Bereits die alten Römer entwickelten Kanalgitter um Passanten zu schützen, aber auch, um Objekte aufzuhalten, die hineinfallen oder hineingeworfen werden könnten. Diese Deckel waren fast immer aus Stein gehauen.
Schachtdeckel können geöffnet werden und ermöglichen so einen Abstieg in den Kontrollschacht bzw. das Kanalsystem. Sie können rückstausicher, gas- und geruchsdicht und/oder wasserdicht ausgebildet sein. Daneben gibt es aber auch Deckel, welche Lüftungsöffnungen besitzen. Diese Öffnungen sind aber sehr klein, so dass größere Gegenstände den Kanal nicht verschmutzen können. Teilweise ist zu diesem Zweck direkt unter dem Deckel ein grobes Sieb, der sogenannte Schmutzfänger, angeordnet.
Die in der EU gültige Norm für Kanaldeckel ist die EN124 aus dem Jahr 1991. In Europa wird sie auch außerhalb der EU freiwillig verwendet.
Material
Ältere Kanaldeckel, oft aus Gusseisen (Grauguss) gefertigt, sind häufig mit dem Stadtwappen verziert. In Deutschland wurden nach dem Zweiten Weltkrieg die Deckel mit einem mit Beton gefüllten Kern versehen, um das zu dieser Zeit knappe Metall zu sparen. Diese Bauart wird auch heute noch aus Kostengründen eingesetzt. Die teurere Ganzmetallversion wird in Deutschland heute bei sog. einwalzbaren Schachtabdeckungen (s.u.) oder oft an repräsentativen Orten verwendet. Die Tradition der mit Beton gefüllten Deckel hat sich auch in Nachbarländer Deutschlands, beispielsweise Polen, Tschechien und Österreich übertragen. In Österreich werden aber generell Gussdeckel bevorzugt, da die Betonfüllung bei hohen Belastungen brechen und sich in Folge herauslösen kann.
Eine aus Frankreich kommende Entwicklung sind Kanaldeckel aus dem Material Sphäroguss. Durch die anderen Eigenschaften des Materials sind leichtere Konstruktionen mit Verschlussmechanismen und Gelenk möglich. Die leichtere Konstruktion ist bei Produktion und Transport ressourcenschonend. Aus diesem Grund steigt der Anteil der Kanaldeckel aus diesem Material in Europa stetig.
Gründe für runde Form
Die Frage, weshalb Schachtdeckel in den meisten Fällen rund gefertigt werden, wurde durch Einstellungsgespräche bei der Firma Microsoft berühmt. Ursprünglich bestand der Sinn dieser Frage in der Erkenntnis, wie der Kandidat eine Frage mit mehreren „richtigen“ Antworten angeht. Die Frage ließ mehrere Antworten zu, von pragmatischen („Schachtdeckel sind rund weil Schächte rund sind“) bis hin zu philosophischen:
- Ein runder Schachtdeckel kann nicht durch die kreisförmige Schachtöffnung fallen, im Gegensatz zu einem quadratischen, wenn dieser über die Diagonale eingeführt wird. Auch ein sogenanntes Reuleaux-Dreieck oder eine Kurve mit konstanter Weite würden diesen Zweck erfüllen, wären jedoch viel aufwändiger in der Herstellung.
- Beim Überrollen eines abgedeckten runden Schachtes durch ein Automobil entstehen an dessen Reifen weniger Schäden, da keine Ecken und Kanten vorhanden sind.
- Tradition
- Angebotene Schachtdeckel werden von Großfirmen hergestellt. Wollte man eine andere Form, müsste man eine teure Sonderanfertigung bestellen.
- Ein runder Schachtdeckel kann in einer zum Wasserabfluss durch Regen geneigten Straße durch schräggestelltes Abschleifen der Auflage dem Straßenbelag in der Höhe angepasst werden.
Varianten
Es werden nach DIN EN 124 die Belastungsklassen A (begehbar, 15 kN) bis F (Schwerlast, 900 kN) unterschieden. Im Straßenbereich werden im allgemeinen Abdeckungen der Klasse D (bis 400 kN) mit Nenndurchmesser (lichte Weite) 600 mm verwendet. Üblicherweise sind die Schachtabdeckungen rund mit einem Nenndurchmesser von 600 oder 800 mm. Je nach Anwendungsfall sind die Schachtabdeckungen mit oder ohne Lüftungsöffnungen, tagwasserdicht oder verschraubt ausgeführt.
In Asphaltstraßen werden oft sog. selbstnivellierende einwalzbare Schachtabdeckungen aus duktilem Guss eingebaut, die nicht direkt auf den Schachtteilen aufliegen, sondern mit der Fahrbahndecke eine Einheit bilden.
Es gibt neue Straßen- und Tunnelabdeckungen. Der Vorteil hierbei ist, Rahmen liegt auf dem Schacht auf und verbindet sich ebenfalls mit dem Straßenbelag ( doppelter Halt ). Die Abdeckung ist verdrehsicher und für stärkere Belastungen bis F 900 ausgelegt. Ebenfalls gibt es eine Diebstahlsicherung und die Lüftungsöffnungen sind 10mm groß, Ratten und Mäuseschutz. Auf Schmutzeimer kann verzichtet werden.
Sonstiges
In Ländern, in denen Rohstoffmangel herrscht, werden Kanaldeckel oft gestohlen, so dass dort Gefahren für unachtsame Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger bestehen.
Bei Staatsbesuchen werden Schachtdeckel bisweilen versiegelt oder verschweißt, um Attentaten vorzubeugen.
Dolenkultur
In Hannover gibt es auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs einen Kanaldeckel, aus dem Musik zu hören ist. Es handelt sich um eine von Michael Gehrke realisierte Installation von Reinhard Schamuhn.
Der Film „Meerdolen“ erhielt für die Musik den Filmpreis 2006 der Stadt Bern: „Der Film zeigt den Stadtwanderer Hannes Bossert, wie er in Barcelona mit seinem Besen Dolendeckel beseelt und einen Abrieb der Deckel auf Papier anfertigt. Immer wieder tauchen die vielfältigen Perkussionsklänge von Balts Nill und Balthasar Jucker auf oder schweigen im richtigen Moment. In klanglicher Mischung mit dem Lärm der Stadt und den Kommentaren des Protagonisten prägen sie den liebenswürdig-humoristischen Charakter des Films stark mit.“ (Medienmitteilung des Kantons Bern)
Siehe auch
Weblinks
Commons: Schachtdeckel – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien- Türen zur Unterwelt (Kanaldeckel aus der ganzen Welt)
- Verein Dolologie (Verein zum Erhalt schutzwürdiger Dolendeckel)
- Schwarzweiß-Fotos von Schachtdeckeln aus aller Welt
- Schachtdeckel (Schachtdeckel aus aller Welt)
- Gulliversum (Bildersammlung ungewöhnlicher Gully- und Kanaldeckel)
- Kanaldeckel (Schachtdeckel überwiegend aus Deutschland)
- „Chinas Gullys verschwinden im Rekordtempo“ (Bericht in Die Welt vom 24. November 2004)
- „Zum wiederholten Mal sind Dolendeckel entfernt worden“ (Bericht in Rümlanger Nachrichten vom 11. Mai 2007)
- „Thieves lift manhole covers“ (Bericht in USA Today vom 29. Juni 2008)
- „New York Manhole Covers, Forged Barefoot in India“ (Bericht in The New York Times vom 26. November 2007)
- Herstellung von Kanaldeckeln (Diashow zur Produktion in Indien für NYC, mit englischem Kommentar)
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