Schaltgruppe

Als Schaltgruppe wird in der elektrischen Energietechnik bei Dreiphasentransformatoren die Verschaltung der ober- und unterspannungsseitigen Wicklungen in einem Dreiphasenwechselstromsystem bezeichnet. Die Oberseite kennzeichnet die Seite des Transformators mit höherer elektrischer Spannung, die Unterseite mit niedrigerer Spannung. Je nach Schaltgruppe ergeben sich zusätzlich zum Windungszahlverhältnis unterschiedliche Übersetzungsverhältnisse zwischen Ober- und Unterseite.

Allgemeines

Schema eines Dreiphasentransformators

Ein Dreiphasentransformator besitzt drei bewickelte Eisenschenkel, die in der einfachsten Ausführung des Transformators - mit lediglich einem ober- und einem unterspannungsseitigen Drehstromsystem - je eine Ober- und eine Unterspannungswicklung tragen. Der Transformator besitzt somit insgesamt sechs Wicklungen. Die drei zusammengehörigen Wicklungen eines Drehstromsystems lassen sich auf unterschiedliche Weise verschalten, was in Form von unterschiedlichen Schaltgruppen spezifiziert wird.

Jede Seite des Dreiphasentransformators lässt sich zunächst in eine der folgenden Grundschaltungen einteilen, wobei jede Seite unabhängig von der anderen Seite eine der folgenden Formen annehmen kann:

• Bei der Sternschaltung, abgekürzt mit dem Buchstaben „Y“ oder „y“, werden die Anfänge der drei Wicklungen mit den Außenleitern des äußeren Drehstromsystems verbunden, die Enden zu einem Sternpunkt zusammengeschaltet. Der Sternpunkt wird je nach Anwendung und System im Rahmen der Sternpunktbehandlung beispielsweise starr geerdet und, so vorhanden, mit dem Neutralleiter verbunden, oder an die Erdschlusskompensation angeschlossen.
• Bei der Dreieckschaltung, abgekürzt mit dem Buchstaben „D“ oder „d“, werden die drei Wicklungen in Reihe geschaltet, d.h. das Ende der einen Wicklung wird mit dem Anfang der nächsten Wicklung verbunden. Die Eckpunkte des dabei entstehenden Dreiecks werden mit den Außenleitern des Drehstromsystems verbunden. Ein Sternpunkt ist nicht vorhanden.
• Bei der Zickzackschaltung, abgekürzt mit dem Buchstaben „Z“ oder „z“, umschließt jede Wicklung eines Drehstromsystems nicht nur einen einzelnen Eisenschenkel, sondern wird je zur Hälfte auf zwei Eisenschenkel aufgebracht. Die Anfänge der Wicklungen werden mit den drei Außenleitern verbunden, die Enden werden wiederum zu einem Sternpunkt zusammengeschaltet.

Zusätzlich ergibt sich im Rahmen einer Schaltgruppe eine Phasenverschiebung der Außenleiterspannungen. Dadurch nimmt das Übersetzungsverhältlnis von Dreiphasentransformatoren komplexen Wert an.

Die Schaltgruppe und deren Kennezeichen setzt sich aus folgenden Punkten zusammen:

1. Schaltungsart des oberspannungsseitigen Systems. Dabei werden Grossbuchstaben wie „Y“ (für die Sternschaltung) verwendet. Mit zusätzlichen Kennzeichen wie „III“ wird angezeigt, dass der Wicklungsanfang und -ende der drei Wicklungen separat nach außen geführt ist. Ist der Sternpunkt des oberspannungsseitigen Systems zugänglich, wird dies durch ein "N" kenntlich gemacht.
2. Schaltungsart des unterspannungsseitigen Systems. Dabei werden Kleinbuchstaben wie „y“ (für die Sternschaltung) verwendet.
3. Die Phasenverschiebung zwischen Ober- und Unterspannungsseite bezogen auf die Außenleiter und als Vielfachheit von 30° angegeben. Mögliche Werte sind 0, 5, 6 und 11, was Phasenverschiebungen von 0°, 150°, 180° und 330° entspricht.

Besitzt ein Transformator mehrere Unterspannungssysteme, z.B. Dreiwicklungstransformator, so werden weitere Angaben im Anschluss nach gleichem Muster hinzugefügt.

Beispiele

In den folgender Tabelle sind beispielhaft einige übliche Schaltgruppen, deren komplexe Spannungsübersetzung und Anwendungen angegeben. Dabei bezeichnet w₁ die ober-, w₂ die unterspannige Windungszahl.

Schaltgruppe	Spannungübersetzung	Beschreibung	Anwendung
YNyn0	$\underline{\ddot u}=\frac{w_1}{w_2}$	ober- und unterspannungsseitige Sternschaltung mit nach außen geführten Sternpunkten	Große Kuppeltransformatoren im Verbundnetz und Parallelbetrieb, z.B. zwischen 380 kV und 220 kV-Ebene.
Yd5	$\underline{\ddot u}=\frac{\sqrt{3} \cdot w_1}{w_2} \cdot e^{j \cdot 150^\circ}$	oberspannige Stern-, unterspannige Dreieckschaltung	Maschinentransformator
Yd11	$\underline{\ddot u}=\frac{\sqrt{3} \cdot w_1}{w_2} \cdot e^{j \cdot 330^\circ}$	oberspannige Stern-, unterspannige Dreieckschaltung	Maschinentransformator
Dy5	$\underline{\ddot u}=\frac{w_1}{\sqrt{3} \cdot w_2} \cdot e^{j \cdot 150^\circ}$	oberspannigseitige Dreieck-, unterspannige Sternschaltung	Verteilungstransformatoren kleiner bis großer Leistung
Yz5	$\underline{\ddot u}=\frac{2 \cdot w_1}{\sqrt{3} \cdot w_2} \cdot e^{j \cdot 150^\circ}$	oberspannungsseitige Stern-, unterspannungsseitige Zick-Zack-Schaltung	Kleiner Verteilungstransformator, bei stark unsymmetrischer Belastung.

Bei Transformatoren für Einphasenwechselstrom wird gelegentlich als Schaltgruppe „Ii0“ angegeben, obwohl hierbei ausschließlich diese Schaltgruppe möglich ist.

Spezielle Schaltgruppen, beispielsweise die Maschinentrafos im Kraftwerk Freudenau, besitzen vier Wicklungen mit der Schaltgruppe „YNd5d5d5“. Dies bedeutet auf der Unterspannungsseite je drei Wicklungsgruppen im Dreieck, welche zu den drei einzelnen Generatoren führen. Das Kraftwerk besitzt in Summe sechs Generatoren. Auf der Oberspannungsseite weist der Maschinentrafo eine Sternschaltung zum Hochspannungsnetz mit einer Phasendrehung von 150° und herausgeführten Sternpunkt zwecks Sternpunktverschaltung auf.

Literatur

• Adolf J. Schwab: Elektroenergiesysteme - Erzeugung, Transport, Übertragung und Verteilung elektrischer Energie. Springer, 2006, ISBN 3-540-29664-6.