- Leistungstransformator
-
Als Leistungstransformator bezeichnet man Transformatoren, die für hohe Leistungen ausgelegt sind. Insbesondere Transformatoren in elektrischen Energienetzen fallen unter diese Kategorie. Diese sind in der Regel dreiphasig als Dreiphasenwechselstrom-Transformator ausgeführt.[1]
Außerdem gibt es auch einphasige Leistungstransformatoren, zum Beispiel im Bereich des Bahnstromes, oder als so genannte Stromrichtertransformatoren im Bereich von Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungen (HGÜ). Bei größeren Stromrichtern wird manchmal der Dreiphasenwechselstrom-Transformator durch drei einzelne, einphasige Leistungstransformatoren ersetzt.
Inhaltsverzeichnis
Arten
Je nach Einsatzbereich unterscheiden sich die verschiedenen Leistungstransformatoren:
- Maschinentransformatoren dienen in größeren Kraftwerken dazu, die Generatorspannung von einigen 10 kV auf die in Hochspannungsnetzen üblichen Spannungen von 220 kV oder 400 kV zu transformieren. Leistungsbereich einige 100 MVA bis knapp über 1000 MVA.
- Netzkuppeltransformatoren dienen in größeren Umspannwerken und in überregionalen Transportnetzen dazu, um zwischen den verschiedenen Spannungsebenen wie den in Europa üblichen 110 kV, 220 kV oder 380 kV-Ebenen zu verbinden. Der Leistungsbereich umfasst einige 100 MVA.
- Stromrichtertransformatoren werden bei Dreiphasengleichrichtern bei höherer Pulszahl eingesetzt. Der Anwendungsbereich sind beispielsweise die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungen.
- Phasenschiebertransformatoren dienen in vermaschten Verbundnetzen dazu Lastflüsse auf einzelnen Leitungen gezielt zu steuern.
- Kleinere Leistungstransformatoren im Bereich einiger 10 MVA finden in regionalen Verteilnetzen zur Anspeisung der Mittelspannungsnetze und im Bereich von einigen 10 kVA bis einige wenige MVA in lokalen Transformatorenstationen zur Versorgung der Niederspannungsnetze Anwendung.
- Prüftransformatoren mit Leistungen von einigen kVA, wie sie in Hochspannungslabors und Prüffeldern eingesetzt werden. Anwendungen sind beispielsweise die Anspeisung von Hochspannungskaskaden zur Messung der Isolationsfestigkeit von elektrischen Anlagenteilen.
Aufbau eines dreiphasigen Leistungstransformators
Die Wicklungen eines Leistungstransformators sind konzentrisch angeordnet. Hat ein Transformator beispielsweise drei Spannungsebenen (Oberspannung, Unterspannung, Tertiärspannung), so sind für jede Phase drei Wicklungen (Oberspannungswicklung, Unterspannungswicklung, Tertiärwicklung) entlang eines gemeinsamen Kernschenkels konzentrisch übereinander angeordnet. Sämtliche Wicklungsdrähte sind von einer ölimprägnierten Papierschicht umwickelt. Alle Isolationsmaterialien in einem Leistungstransformator bestehen ebenfalls aus ölgetränktem Papier bzw. Pressboard. Bei dem Transformatorenöl, mit welchem der Transformator befüllt ist, handelt es sich in der Regel um Mineralöl, jedoch werden gelegentlich auch Pflanzenöle verwendet. Nebenstehende Abbildung zeigt die Wicklungen eines dreiphasigen Dreiwicklungstransformators (3 Spannungsebenen), welcher sich in der Verschrottung befindet. Neben den drei Wicklungsblöcken ist ebenfalls der Stufenschalter des Transformators zu sehen (links im Bild). Die braune Färbung der Papierisolation rührt von der Tränkung mit Mineralöl. Leistungstransformatoren sind mit Öl gefüllt, welches ebenfalls zur Kühlung verwendet wird. Das im Transformator enthaltene Öl zirkuliert aufgrund der im Betrieb entstehenden Wärme von selbst, oder wird durch Pumpen durch Radiatoren geleitet.
Gefahr durch Beschädigung
Insbesondere große Leistungstransformatoren in Energienetzen oder Netzkoppler unterliegen teils starken physikalischen Belastungen, etwa durch zu hohe Lastströme oder innere/äußere Kurzschlüsse. Mögliche Schäden an Transformatoren werden durch:
- Wicklungsschluss (Isolationsfehler zwischen den einzelnen Wicklungen, zum Beispiel durch Überlastung, Isolationsalterung)
- Windungsschluss (Isolationsfehler innerhalb einer Wicklung, zum Beispiel durch Überlastung, Isolationsalterung)
- zu hoher Abbrand im Stufenschalter (zum Beispiel durch verminderte Isolationsfähigkeit des Transformatoröles wegen zu hohen Wassergehaltes)
hervorgerufen.
Diese Schäden haben schwerwiegende Folgen für die Betriebssicherheit. Ebenfalls sind bei eventuellem Ausfall eines Transformators andere Netzbereiche betroffen. Leistungstransformatoren werden deshalb mit umfangreichen Sicherheitseinrichtungen laufend überwacht (zum Beispiel Buchholz-Relais, Diff-Schutz, Drucküberwachung der Anschlusseinführungen, Analyse des Ölzustandes...).
Diagnostische Verfahren für Transformatoren
Zur Erkennung möglicher Beschädigungen eines Leistungstransformators gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Zum einen kann eine Probe des Trafoöls entnommen und dann mittels chemischer und physikalischer Verfahren untersucht werden. Andererseits können die elektrischen Eigenschaften des Transformators gemessen werden. Bei Leistungstransformatoren setzt sich zusätzlich zur Ölanalyse, die wegen ihres Aufwandes (Entnahme des Öls vor Ort, Transport, chemische Analyse im Labor) nur wenige Einzelzeitpunkte erfassen kann, immer mehr das Transformatormonitoring durch. Dabei werden die automatisch ermittelbaren Größen ständig erfasst, aufgezeichnet und sofort an den Betreiber und/oder Hersteller übermittelt. Dieser kann dann die Wartung anhand der automatisch ermittelten Daten vornehmen bzw. vorausplanen.
Ölanalyse
Durch die Untersuchung des Transformatorenöls können verschiedene Rückschlüsse auf den Alterungsgrad und mögliche Gefährdung im Betrieb sowie notwendige Wartungsmaßnahmen (wie etwa die Trocknung des Öls) gewonnen werden[2]. Die Analyse des Trafoöls geschieht in der Regel in drei getrennten Verfahren. Neben einer chemischen Untersuchung der flüssigen Bestandteile des Öls (CHEM) erfolgt eine Untersuchung der im Öl gelösten Gase (DGA), außerdem werden die durch eine Zersetzung des Öls möglicherweise entstandenen Furane gezielt gesucht (FUR).
Am Öl selbst sind unter anderem die Farbe, hierbei gibt es zur Klassifizierung einen Farbindex von „0“ (farblos, neu) bis „6“ (dunkelbraun)[3], weiterhin die Durchschlagspannung[4], der Wassergehalt (ermittelt zum Beispiel durch Karl-Fischer-Titration) sowie die Wassersättigung zwischen trocken (mit < 6 ppm Wasser im Öl) bis zu extrem feucht (mit > 30 ppm Wasser im Öl)[5] und die Neutralisationszahl[6] bzw. der Säuregehalt interessant. Letzterer gibt Aufschluss über Alterungsprodukte im Trafo, zum Beispiel durch Zerfall der Zellulose aus der Lagenisolation der Wicklungen. Außerdem werden bei der chemischen Untersuchung noch die Reinheit des Öls[7], die Verseifungszahl [8], der Verlustfaktor bei 50Hz[9], die Dichte bei 20°C [10], die Brechungszahl[11], die Grenzflächenspannung[12], der Partikel-[13] und der Inhibitorgehalt [14] festgestellt.
Rückschlüsse auf zurückliegende Entladungen und Überhitzungen im Trafo können über die Analyse der im Öl gelösten Gase (Dissolved Gas Analysis DGA) gezogen werden, da die Reaktionsprodukte als Gase vorlagen. Bei dieser Untersuchung wird in der Regel der Gehalt an den Gasen Wasserstoff, Methan, Ethan, Ethylen, Acetylen, Propan, Propylen, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Sauerstoff und Stickstoff ermittelt.
Bei der Furananlayse wird üblicherweise gezielt nach 5-Hydroxymethyl-2-Furfural (5-HMF), 2-Furfurylalkohol (2-FOL), 2-Furfural (2-FAL), 2-Acetylfuran (2-ACF) und 5-Methyl-2-Furfural (5-MEF) gesucht.
Neben der „klassischen“ chemischischen Analyse des Öls lassen sich auch durch dielektrische Spektroskopie Rückschlüsse auf die Eigenschaften der Isolationsmaterialien (Öl, Papier, Pressboard) eines Transformators schließen. Interessant sind hierbei in erster Linie die Leitfähigkeit des Öls (Durchschlagfestigkeit), sowie der Feuchtigkeitsgehalt von Öl und Papier bzw. Pressboard [15].
Elektrische Verfahren
Weitere Diagnoseansätze bestehen in elektrischen Untersuchungen. Zu nennen sind hier die Messung statischer Widerstände der Lastschalterkontakte und der Wicklungen sowie die Messung der Kapazität über die Bestimmung des Verlustfaktors und der Leitfähigkeit bei bestimmten Frequenzen. Daraus können etwa in Durchführungen Teildurchschläge sowie Öleinschlüsse, Risse und Änderungen der Geometrie von Wicklung zu Wicklung oder zum Trafokessel bestimmt werden. Weiterhin kann auch noch die Übertragungsfunktion des Transformators mithilfe einer Signalanalyse (Frequency Response Analysis FRA) ermittelt werden [16], auch dies gibt Hinweise auf Änderungen der Geometrie der Trafoeinbauten.
Geräuschentwicklung
Bei Leistungstransformatoren treten zufolge der Magnetostriktion induktionsabhängige Längenänderungen im Kernmaterial in der Größenordnung von einigen µm/m auf. Diese Schwingungen mit doppelter Netzfrequenz übertragen sich teilweise durch die mechanischen Verbindungen zwischen Kern und Außenumwandung und zu einem Teil durch das Öl auf die Ummantelung bzw. den Kessel des Transformators, wo sie als Schall großflächig an die Umgebung abgestrahlt werden. Zusätzlich wirken auf die Wicklungen mechanische Kräfte, welche quadratisch mit dem Strom wachsen, und ebenfalls Schwingungen mit doppelter Netzfrequenz erregen.
Beispielsweise wird in unmittelbarer Nähe von Leistungstransformatoren mit 40 MVA, ohne die Geräuschpegel der Kühleinrichtungen, ein Geräuschpegel in der Größenordnung von 70 dB(A) erreicht [17]. Bei Umspannwerken mit Großtransformatoren in oder in der Nähe von Wohngebieten werden meist zusätzliche schalldämpfende Maßnahmen getroffen.
Typenschild
Das Typenschild eines Leistungstransformators enthält die notwendigen Informationen zum Transport, zum Betrieb und zur Wartung:
- Bemessungsleistung: maximale Dauerleistung, die nicht zur Zerstörung führt, angegeben als Scheinleistung in der Einheit VA
- Bemessungsspannung: maximale Primär- und Sekundärspannungen. Bei Dreiphasentransformatoren spricht man statt von Primär- und Sekundärspannung von Ober- und Unterspannung. Angegeben werden die Effektivwerte der Spannungen.
- Bemessungsstrom: maximaler Primär- und Sekundärstrom als Effektivwerte
- Kurzschlussspannung: Spannung an der Primärseite, wenn die Sekundärseite kurzgeschlossen ist und dort der Nennstrom fließt, angegeben in Prozent der Nennspannung
- Baujahr
- Bemessungsfrequenz: im öffentlichen Stromnetz in Deutschland 50 Hz
- Schutzart: gibt die Eignung für verschiedene Umgebungsbedingungen und den Schutz von Menschen gegen potentielle Gefährdung bei der Benutzung an
- Schaltgruppe: gibt die Kopplung bezüglich des Zeigerbildes mit der Phasendrehung von Oberspannung und Unterspannung bei Drehstromtransformatoren an
- Kühlung
- Gesamtgewicht
- Ölgewicht
- Schallleistung bzw. Schalldruck: Schallemissionen im Betrieb
- Isolationspegel
- maximale Kurzschlussdauer
- Isolationsflüssigkeit
- PCB-Gehalt der Isolierflüssigkeit
- abzulassende Ölmenge.
Parallelschaltung von Leistungstransformatoren
Manchmal werden anstatt einen großen Leistungstransformators einzusetzen zwei oder mehr kleinere parallelgeschaltet, z.B. wenn ein einzelner großer Transformator zu schwierig zum Aufstellort zu transportieren wäre oder man dadurch Standardgrößen statt einer Sondergröße einsetzen kann. Oft sind auch Überlegungen zur Ausfallsicherheit ausschlaggebend. Fällt bei zwei Transformatoren einer aus, kann die angeschlossene Leitung zumindest bei verminderter Leistung weiterbetrieben werden. Wird ohnehin zu bestimmten Zeiten nur eine geringe Leistung benötigt, kann einer der beiden Trafos komplett abgeschaltet werden, wodurch dessen Verluste durch den Eigenverbrauch (Ölumwälzung, Kühlventilatoren) entfallen. Außerdem kann es bei einer späteren Erweiterung der Übertragungsleistung zur Sicherung der zuvor getätigten Investitionen sinnvoll sein, den bisher eingesetzten Transformator nicht zu ersetzen, sondern nur um einen weiteren zu ergänzen.
Leistungstransformatoren können nur parallelgeschaltet werden, wenn die Spannungen an Ober- und Unterspannungsseite und die Schaltgruppen jeweils übereinstimmen. Andernfalls würden zwischen den Transformatoren hohe Ausgleichsströme fließen, die sie beschädigen. Die Nennleistungen der Transformatoren sollten nicht um mehr als das Dreifache voneinander abweichen. Sind diese Bedingungen erfüllt, muss außerdem noch die Kurzschlussspannung annähernd übereinstimmen. Die Kurzschlussspannung gibt an, bei welcher primärseitigen Spannung an der kurzgeschlossenen Sekundärseite der Nennstrom fließt. Sie ist ein Maß dafür, wie stark sich die Sekundärspannung unter Belastung ändert. Schaltet man zwei Transformatoren mit unterschiedlicher Kurzschlussspannung zusammen, wird der mit der geringeren Kurzschlussspannung in bestimmten Betriebszuständen überlastet.
Beispielrechnung zur Kurzschlussspannung
Es sollen 900 kVA übertragen werden. Vorhanden sind ein 400 kVA-Transformator mit einer relativen Kurzschlussspannung von 8% und ein 600 kVA-Transformator mit einer relativen Kurzschlussspannung von 6%. Wie teilt sich die Leistung auf die beiden Transformatoren tatsächlich auf?
Der zweite Transformator wird bei einer Gesamtleistung von 900 kVA schon bis zu seiner Nennleistung ausgelastet. Wird die geforderte Gesamtleistung weiter erhöht, z.B. auf die rechnerische Summe von 1 MVA, so wird Transformator 2 mit 667 kVA belastet, also klar überlastet, während Transformator 1 nur mit 333 kVA belastet wird.
Literatur
- Andreas Küchler: Hochspannungstechnik. 2. Auflage. Springer, 2005, ISBN 3-540-21411-9.
Einzelnachweise
- ↑ Küchler, Andreas: Hochspannungstechnik, 2. Auflage, Springer 2005
- ↑ IEC60422 Mineral insulating oils in electrical equipment – Supervision and maintenance guidance
- ↑ DIN ISO 2049: Mineralölerzeugnisse - Bestimmung der Farbe (ASTM-Skala)
- ↑ DIN EN 60156: Isolierflüssigkeiten - Bestimmung der Durchschlagspannung bei Netzfrequenz - Prüfverfahren
- ↑ DIN 51777 Prüfung von Mineralöl-Kohlenwasserstoffen und Lösemitteln; Bestimmung des Wassergehaltes nach Karl Fischer
- ↑ DIN EN 62021-1 Isolierflüssigkeiten - Bestimmung des Säuregehaltes - Teil 1: Automatische potentiometrische Titration
- ↑ VDE 0370: Isolieröle
- ↑ DIN 515591: Prüfung von Mineralölen - Bestimmung der Verseifungszahl
- ↑ DIN EN 60247: Isolierflüssigkeiten - Messung der Permittivitätszahl, des dielektrischen Verlustfaktors (tan δ) und des spezifischen Gleichstrom-Widerstandes
- ↑ DIN 51757: Prüfung von Mineralölen und verwandten Stoffen - Bestimmung der Dichte
- ↑ DIN 51423: Prüfung von Mineralölen - Messung der relativen Brechzahl
- ↑ NF ISO 6295: Erdölprodukte - Mineralöle - Bestimmung der Grenzflächenspannung von Öl gegen Wasser - Ringmethode
- ↑ DIN EN 60970: Isolierflüssigkeiten Verfahren zur Bestimmung der Anzahl und Größen von Teilchen
- ↑ DIN EN 60666: Nachweis und Bestimmung spezifizierter Additive in Isolierflüssigkeiten auf Mineralölbasis
- ↑ Koch, Maik: Reliable Moisture Determination in Power Transformers, Schriftenreihe des Instituts für Energieübertragung und Hochspannungstechnik der Universität Stuttgart, Band 1 - 2008, Sierke Verlag
- ↑ Feser K.: The transfer function method for detection of winding displacements on power transformers after transport, short circuit or 30 years of service, CIGRÉ Session 2000. Paper: 12/33–04
- ↑ Rolf Fischer: Elektrische Maschinen. 14. Auflage. Hanser, 2009, ISBN 978-3-446-41754-0, S. 124 bis 125.
Wikimedia Foundation.