- Schaltwerk (Fahrrad)
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Als Schaltwerk (frz.: dérailleur, engl.: derailleur) bezeichnet man bei einer Kettenschaltung am Fahrrad die hintere Schaltungsvorrichtung. Das Schaltwerk wird üblicherweise an einem Schaltauge befestigt, das sich am hinteren rechten Ausfallende des Rahmens etwas unterhalb der Achsaufnahme befindet. Billige Varianten werden mit einem speziellen Blech mit der Achse geklemmt.
Inhaltsverzeichnis
Technisches Prinzip
Schaltwerke dienen dazu, die laufende Fahrradkette zwischen mehreren unterschiedlich großen Zahnkränzen (Ritzel) am Hinterrad hin und her zu führen und auf diese Weise wechselnde Antriebsübersetzungen zu realisieren. Die Betätigung erfolgt in der Regel über einen Bowdenzug und einen Schalthebel in Griffweite des Fahrers. Die ersten Schaltwerke kamen nach 1945 auf und schalteten axial (parallel zur Hinterradachse). Schaltete der Radfahrer auf das größte Ritzel, war der Abstand zwischen Schaltwerk und Ritzel klein. Wurde dagegen auf das kleinste Ritzel geschaltet, musste die Kette einen entsprechend größeren Abstand zwischen Schaltwerk und Ritzel überbrücken. Weil bei einem großen Abstand die Kette schlechter überspringt, waren bei dieser Bauweise nur drei Gänge möglich. Erst durch die Entwicklung eines Schrägparallelogramm-Käfigs bewegt sich das obere Schaltungsrädchen in etwa in der Schräge der Ritzelkassette und stellt so sicher, dass immer etwa der gleiche Abstand zwischen Schaltungsrädchen und Ritzel eingehalten wird. Dadurch konnte die Anzahl der Ritzel zunächst auf sechs, in den 1990er und 2000er Jahren schrittweise bis auf elf erweitert werden. Zwischenzeitlich gab es auch Schaltungen mit zwölf Ritzeln.
Am Schaltwerk angebaut ist der Kettenspanner, der die sich durch den Schaltvorgang verändernde Kettenlänge ausgleicht. Je größer der Unterschied zwischen dem kleinsten und dem größten Ritzel (und zwischen dem kleinsten und dem größten Kettenblatt vorne), desto länger muss der Kettenspanner sein. Rennradschaltungen mit kurzem oder mittlerem Käfig können bis zu 26 Zähne Unterschied bewältigen, während Mountainbike- oder Tourenradschaltungen mit langem Käfig bis zu 34 Zähne schalten können.
Durch das Ziehen am Schalthebel wird der Zug gespannt und der Käfig des Schaltwerks bewegt sich. Drückt der Radfahrer den Schalthebel, wird der Zug entspannt und der Käfig des Schaltwerks bewegt sich durch Federwirkung in die entgegengesetzte Richtung. Traditionell bewegt sich der Käfig beim Spannen des Bowdenzugs nach innen in Richtung Nabe.
Die Kette läuft über Leitröllchen und springt entsprechend auf ein größeres oder kleineres Ritzel über. Durch speziell geformte Ritzel (Shimano-Bezeichnungen dafür sind Hyperglide, Uniglide und Interactive Glide) verlaufen die Schaltvorgänge weniger ruckartig und können auch unter einer gewissen Last durchgeführt werden.
In der Vergangenheit musste der Radfahrer beim Schalten selbst darauf achten, den Schaltwerkskäfig möglichst exakt über dem gewünschten Ritzel zu platzieren. Moderne Kettenschaltungen verfügen dagegen über Raststufen im Schalthebel, im Fachjargon spricht man von einer indexierten Schaltung. Das bedeutet, dass man in Stufen von Gang zu Gang schaltet. Einige Schalthebel verfügen über abschaltbare Raststufen. Das kann nützlich sein, wenn sich im Laufe der Zeit der Bowdenzug gelängt hat und die Stufen nicht mehr mit den Ritzelpositionen übereinstimmen und ein Einstellwerkzeug nicht zur Hand ist.
Inverses Schaltwerk
Von Shimano gibt es sogenannte inverse Schaltsysteme. Diese Technik wurde erstmals 1998 bei den Schaltwerken der XTR (RD-M951)- und Nexave (RD-T400)-Baureihe eingeführt, später dann auch bei der Deore XT (RD-M760) und Deore LX (RD-M570).
Die Schaltwerksfeder arbeitet hier genau andersherum: Beim Spannen des Zuges wird der Käfig nicht wie beim normalen Schaltwerk nach innen gezogen, sondern nach außen (Zug spannen = höherer Gang). Der Hauptvorteil dieses Mechanismus besteht darin, dass ein sanfteres Schalten in einen leichteren Gang ermöglicht wird, da sich die Kette nur noch an den HyperGlide-Schaltgassen vom Ritzel trennen kann. Bei herkömmlichen Schaltwerken ist das abhängig vom Daumendruck bzw. der Position der Schaltgasse. Die Inverstechnik ist mittlerweile ausgereift, es gibt auch keine Probleme mit ausleiernder Federspannung.
Ein kleiner Vorteil insbesondere für Fahrradneulinge ist auch, dass bei der Inverstechnik die Schaltrichtung (in Verbindung mit Rapidfire-Hebeln) der linken und rechten Hand gleich ist: Daumenhebel für schwerere Gänge, Zeigefingerhebel (Auslösehebel) für leichtere Gänge.
Die Bezeichnung von Shimano lautet top normal für die reguläre und low normal für die invertierte Schaltung.
Literatur
- Richard Hallet: Fahrrad-Wartung-Pflege-Reparatur. BVA Bielefelder Verlag, Bielefeld 2003, ISBN 3-87073-308-X.
- Frank Lewerenz, Martin Kaindl, Tom Linthaler: Das Rennrad Technikbuch. Pietsch, Stuttgart 2005, ISBN 3-613-50486-3.
- Rob van der Plas: Die Fahrradwerkstatt – Reparatur und Wartung Schritt für Schritt. BVA Bielefelder Verlaganstalt, Bielefeld 1995, ISBN 3-87073-147-8.
- Jörg Urban, Jürgen Brück: Fahrradreparaturen Wartung und Pannenhilfe. Gondrom, Bindlach 2007, ISBN 978-3-8112-2938-9.
Weblinks
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