- Schamhaar
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Mit Schamhaar (Pubes[1]) wird das Haar an und auf den männlichen und weiblichen Geschlechtsorganen und der angrenzenden Region bezeichnet, die sich mit Beginn der Pubertät als Teil der Körperbehaarung und somit als sekundäres Geschlechtsmerkmal herausbildet.
Inhaltsverzeichnis
Ausprägung
Schamhaare beginnen in der Pubertät zu wachsen, bei Mädchen etwa ab dem zehnten und bei Jungen etwa ab dem zwölften Lebensjahr. Bei Mädchen bedecken die Schamhaare die äußeren Schamlippen und den Venushügel. Beim Jungen wachsen die Schamhaare auf dem Hodensack und um die Peniswurzel herum. Bei Frauen erinnert die Form der Behaarung oberhalb des Geschlechts an ein auf der Spitze stehendes Dreieck. Bei Männern wachsen die Schamhaare in Form eines Trapezes oder in gerader Linie bis zum Bauchnabel hinauf.
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Behaarter Hodensack
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Behaarter Venushügel
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Vulva mit Schambehaarung
Je nach genetischer Veranlagung kann sich die Behaarung bis auf den Afterbereich ausdehnen. Die Haare im Analbereich werden auch als perianale Behaarung bezeichnet. Behaart ist in der Regel nur der äußere Bereich des Analkanals, die so genannte Zona cutanea. Die Schleimhaut im unmittelbaren Umfeld des Afters selbst ist unbehaart. Der Ausdruck perianale Behaarung (von griech. περί peri- „ringsum, umgebend“) ist daher sachlich exakter.
Analhaar tritt sowohl bei Männern als auch bei Frauen auf und ist individuell und geschlechtsspezifisch unterschiedlich dicht und stark ausgeprägt. Die Entwicklung vom kaum sichtbaren, flaumartigen Vellushaar zum kräftigeren, pigmentierten Terminalhaar erfolgt erst im postpubertären Stadium.
Eine stark ausgeprägte perianale Behaarung führt häufig zu hygienischen Problemen und zwingt Betroffene zu besonderer Reinigung nach dem Stuhlgang.[2]
Struktur
Die Schamhaare sind meist kräftiger und dunkler als die Kopfhaare, bei Rothaarigen, sehr Hellblonden und Schwarzhaarigen gleichfarbig. Bei Europäern sind sie häufig gelockt oder gekräuselt, bei Afrikanern eng gekräuselt und bei Asiaten und den amerikanischen Ureinwohnern eher glatt und stärker anliegend. Auch die Haardichte und das Maß der Ausbreitung sowie die Länge der Schamhaare sind genetisch bedingt und daher individuell verschieden.
Funktion
Evolutionsbiologisch stehen die Schamhaare wahrscheinlich, wie die Achselhaare auch, im Dienst der Verdunstung von Duftdrüsen-Sekreten für den geschlechtsspezifischen Körpergeruch im Scham- und Leistenbereich, der sicher in der Frühzeit der menschlichen Abstammung, wie bei den nichtmenschlichen Primaten und den anderen Säugetieren heute noch, eine größere Bedeutung hatte. Die Verdunstung dieser als Pheromone bezeichneten Sekrete soll bei Primaten Paarungsbereitschaft signalisieren. Inwieweit bei der menschlichen Partnerwahl heute noch solche Pheromone eine Rolle spielen, und ob den Schamhaaren dabei eine besondere Bedeutung zukommt, ist nicht bekannt.
Schamhaare bieten in begrenztem Umfang auch Schutz vor Fremdkörpern und Krankheitserregern sowie vor übermäßiger Kälte und Hitze.
Sie fungieren in jedem Fall, so wie der Achselhaarwuchs und der Bartwuchs des Mannes, als sekundäres Geschlechtsmerkmal, indem sie indirekt die Zeugungsfähigkeit anzeigen.
Kulturelle Bedeutung
In verschiedenen älteren Kulturen in der Südsee, Afrika (Pygmäen) und Melanesien stehen die Schamhaare als Symbol für Fruchtbarkeit und Heiratsfähigkeit.[3] Auch in Japan gilt eine starke Schambehaarung bei Frauen als Symbol der Weiblichkeit. Dort tragen manche Frauen mit wenig Schambehaarung aus Kopfhaar hergestellte Perücken, die in Japan unter dem Namen „Blume der Nacht“ bekannt sind.
In der islamischen Welt gelten Schamhaare als unhygienisch und werden entfernt.
Eine repräsentative Umfrage zur Schamhaarentfernung mit 2512 Deutschen zwischen 14 und 94 ergab Folgendes: Vor allem Jüngere bekennen sich zur Körperenthaarung: 66,7 Prozent der 14- bis 17-jährigen Frauen, um die 80 Prozent der 18- bis 30-jährigen. Bei den Männern zwischen 18 und 30 Jahren mag es demnach nur ein Drittel enthaart, bei den 14- bis 17-jährigen sind es knapp 20 Prozent. Bei den 31- bis 60-jährigen Frauen stutzen indes 67,3 Prozent regelmäßig Körperhaare, bei den Männern 20,2 (ohne Barthaare). Als Hauptgründe geben die Befragten das eigene Schönheitsideal und Hygiene an.[4].
Sonstiges
- Als früheste bildnerische Darstellung von Schamhaar in der europäischen Neuzeit gilt Hans Baldungs Der Tod und das Mädchen.[5]
- Das 1866 veröffentlichte Gemälde Der Ursprung der Welt (L’Origine du monde) von Gustave Courbet stellte Schambehaarung in explizit demonstrativer Weise dar. Das Bild löste seinerzeit einen Skandal aus und ruft auch heute noch heftige Reaktionen im Publikum hervor.
- Dem Kunsthistoriker und Philosophen John Ruskin wird zugeschrieben, dass er sich von seiner frisch verheirateten Frau nach der ersten Hochzeitsnacht scheiden ließ, nachdem er von der Entdeckung zutiefst schockiert wurde, dass sie im Intimbereich behaart war. Zu Ruskins Lebzeiten im 19. Jahrhundert war es nicht üblich, vor der Hochzeitsnacht sexuell zu verkehren oder Frauen nackt zu sehen.[6]
- Die von dem Wiener Medien-Künstler Gerald Zahn geschaffene Videoinstallation Hairy Monsters widmet sich ausschließlich dem Thema der Schambehaarung, insbesondere deren ausgiebige Präsenz in der Pornografie der 1960er- bis 1970er-Jahre.[7]
- Die Schauspielerin Sienna Miller musste für ihren Film Hippie Hippie Shake, welcher in der Hippie-Zeit spielt, für einige Nacktszenen nachträglich am Computer mit Schamhaaren versehen werden. Da zu jener Zeit die heute unter Jugendlichen häufige Entfernung der Schamhaare noch nicht verbreitet war, hätten die Szenen sonst unauthentisch gewirkt.[8]
- Kate Winslet trug in dem Film Der Vorleser ein Schamhaar-Toupet.[9]
Siehe auch
Weblinks
Commons: Schamhaar – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienEinzelnachweise
- ↑ Von lat. pubes, is: „Unterleib, Schoß“, meton. „Scham“. Nicht zu verwechseln mit pubes, -eris „mannbar, erwachsen“, von dem lat. pubertas abstammt, das wiederum metonymisch auch „Bartflaum“ – also männliche Gesichtsbehaarung – bedeutet. (vgl. Der kleine Stowasser, München 1971). Wird Pubes als Schamhaar übersetzt oder gebraucht, so handelt es sich um einen pars pro toto: Pubes ist der gesamte Bereich der Schamregion.
- ↑ Henning Rohde: Lehratlas der Proktologie. Thieme, Stuttgart 2006, ISBN 3131408812, S. 222 ff.
- ↑ Bronisław Malinowski: Das Geschlechtsleben der Wilden in Nordwest-Melanesien.
- ↑ Artikel in www.stern.de
- ↑ Michael Sims: Adams Nabel und Evas Rippe: eine Erkundung des menschlichen Körpers
- ↑ Schönes neues Haar. In: Der Tagesspiegel vom 1. Januar 2007
- ↑ Hairy Monsters. Videoperformance von Gerald Zahn zum Thema der weiblichen Schambehaarung
- ↑ Siennas virtuelle Veränderung. In: vienna.at
- ↑ Winslet trug unechtes Schamhaar - Kino.de
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