Schmelz (Wien)

Schmelz (Wien)
Lage der Schmelz im Norden von Rudolfsheim-Fünfhaus
Eingang zum Gastgarten des Schutzhauses Zukunft
Plan der heutigen Kleingartenanlage
Die Alte Schieberkammer des ehemaligen Wasserbehälters Schmelz, in dem sich heute der Meiselmarkt befindet
Erinnerung an Adolf Schärf als Kleingärtner, Schutzhaus Zukunft
Die Schmelzbrücke verbindet den südlichen mit dem nördlichen Teil des 15. Bezirks

Die Schmelz ist ein ehemaliger Parade- und Exerzierplatz im 15. Wiener Gemeindebezirk Rudolfsheim-Fünfhaus.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Schmelz war ursprünglich eine unverbaute, hochgelegene, große Acker- beziehungsweise Wiesenfläche westlich der Stadt. Sie war auf Grund des Lössbodens besonders fruchtbar. Die erste urkundliche Erwähnung des Gebietes fand um das Jahr 1309 als „Smeltz im Preitensewer aigen“ statt. Bis zur Zweiten Wiener Türkenbelagerung 1683 fand sich auf der Schmelz ein Schmelzhaus.

Im Jahre 1847 wurde der der Gemeinde Rustendorf gehörende Teil des Areals von der Stadt angekauft und als Parade- und Exerzierplatz bis zum Ende des Kaiserreiches 1918 verwendet. Auf dem ehemaligen Friedhof der Schmelz waren die Märzgefallenen, die Opfer der Revolution vom März 1848, bestattet. Mit der Eröffnung des Wiener Zentralfriedhofes in Simmering wurde der Schmelzer Friedhof geschlossen. Die Leichen wurden exhumiert und übersiedelten dorthin. Heute erinnert der „Märzpark“ an den ehemaligen Friedhof auf diesem Platz. In den Jahren 1894 bis 1896 wurde am nördlichen Rand die heute noch bestehende Graf-Radetzky-Kaserne errichtet. Abends suchten Anrainer das Gelände zur Erholung auf: Sank sanfter Frühlings-, wohltätiger Sommer-, schöner Herbstabend, konnte man auf der Schmelz oft die wehmütigen Klänge der Mundharmoniken vernehmen, die dunkle, nicht deutlich auszunehmende Gestalten bliesen. Glühende Zigaretten punktierten die Gruppen, bis die Nacht kam. War's Neumond ohne Stern, floh alles rechtzeitig, denn dann regierten auf der unbeleuchteten Schmelz die „Platten“. Die fürchterlichen Verbrecherbanden aus den umliegenden Bezirken. Sie haben die Schmelz zu einem wahren Sodom und Gomorrha gemacht. Nie hat sich ein Wachmann allein zur Nachtzeit auf die Schmelz wagen können, nur in Patrouillen gingen sie.[1]

Einem Bericht der „Wiener Allgemeinen Automobil-Zeitung“ aus dem Jahr 1904 folgend, führte hier Siegfried Marcus mit seinem ersten Wagen eine kurze Versuchsfahrt durch. Bekannt wurde vor allem die alljährlich auf der Schmelz stattfindende Frühjahrsparade für Kaiser Franz Joseph. Auf der Vorbehaltsfläche neben dem alten Wasserbehälter (heutiger Meiselmarkt) trug der österreichische Fußballrekordmeister Rapid Wien seine ersten Spiele aus. Im Jahre 1911 wurden die südlichen und östlichen Teile der Schmelz zur Verbauung freigegeben. In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Gebiet fast zur Gänze durch Schrebergärten, Sportanlagen und auch Wohnhäusern bedeckt (Neu-Fünfhaus und Nibelungenviertel). Am westlichen Rand des vormaligen Exerzierplatzes wurde ab 1919 die Siedlungs- und Wohnhausanlage Schmelz errichtet, einer der ersten Gemeindebauten Wiens.

Mit der Freigabe zur Verbauung wurden auch die Begehrlichkeiten der Architekten auf das zur Verfügung stehende Areal geweckt. Interessant war das Areal für die Architekten, da es hier keine „alteingesessenen“ Bauten gab, die man berücksichtigen musste. Zahlreiche Projekte, die hier errichtet werden sollten, wurden geplant und der Öffentlichkeit präsentiert.

Das Projekt Museumsavenue Hofmuseen - Schmelz von Friedrich Ohmann aus dem Jahr 1916 sollte das geplante Stadtmuseum mit den Hofmuseen an der Wiener Ringstraße verbinden

Clemens Holzmeister plante im Jahr 1932 eine „Christkönigkirche und Doktor Ignaz Seipel-Gedächtniskirche“ und auch Rudolf Perco beschäftige sich 1933 mit einer „Doktor Ignaz Seipel-Gedächtniskirche“ auf der Schmelz. Anstelle der pompösen Pläne wurde allerdings ein wesentlich kleineres Projekt verwirklicht. Vor 1945 war der westliche Teil der Schmelz im Bereich der heutigen Schul- und Universitätsbauten noch Exerziergelände. Im östlichsten Bereich wurde auf der Schmelz 1953-1958 die Wiener Stadthalle erbaut.

Heute befinden sich auf dem noch Schmelz genannten Areal im östlichen Teil noch Schrebergärten auf Pachtgrund, die nach 1945 geschaffenen Kleingärten im westlichen Teil, die bloß "Grabeland" auf Basis eines Prekariumsvertrags waren, mussten dagegen in den 1960er-Jahren weichen. Dort entstanden ein Realgymnasium, eine öffentliche Sportanlage, das Sportzentrum der Universität Wien (USZ) und im nordwestlichen Bereich daran anschließend eine Wohnhausanlage. 1991 wurde unter dem Sportplatz ein Wasserbehälter als Ersatz für den alten Behälter Schmelz errichtet, letzterer beherbergt heute den Meiselmarkt. Die Alte Schieberkammer dient seither als Ausstellungs- und Veranstaltungsraum. Auch das Schutzhaus "Zukunft" des Kleingartenvereins ist in den letzten Jahren zunehmend als Ort von Kulturveranstaltungen genutzt worden. Im Garten des Schutzhauses steht ein Gedenkstein für Franz Siller, den Kleingartenpionier, an einer Wand des Gebäudes befindet sich ein Erinnerungstafel, die darauf hinweist, dass der spätere Bundespräsident Adolf Schärf hier von 1921 bis 1959 einen Kleingarten bewirtschaftete.

Einzelnachweise

  1. Weyr Siegfried: Von Lampelbrunn bis Hohenwarth. Durch Wiener Vorstädte und Vororte, oJ., zitiert nach Maderthaner/Musner: Die Anarchie der Vorstadt, Das andere Wien um 1900, S. 149f., Campus Verlag, Frankfurt 1999

Die Schmelz um 1900: Exerzierplatz und informelles Erholungsgebiet

Weblinks

 Commons: Schmelz, Vienna – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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